Wien
Bäume müssen Umschlageplatz für Betonfirma weichen
Betriebsanlage statt Wald: Geplante Rodungsarbeiten beim Alberner Hafen rufen Grüne und Greenpeace auf den Plan. Es geht um 5.000 Quadratmeter Grün.
Eine Kamera ist auf ein Waldstück gerichtet. Die Bilder werden live im Internet übertragen. Zu sehen sind Baumwipfel, die im Wind wehen – noch. In den nächsten Tagen sollen hier die ersten Bäume fallen, befürchten Umweltschützer. Betroffen sind zwei Grundstücke direkt beim Alberner Hafen mit einer Gesamtfläche von 5.000 Quadratmeter. Eines liegt im Wirschaftsgebiet des Hafen Wiens, "das zweite liegt laut Flächenwidmungsplan direkt in einem Schutzgebiet", schlägt Klara Schenk, Verkehrsexpertin bei Greenpeace Alarm. Dahinter liegt das Naturschutzgebiet "Blaues Wasser".
Unternehmen erweitert Betriebsareal
"Es wird gerodet, weil ein Kunde sein bestehendes Betriebsareal erweitern möchte, um dort wasserseitigen Umschlag zu betreiben, also Waren auf dem Wasserweg zu transportieren", bestätigt ein Sprecher des Hafens Wien den Kahlschlag. Es wird versichert: "Der Wasserweg ist im Vergleich mit der Straße und Schiene der umweltfreundlichste Transportweg. Bei der Rodung wird streng darauf geachtet, dass keine angrenzenden Naturflächen tangiert werden". Zudem seien alle notwenigen Genehmigungen durch die Behörden erteilt. Ersatzpflanzungen seien geplant – allerdings in Liesing. Dass der Wald in der Größe eines Fußballfeldes den Bezirk wechselt, darin sieht der Sprecher kein Problem: "Die neuen Bäume erzeugen auch Sauerstoff und binden CO2 – egal ob in Simmering oder Liesing, davon hat jeder etwas in Wien". Zudem würde durch die Verlagerung des Transportes auf das Wasser sogar CO2 eingespart werden.
Rodung als Lobautunnel-Vorbote?
Ein Argument, was die Grünen und Greenpeace nicht gelten lassen. In Zeiten von fortschreitenden Versiegelungen kritisieren Umweltschützer die schiefe Optik. "In Zeiten des Klimakollaps 5.000 Quadratmeter Wald unmittelbar neben der sensiblen Schutzzone 'Blaues Wasser' zu roden, passt einfach nicht in diese Zeit. Die Begründung des Betonwerk für die Erweiterung ist nicht schlüssig. In unmittelbarer Nähe würde die Großbaustelle des geplanten Lobautunnels (Tunnelportal) liegen", schrillen bei der grünen Gemeinderätin Heidi Sequenz alle Alarmglocken. Auch bei Greenpeace wird befürchtet, dass die Rodungen die ersten Vorboten für den Lobautunnel sind. "Das dort ansässige Unternehmen ist auf Transport von Beton spezialisiert und hat einige Tunnel-Projekte als Referenzen angeführt", erklärt Schenk.
Elf grüne Fragen an rotes Umweltressort
In einer Anfragen an das Büro von Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky fordern die Grünen nun Antworten auf elf Fragen. Sequenz und ihre Kollegen wollen u.a. wissen, ob die Rodungen in einem "Zusammenhang mit der benachbarten projektierten Trasse der Lobauautobahn" stehen. Auf "Heute"-Anfrage dementiert das Büro einen Zusammenhang mit dem Projekt, Ersatzpflanzungen wurden dem Hafen in Inzersdorf angeboten. Grund für das Ausweichquartier in Liesing sei, dass in Simmering "selbst keine ausreichend große zusammenhängende unbebaute und als Grünraum gewidmete Fläche gefunden werden" konnte. "Über 5.000 heimische Baum- und Straucharten wurden 2019 vom Forst- und Landwirtschaftsbetrieb, als Erweiterung des bestehenden Erholungsgebietes Draschegründe/Traviatagasse, gepflanzt."