Politik
"Würde nie Geld zahlen" – Expertin kritisiert Impfboni
Die burgendländische Impflotterie ist noch immer in aller Munde. Anreize für den Nadelstich bergen jedoch auch Gefahren, meint eine Wiener Forscherin.
Seit Monaten hinkt Österreich anderen Ländern bei der Impfquote hinterher. Die Frage nach Möglichkeiten zur Steigerung der Jaukerl-Rate beschäftigt darum Politik und Wissenschaft. Heißes Thema ist dabei auch eine Impflotterie nach burgendländischem Modell. Im Bundesland von SPÖ-Landesfürst Hans-Peter Doskozil läuft seit Anfang September ein Jaukerl-Lotto, um eine Durchimpfungsrate von 80 Prozent zu erreichen. Unter anderem winkt ein "VW Golf" als Preis.
Donnerstagvormittag meldete sich nun Politologin Barbara Prainsack von der Universität Wien mit Kritik an möglichen Impf-Boni im Ö1-Morgenjournal zu Wort. Zwar könnten "Lotterien oder Anreize, die einem etwas in Aussicht stellen, aber nicht unmittelbar Geld auf die Hand sind", eine Überlegung wert sein, betont die Politikwissenschaftlerin. "Geld zahlen würde ich aber nie."
Expertin blickt mit Skepsis auf Impfanreize
Dafür gibt es laut ihr speziell einen Grund: "Einerseits spielt man Leuten in die Hände, die behaupten mit der Impfung sei etwas falsch." Die Finanzspritze im Gegenzug für ein Corona-Jaukerl bestärkt für Prainsack Impf-Skeptiker in ihrem Glauben. "Dann ist es ja leicht zu sagen, jetzt muss man die Leute sogar schon bezahlen, dass sie sich impfen lassen. Dann wird schon irgendwas faul sein", argumentiert die Forscherin. "Aber man erhöht dann auch die Folgekosten. Denn Menschen, die sich diesmal ohne Anreiz haben impfen lassen, würden dann sagen: 'Jetzt warte ich bis wir wieder dafür bezahlt werden'." Menschen könnten zudem ihre innere Motivation zur Corona-Impfung verlieren, so Prainsack.
Prainsack stellte darüber hinaus klar: "In einer idealen Welt bräuchte man den Druck nicht. Da würde die innere Motivation reichen." Sollen Ungeimpften also aufgrund mangelder Immunisierung Nachteile entstehen? "Dass es schwieriger wird, ist unvermeidlich in dieser Situation", antwortet sie auf die Frage zu möglichen Sanktionen für Impf-Weigerer.
Hausärztin spricht sich klar gegen Corona-Impflotto aus
Die Wiener Hausärztin Naghme Kamaleyan-Schmied äußerte am Donnerstag bei Ö1 ähnliche Bedenken wie Poltilogin Prainsack. Kamaleyan-Schmied schildert die Gespräche in ihrer Ordination mit Patienten als beispielhaft dafür. "Wenn ich mich Hepatitis impfen wollte, musste ich alles zahlen. Und jetzt locken sie mich mit Bier und Festen und Konzerten", so der Tenor ihrer Patienten. Das Linzer Meinungsforschungsintitut "Imas" geht zudem in einer aktuellen Studie davon aus, dass niederschwelliges Impfen mehr zur Steigerung der Rate beiträgt als Gewinnspiele. Verhaltensökonom Florian Spitzer blickt dagegen mit Zuversicht auf derartige Konzepte. "Man kann davon ausgehen, dass man durch Lotterien die Impfbereitschaft steigern kann."
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) betrachtet die Dosko-Lotterie jedenfalls mit Interesse. Dort meldeten sich bereits mehr als 13.700 Burgenländer an.