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"Back 4 Blood" im Test: Tolle "Left 4 Dead"-Ablöse
Jahrelang warteten Multiplayer auf einen Zombie-Hit, der den Kassenschlager "Left 4 Dead" ablösen kann. Nun ist es soweit, denn "Back 4 Blood" ist da.
Die beiden Zombie-Survival-Games "Left 4 Dead" (2008) und "Left 4 Dead 2" (2009) zeigen bis heute, wie man Zombie-Games und vor allem Multiplayer-Koop-Games richtig macht: Simples Schießen, Prügeln und Zerschnetzeln von Monstern in Verbindung mit zahlreichen Maps, kurze und dafür spannende Stories, fordernde Bossbegegnungen und kinoreife Grafik, Sound und Effekte. Entsprechend lange musste Zombie-Fans auch auf einen würdigen Nachfolger der Titel warten.
Dieser ist nun da, dank einer Kooperation zwischen Warner Bros. Games und den "Left 4 Dead"-Machern Turtle Rock Studios. "Back 4 Blood" ist aber kein schlichter Klon, sondern schnappt sich die spannendsten Elemente der "Left 4 Dead"-Serie und verbindet sie mit moderner Technik, ausgefeilterem Gameplay und mehr Abwechslung bei den Charakteren. Bonus: Spieler können sich nun per Crossplay plattformübergreifend auf PC, PlayStation und Xbox zum Kampf zusammenschließen.
Wenig Handlung, dafür jede Menge Action
"Back 4 Blood" bietet vier rund zweistündige Kampagnen im Verlauf des Spiels, die jeweils einen knackigen Schwierigkeitsgrad (selbst in der niedrigsten der drei Stufen) bieten. Im Game werden ein Einzelspieler- (die restlichen Teamplätze werden mit KI-gesteuerten Bots statt menschlichen Mitspielern aufgefüllt, die recht gut spielen und keine groben Fehler zeigen) und ein 4-SpielerKoop-Multiplayer-Modus ebenso geboten wie 8-Spieler-Versus-Modus, in denen sich Zocker in Teams aus menschlichen Kämpfern und Zombies beharken dürfen.
Worum es geht? Schnell erklärt, denn allzu viel Handlung darf man im Spiel nicht erwarten: Die Menschheit wurde beinahe ausgelöscht, menschliche Überlebende nehmen als "Cleaners" den Kampf gegen die Horden der Zombie-haften "Ridden" auf. Was an tiefgründiger Handlung fehlt, wird durch toll inszenierte und spannende Videosequenzen samt bombastisch umgesetzten Explosionen, gigantische Schlachten und dem einen oder anderen markigen Spruch schnell wieder aufgewogen.
Acht Figuren mit verschiedenen Boni
"Back 4 Blood" bietet den Spielern die Auswahl zwischen acht verschiedenen Figuren, die sich nicht nur optisch unterschieden, sondern auch jeweils andere Bonuseffekte im Überlebenskampf bieten. Einer der Effekte betrifft die Spielfigur persönlich, etwa mit einen höheren Schadens-Output oder mit mehr wegsteckbarem Schaden, der andere das gesamte Team. So kann etwa der gesamte Squad auf einmal geheilt oder die Bewegungsgeschwindigkeit des Teams erhöht werden.
Dazu kommen nochmals persönliche Untereffekte und Ausstattungsmerkmale. Nachwuchs-Cleaner Evangelo beispielsweise darf sofort mit Molotov-Cocktails losziehen und sich aus Klammergriffen der Ridden losreißen, der Ex-Army-Ranger Walker wiederum kann seine eigene Schussgenauigkeit mit Präzisions-Kills boosten und hat eine Handgranate mit im Gepäck. Eine kluge Auswahl bei der Zusammenstellung des Teams ist also ein Muss, auch wenn die Figuren generell sehr ausbalanciert scheinen. Keiner der beteiligten verfügt über Boni, die ihn oder sie übermächtig erscheinen lassen.
Nicht viele, aber umso fiesere Feinde
Auf Gegnerseite der Ridden finden sich zwar nicht massig viele verschiedene Monster und Zombies, dafür unterscheiden sie sich untereinander umso mehr. Unterschieden wird zwischen Standard- und Spezial-Ridden. Herkömmliche Feinde sehen den bekannten Zombies am ähnlichsten und treten in verschiedenen Varianten, etwa gepanzert, als schnell laufende Feinde oder verunstaltet von Stacheln auf. Schön: Auch wenn sie in großen Horden auftreten, unterschieden sich Kleidung und Gesichtszüge voneinander. Ein toller Vorteil gegenüber Spielen mit massig gleich aussehenden Monstern.
