Auf TikTok
Aus Rache: Ex-Mitschüler tyrannisiert Mädchen
Weil sie ihn geblockt hatte, warb ein Bursche mit intimen Fotos auf einem Fake-Account. Laut Zara-Meldestelle "Gegen Hass im Netz" kein Einzelfall.
Von einem typischen "Hass im Netz"-Fall berichtet nun der Verein "Zara": Sarah (Name geändert) hatte über eine Klassengruppe einen Burschen näher kennen gelernt. Da die Beziehung aber immer wieder durch Spannungen belastet wurde, brach das Mädchen schließlich den Kontakt ab.
Doch Sarah hatte nicht mit der Reaktion ihres mittlerweile ehemaligen Schulkollegen gerechnet: Nachdem sie ihn in den Sozialen Medien blockiert hatte, begann der Jugendliche, verschiedenste Personen aus dem Umfeld des Mädchens zu kontaktieren – darunter auch Familienmitglieder –, um Sarah schlecht zu machen.
Anzeige gegen Teenie-Stalker eingestellt
Das war allerdings erst der Beginn der Rache-Aktion: Denn der Bursche erstellte auf TikTok ein Fake-Profil – samt Bild des Mädchens im Bikini. Dazu schrieb er Sarahs Telefonnummer und die Ankündigung, dass sie intime Fotos verkaufen würde. Tatsächlich meldeten sich daraufhin mehrere Männer bei der Jugendlichen.
Mit Hilfe einer Beraterin der "Hass im Netz"-Meldestelle erstattete Sarah Anzeige wegen beharrlicher Verfolgung (Cyber-Stalking). Da der Täter allerdings jung und unbescholten war, wurde das Ermittlungsverfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz eingestellt. Die Beratungsstelle pochte jedoch auf ein sogenanntes "Normverdeutlichungs-Gespräch" durch die MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe). Dabei zeigte sich der Jugendliche einsichtig und geknickt.
Fast Hälfte der Meldungen zu Rassismus
Wie der Verein "Zara" im nun veröffentlichten Jahresbericht (September 2022 bis August 2023) der Meldestelle "Gegen Hass im Netz" bekannt gab, sind seit der Gründung im September 2017 insgesamt 11.514 Meldungen beim Verein eingegangen. Im jüngsten Beobachtungszeitraum waren es 1.824 Fälle (2022: 1.851) – mehr als die Hälfte davon (55 %) waren (straf-)rechtlich nicht relevant.
46 % der Meldungen betrafen Rassismus (2022: 58,3 %), 29 % nicht ideologisch motivierten Hass (2022: 23,3 %), 12 % Sexismus (2022: 9,1 %) sowie rund 6 % NS-Wiederbetätigung (kein Vergleich zu 2022). Während es dem Verein im Vorjahr gelang, 971 dieser Postings wieder zu entfernen, waren es heuer nur 646.
Jeder vierte Fall von persönlich Betroffenem
Fast drei Viertel der Meldungen wurden von Zeugen erstattet, nur 27 % der Fälle stammten von persönlich Betroffenen – doch hier steigt die Tendenz: "Jedes Jahr wenden sich mehr von Hass im Netz persönlich Betroffene an 'Zara'. Das zeigt, wie wichtig eine spezialisierte Beratungsstelle gerade für die Betroffenen ist. Gleichzeitig sind dadurch Beratungen und Unterstützungsleistungen intensiver und zeitaufwändiger", erklärt "Zara"-Beraterin Golrokh Haddad.