FPÖ-Vorstoß
Austro-Rechtsradikaler wegen Foto im Taliban-Kerker
Seit mittlerweile acht Monaten wird ein Österreicher im Taliban-Kerker gefangen gehalten. Die FPÖ startet einen weiteren Vorstoß zu seiner Befreiung.
"Dass Afghanistan nach dem Sieg der Taliban über die US-Besatzer und deren Lakaien wieder sicher ist, schildert Völkerfreund Herbert Fritz ausführlich in mehreren Beiträgen", versprach ein rechtsextremes Magazin für seine 47. Ausgabe.
Um zu beweisen, dass Asylwerber also wieder sorgenlos dorthin abgeschoben werden können, reiste der Wiener am 15. Mai 2023 zum "Urlaub bei den Taliban". Bereits im Herbst 2022 besuchte er das Land, wie schon 1987 und 1989. Den arabischen Raum kennt er wie seine Westentasche, lebte ein halbes Jahr im Libanon und weilte ganze elf Mal in Kurdistan.
Wer ist Herbert Fritz?
Der pensionierte Lehrer Herbert Fritz (1. Juni 1939) kam als nebenberuflicher Reiseleiter viel in der Welt herum. So wollte er laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes in "Ostpreußen" das "deutsche Volkstum" in Russland fördern, auf die iberische Halbinsel organisierte er eine Reise zu einem bekannten Holocaustleugner im "Exil", um nur einige Beispiele zu nennen.
Auch in Österreich verschrieb er sich ganz der Rechtsradikalen Sache. Er war etwa Mitgründer der Nationaldemokratischen Partei (NDP, später wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung behördlich aufgelöst) und Obmann der Österreichischen Gesellschaft der Völkerfreunde, publizierte immer wieder Schriften und Briefe, forderte etwa die deutsche Bundesregierung mit anderen Nazis dazu auf, die Urteile der Nürnberger Prozesse nicht mehr anzuerkennen.
Selbst im hohen Alter war der "Alte Herr" der Burschenschaft Olympia weiter aktiv, meldete sich auch zum Kurs der FPÖ zu Wort, die er seit Heinz-Christian Strache wieder "ohne Zähneknirschen" wählen konnte. In Sachen Nahostkonflikt kritisierte der "Kurden-Kenner" die anti-muslimisch motivierte Solidarisierung der FPÖ mit Israel.
Er hat zwei Töchter, einen Sohn, fünf Enkelkinder und ein Urenkelkind.
Was bisher geschah
Um den 20. Mai herum wurde Herbert Fritz plötzlich verhaftet. Der Geheimdienst der Taliban warf ihm Spionage vor, seitdem sitzt er in Haft – unter katastrophalen Umständen, kritisiert seine Familie. Kein Tageslicht, keine Decken, Matratze am Boden, das Hörgerät ging kaputt und Medikamente kommen nicht an.
Letztlich rückte sogar eine FPÖ-Delegation auf geheimer Mission zu seiner Rettung aus. Andreas Mölzer und Johannes Hübner packten den Juwelen- und Antiquitätenhändler Ronald F. Schwarzer und den Gynäkologen Moustafa Eltelby ein und reisten zu den Taliban. Die absurden Fotos gingen um die Welt. Kickl nannte die Reise eine "unglaubliche Dummheit", Mölzer rechtfertigte sie mit seiner Leidenschaft für Reisen zu "politischen und kulturellen Absonderlichkeiten dieser Welt".
Früchte trug sie jedenfalls keine. Das Außenministerium verweist auf die bestehende Reisewarnung und dass konsularische Hilfeleistungen seit der Machtübernahme nur sehr beschränkt möglich sind.
FPÖ ortet "staatliches Versagen" (in Österreich)
Jetzt soll wieder frischer Wind in die Sache kommen. Achteinhalb Monate nach seiner Verhaftung lud die FPÖ zu einer Pressekonferenz. Nationalratsabgeordneter Martin Graf holte sich Sigrid Kappl, Tochter von Herbert Fritz, zur Seite, um auf das "staatliche Versagen" bei dessen Befreiung hinzuweisen. Gemeinsam forderten sie die Behörden und ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg auf, "endlich ernsthafte Verhandlungen mit den Taliban aufzunehmen".
Graf und Kappl wollen für diese Verhandlungen einen eigenen Krisenstab einsetzen und einen Unterhändler nominieren. "Weiters fordern wir die Schließung der afghanischen Botschaft in Österreich und das Einfrieren der Hilfsgelder für Afghanistan." Herbert Fritz soll sich derzeit im Gefängnis "Reyast 40" des Außengeheimdiensts befinden, seine Zelle muss er sich mit drei Mithäftlingen teilen.
Deswegen wurde er verhaftet
Bekannt ist nun endlich auch der Grund, aus dem der Österreicher mutmaßlich festgenommen wurde. Er machte beim "2. Wiener Intra-Afghanistan-Treffen" im Bruno Kreisky Forum am 26. April 2023 ein gemeinsames Foto mit dem afghanischen Oppositionsführer Ahmad Schah Massoud. Diese Aufnahme wurde wohl bei einer Kontrolle auf seinem Handy entdeckt. Derzeit gibt es weder eine Anklage noch eine Verurteilung. Zuletzt hatte seine Tochter am 31. Jänner Kontakt mit ihm.
Zellengenosse schildert Haftbedingungen
Der britische Staatsbürger Kevin Cornwell war mehrere Wochen lang ein Zellengenosse von Herbert Fritz in Afghanistan. Er konnte nach langen Verhandlungen tatsächlich befreit werden. In einem Video schilderte er die Haftbedingungen.
Demnach würden die Zellen einer "Tiefgarage" ähneln, ohne Tageslicht oder Fenster. Einzige Belüftungsquelle ist ein Standventilator in der Nähe der Türe. Oft dürfen die Inhaftierten nur 20 Minuten pro Monat ans Sonnenlicht. Der gesundheitliche Zustand von Herbert Fritz hätte sich deswegen stetig verschlimmert, die medizinische Versorgung ist unzureichend; auch, weil die Ärzte Angst vor den Wachen der Taliban hätten.
"Ich hoffe, dass die österreichische Regierung Maßnahmen ergreift, um Herbert aus den Fängen der Taliban zu befreien und ihn sicher nach Hause zu bringen, bevor sich sein Zustand verschlechtert", wird er zitiert.
"Die Taliban haben sich nicht verändert. Der Wert des Lebens ist aufgrund ihres Glaubens ziemlich gering. Im ganzen Land kommt es immer noch zu Gräueltaten. Lokale Gefangene wurden vor meiner Freilassung geschlagen und durch Stromschläge getötet. Herbert ist so ein liebenswerter Mann. Er hat es verdient, zu Hause bei seiner Familie zu sein, genau wie die anderen."
"Wenn das Außenministerium in Wien nicht bald ernsthafte Bemühungen für eine Freilassung von Herbert Fritz startet, ist es vielleicht zu spät. Ich habe leider wirklich den Eindruck, dass der ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg in Wahrheit kein großes Interesse hat, einem zu Unrecht von den Taliban verschleppten Österreicher zu helfen. Das ist nicht nur traurig, sondern auch ein skandalöses Verhalten", zetert FPÖ-Nationalratsabgeordneter Martin Graf.
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