Erste Fotos
Asyllager an unserer Grenze – so sieht es innen aus
Bettenlager, Massenduschen und Videoüberwachung – seit Wochen wird in Ungarn, nur 15 Kilometer von Österreich entfernt, im Geheimen gebaut.
Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Das Thema Asyl dominiert nicht nur den heimischen Wahlkampf. Unsere Nachbarländer erhöhen gerade immens den Druck auf flüchtende Menschen – und in Folge auch auf Österreich.
Deutschland hat vor wenigen Tagen Migranten die Einreise verweigert, da es ihnen laut eigenen Informationen gar nicht auf Asyl in Deutschland ankam. Sie wurden nach Österreich zurückgewiesen – so wie es die deutsche Bundesregierung vor wenigen Wochen angekündigt hatte.
Riesiger Saal voller Stockbetten, gigantischer Duschraum, Zaun drei Meter hoch
Jetzt wird auch vom Osten her gewaltiger Druck aufgebaut. Ungarns Premier Viktor Orbán baut neues Flüchtlingslager. Seine rechtskonservative Regierung lässt offenbar nur 15 Kilometer von der österreichischen Grenze ein Lager bauen. Die Aktion ist topsecret. Nicht einmal die regionalen Behörden sind eingeweiht.
Location ist der kleine 1.500-Einwohner-Ort Vitnyéd. Hier steht ein leeres Schulgebäude. Plötzlich begannen hier die Arbeiten: Ein drei Meter hoher Zaun wurde aufgestellt, neue Duschen eingebaut und ein gigantischer Schlafsaal ist errichtet. Das Areal wird laut dem ungarischen Portal hvg.hu 24 Stunden pro Tag per Video überwacht. Auch ein eigener Sendemasten ist aufgestellt.
So sieht es im Lager aus – Bürgermeister hat Fotos
Jetzt gibt es auch die ersten Fotos aus dem Inneren. Bürgermeister Gábor Nyikos hat sie gemacht.
Fotos aus dem Flüchtlingslager
Offiziell dementiert die Regierung, dass es sich um ein Flüchtlingslager handeln soll. "Wenn keine Lager jeglicher Art geplant waren", fragt sich Bürgermeister Gábor Nyikos auf Facebook, "warum war es dann notwendig, die Heizung zu verbessern, neue Wasserblöcke zu schaffen, sie zu streichen, während viele Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen keine Heizung haben, keine Reinigung, keine Desinfektion, keine gestrichenen Wände."
"Das käme einer staatlich organisierten Schlepperei gleich"
Der Widerstand gegen dieses Projekt ist groß. "Wenn sich diese Berichte bewahrheiten, kann es bei dieser Lokalisierung nur darum gehen, im großen Stil den Weitertransfer von Flüchtlingen über die grüne Grenze nach Österreich zu ermöglichen. Das käme einer staatlich organisierten Schlepperei gleich", warnt deshalb Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.
Er kündigte an, sich mit allen rechtlichen und politischen Möglichkeiten gegen diese Pläne zur Wehr zu setzen. "Die österreichische Bundesregierung muss sofort aktiv werden und verhindern, dass diese Pläne umgesetzt werden. Es kann nicht sein, dass der ungarische Premierminister seine hausgemachten Migrationsprobleme auf andere Staaten überwälzt."
Burgenland ist bereit Grenzübergänge zu schließen
Sollte Orban diesen Plan weiterverfolgen, dann werde das Burgenland sofort alle Grenzübergänge schließen – "notfalls auch mit weiteren Fußgängerzonen", so der Landeshauptmann in Anspielung auf den für den Autoverkehr geschlossenen Grenzübergang zwischen Schattendorf und dem ungarischen Agendorf ("Heute" war für eine Reportage vor Ort).
Lokalaugenschein in Schattendorf
Proteste auch in Ungarn
Auch vor Ort regt sich heftig der Unmut. Am Wochenende gingen Hunderte Ungarn auf die Straße und protestierten. "Sie lügen uns hier ins Gesicht, dass es hier kein Flüchtlingslager geben wird, obwohl es eines geben wird, egal was wir dagegen tun, es wird es geben", sagt Gáspár Hóbor dem Portal hvg.hu. Seit Wochen schweigen in der betroffenen Region, aber auch in der Hauptstadt Budapest die Politiker und Behörden zu diesem Projekt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- In Ungarn, nahe der österreichischen Grenze, wird im Geheimen ein neues Flüchtlingslager errichtet, was zu erheblichem Unmut und Protesten sowohl in Ungarn als auch in Österreich führt
- Die ungarische Regierung dementiert offiziell den Bau eines Flüchtlingslagers, während lokale Behörden und Bürger die Maßnahmen scharf kritisieren und befürchten, dass dies zu einer staatlich organisierten Schlepperei führen könnte