Welt
Ballon offenbar Teil eines weltweiten Spionageprogramms
Der abgeschossene Ballon soll kein Einzelfall gewesen sein: Seit Jahren soll China so in der ganzen Welt militärische Einrichtungen ausspionieren.
Der chinesische Ballon, der vergangene Woche in den USA für Aufregung sorgte und schließlich von der Luftwaffe über dem Atlantik abgeschossen wurde, ist offenbar Teil eines weltumspannenden Netzwerks, das sich über alle fünf Kontinente erstreckt. Wie die "Washington Post" berichtet, sollen solche Ballons bereits seit Jahren Informationen über Nationen sammeln, die für Peking von zunehmendem strategischem Interesse sind. Darunter sind neben den USA etwa Länder wie Japan, Indien, Vietnam, Taiwan und die Philippinen. Aktuell soll auch über Südamerika ein solcher Ballon fliegen.
"Dutzende" von Missionen
Bereits 2020 soll über Japan ein derartiger Ballon gesichtet worden sein, der damals Spekulationen über ein UFO auslöste. "Rückblickend realisieren die Leute, dass es sich um einen chinesischen Ballon handelte", so ein japanischer Behördenvertreter. "Aber damals hatte das noch niemand gesehen." Auch über Hawaii, Guam, Florida und Texas sowie im Luftraum über südamerikanischen Nationen wurden in den vergangenen Jahren ähnliche Sichtungen gemeldet. Seit 2018 hätten "Dutzende" von Missionen stattgefunden. Aber erst jetzt wird klar, welche Technologien und Absichten hinter der Ballon-Offensive stecken.
Noch immer behauptet Peking, es habe sich beim nun abgeschossenen Fluggerät um einen meteorologischen Forschungsballon gehandelt. Doch die USA winken ab und sind seit der Bergung daran, die Überreste genau zu untersuchen. Die Regierung hat nun Vertreter aus etwa 40 befreundeten Ländern über die bisher bekannten Details und Zwecke der Spionageballons informiert. "Es herrscht diesbezüglich ein großes Interesse unter unseren Partnern und Verbündeten", wird ein Behördenvertreter zitiert.
Alte und neue Technik vereint
"Die Chinesen haben eine unglaublich alte Technologie mit modernen Kommunikations- und Beobachtungsmöglichkeiten vereint, um Informationen über die Streitkräfte anderer Länder zu sammeln", sagt ein Offizieller des US-Militärs, der anonym bleiben möchte. Die Ballons verfügen etwa über elektrooptische Sensoren und hochauflösende Kameras. Zudem sollen sie mit Funkvorrichtungen ausgerüstet sein und auch mit Satelliten verbunden sein.
Die zu Unrecht als altmodisch abgetanen Fluggeräte bieten bei aller Verletzlichkeit und Langsamkeit unschätzbare Vorteile: Sie können etwa stundenlang über bestimmten Gebieten verweilen, während Satelliten dafür nur wenige Minuten zur Verfügung haben. Da sie Windströmungen in großen Höhen nutzen, ist ihre Flugbahn schwieriger vorauszusagen. Zudem sind sie im Gegensatz zu Spionagesatelliten günstig herzustellen und operieren in Höhen von 18.000 bis 24.000 Meter – weit oberhalb der Flugrouten von Passagierjets.
Laut den US-Quellen verfügen die Ballons durchaus auch über Steuerungsmöglichkeiten – was die chinesischen Behauptungen, der Ballon sei zufällig in den US-Luftraum geraten, noch unglaubwürdiger macht.