Wien
Ende des Lobau-Tunnels noch keine beschlossene Sache
Das Aus für den Bau des Lobau-Tunnels sei "juristisch heikel", meinen Experten. Das Bundesstraßengesetz sehe keine Streichung vor.
Unter großem medialem Aufsehen hatte Verkehrsministerin Leonore Gewessler am Mittwoch das Aus für den Bau des Lobautunnels verkündet. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sprach von einem "Schlag gegen die Wiener Bevölkerung" und kündigte an, "juristischer Maßnahmen" zu prüfen. Denn tatsächlich sei die Einstellung aller Planungs- und Baumaßnahmen "heikel", so Experten.
Aus für Lobau-Tunnel "heikel"
Das Bundesstraßengesetz sehe nämlich die Schnellstraße S1 vor, erklärt Peter Bußjäger, Professor am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck im Ö1-Journal, und es sei auch in groben Zügen eine bestimmte Trasse abgesteckt, zwischen zwei Anschlussknoten.
„"Es wird ein Auftrag des Gesetzgebers nicht ausgeführt, weil dieser möchte auf dieser Route eine Schnellstraße haben, in welcher Variante auch immer".“
Mehr dazu >> Aus für Lobautunnel – aber das Protestcamp bleibt
"Auch wenn die konkrete Führung dieser Schnellstraße nicht bestimmt ist – aber der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass eine Schnellstraße errichtet werden soll. Daran muss sich auch die Bundesministerin halten", so der Verwaltungsrechtsexperte gegenüber dem ORF. Gewessler hätte sich, so der Experte, auf sehr heikles Terrain begeben, "wenn sie das Projekt ohne Alternativen absagt".
Misstrauensantrag gegen Gewessler
Für eine Änderung dieses Bundesstraßengesetzes bräuchte es eine einfache Mehrheit im Parlament – und die ist derzeit nicht vorhanden, denn der Koalitionspartner ÖVP ist für den Bau des Lobautunnels. Wie könnte also eine Lösung aussehen?
"Es gibt auch die Möglichkeit eines Misstrauensantrag gegenüber der Verkehrsministerin im Nationalrat, politisch wäre das jedoch von Seiten der ÖVP ein Koalitionsbruch. Realpolitisch hat die ÖVP derzeit wohl geringstes Interesse an dieser Vorgangsweise", so Bußjäger. Eine weitere Möglichkeit wäre darüber hinaus eine Ministeranklage beim Verfassungsgerichtshof.
Nicht betroffen vom Lobau-Projektstopp ist übrigens die geplante und nicht weniger umstrittene Stadtstraße. Die Stadt will die zwar weiterhin, aber ohne Anschluss an die Nordostumfahrung mache sie keinen Sinn.