Bei den Spezial-Ridden holt sich "Back 4 Blood" wohl jeden Horror-Preis ab und bietet auch eine Prise "Resident Evil" in Sachen Monster-Design. Riesige Tallboys mit grotesk mutiertem Arm bekämpft man besser nur aus der Ferne, Stingers bewegen sich blitzschnell auf zwei Beinen und vier Armen und können sowohl über riesige Distanzen springen, als auch auf Wänden lauern, und Snitcher mit ihren Mutantenhälsen sollten besser schnell ausgeschaltet werden, da sie die gesamte Horde alarmieren. Kurz: Mit recht wenigen Feinden bietet das Spiel gewaltig gute Abwechslung im Kampf.
Exzellentes Gunplay mit tollen Reaktionen
Zum eigentlichen Gameplay: Jeder Spieler darf sich zu Beginn der Runde eine Haupt- und eine Nebenwaffe schnappen. Auch hier zeigt sich dasselbe Muster: Keine überragende Auswahl, dafür umso mehr Abwechslung. Allerdings sind die Waffen klassischer als erhofft: Scharfschützengewehre, Maschinengewehre und Schrotflinten als Hautwaffen sowie Pistolen und Nahkampfgegenstände wie Baseballschläger als Nebenwaffen. Was an Experimentierfreude fehlt, wiegt das Gunplay auf: Das Zielen funktioniert exzellent und jede Waffe zeigt ein tolles Feedback, samt Schaden am jeweils anvisierten Körperteil.
Was kaum ein Game gut schafft, scheint "Back 4 Blood" mit Leichtigkeit zu meistern: Kugeln eliminieren Feinde nicht nur, sie wirken sich auch auf ihre Bewegungen und Reaktionen aus. So humpeln manche getroffene Kreaturen, andere werden von der Wucht des Treffers zurückgeschleudert und Körperteile sowie Blut (und besser nicht identifizierte Parts und Flüssigkeiten) fliegen und um die Ohren. In der meist relativ dunklen Umgebung geht aber vieles an grafischen Details sowieso unter, einer der kleinen Schwachpunkte des Spiels.
Etwas kalt und leer wirkende Spielwelt
Immer wieder blitzen geniale Areale wie teils brennende Tankstellen samt zerstörten Fahrzeugen, Bars mit Neon-Schildern und tollen Lichtspiegelungen auf Decke und Boden oder Häuser mit schimmelnden Wänden und zerfetzten Tapeten auf – weite Bereiche der Spielwelt wirken im krassen Kontrast dazu aber einfach tiefschwarz und leer. Es ist ein etwas eigenartiger Mix, in dem man zwischen Staunen und Enttäuschung hin- und hergerissen wird. Tageslicht-Areale gibt es übrigens kaum – dabei sind die die grafisch stärksten und schönsten, die das Game zu bieten hat.
Auch beim Umgang mit den Waffen gibt es zumindest etwas Kleines zu meckern. Einerseits lassen sich die Knarren per Waffen-Spawnpunkten in den Welten auffüllen und austauschen, andererseits wird an diesen Punkten aber meist ein ganz spezieller Waffentyp geboten, der oft nicht gut mit der übrigen zurechtgelegten Ausrüstung harmonisiert. Bisher kann man sich die Knarren außerdem zwar mit Aufsätzen versehen und so individualisieren, diese lassen sich aber nicht an neu verwendeten Waffen anbringen, was seltsam wirkt und die zuvor gesammelten Aufsätze fast nutzlos macht.
"Back 4 Blood" als tolle "Left 4 Dead"-Ablöse
Für Langzeitmotivation sorgt dagegen ein sehr faires Belohnungssystem, allerdings nur im Multiplayer-Modus. Durch absolvierte Level, die meist rund fünf bis 15 Minuten dauern, erhält der Spieler Versorgungspunkte, die in ein System investiert werden können, das laufend mit neuen Waffen-Designs und Charakter-Outfits, aber auch Karten versorgt. Diese Karten können zu Decks mit maximal 15 Stück zusammengefasst werden, wobei man zum Start jedes Levels Karten aus einem Zufallspool ziehen darf. Die Karten bestimmen so gut wie alles im Game, vom Lebensbalken über die Ausdauer bis hin zur Anzahl der Munition.
Die Zahl der Karten und der Effekte ist so groß, dass man sich schlau gewählt gute Vorteile verschaffen kann, allerdings besitzen die besonders starken auch jeweils negative Effekte wie langsamere Waffen-Wechsel oder geringerer Schaden. Es macht einfach Spaß, mit immer mehr Boni und Effekten zu experimentieren. Alles in allem ist "Back 4 Blood" trotz kleiner Mankos aber eines: Ein würdiger Nachfolger für die "Left 4 Dead"-Serie. Fans werden das Gameplay kennen und lieben, daneben wurde bei Technik, Komfortfunktionen und Anpassungsmöglichkeiten an den genau richtigen Schrauben gedreht. Doch auch Neulinge sollten zugreifen, denn "Back 4 Blood" ist eine wirklich spannende Multiplayer-Zombieschlacht.