Neuer Sozialhilfe-Plan
AMS-Chef: "In Wien kommt man mit Arabisch gut durch"
AMS-Chef Johannes Kopf spricht in einem Interview über das Teilzeit-Problem, Sozialhilfe und mangelnde Deutsch-Kenntnisse.
Für die Wirtschaft hat AMS-Chef Johannes Kopf in nächster Zeit kein gutes Gefühl. Im Interview mit der "Presse" rechnet er damit, dass in den nächsten Monaten immer wieder schlechte Nachrichten aus der Industrie kommen werden – was freilich auch für den Arbeitsmarkt fatal ist. "Manche Jobs werden dauerhaft verloren gehen."
Auch wenn die Erwerbsquote aktuell steigt, sorgt dabei ein anderer Umstand für Sorgenfalten: "Wir haben eine Arbeitszeitverkürzung. Und zwar eine deutliche", so Kopf. Zwar sinkt die durchschnittliche Arbeitszeit schon lange, weil Frauen, die früher gar nicht gearbeitet haben, jetzt Teilzeit jobben. Doch im Moment gehen drei Viertel der Arbeitszeitverkürzung auf Männer zurück.
"Fördern Teilzeit der Akademikerinnen"
"Für den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs ist es natürlich nicht optimal, wenn weniger gearbeitet wird." Einen Vollzeit-Bonus für von ÖVP-Chef Karl Nehammer vorgeschlagen würde aber großteils nur jene belohnen, die ohnehin Vollzeit arbeiten, findet der AMS-Chef. Er plädiert in der "Presse" für eine gerechtere Verteilung der Care-Arbeit, damit Frauen in Teilzeit mehr Stunden machen können.
Zudem müsse man die Teilzeit weniger attraktiv machen. Derzeit sei es nun mal einfach so, dass einem Teilzeit netto anteilig deutlich mehr herauskommt als bei Vollzeit. Als radikalen Vorschlag könnte man die Lohnsteuer nicht mehr auf das Monatsgehalt, sondern auf den Stundenlohn bezogen rechnen. Aktuell werde aber gar nicht gemeldet, wie viele Stunden Menschen arbeiten. "Derzeit fördern wir die Teilzeit der Akademikerinnen. Das kann nicht Sinn der Sache sein."
Sozialhilfe an Kindergarten knüpfen
Einige Vorschläge hätte Johannes Kopf auch, was die Sozialhilfe anbelangt. Diese ist an die Arbeitswilligkeit gekoppelt, doch derzeit erfahre das AMS gar nicht, wenn jemandem die Sozialhilfe gekürzt wird. "Und ich schlage vor, dass man die Sozialhilfe für Familien, die als Flüchtlinge oder Schutzsuchende in Österreich sind, an den Kindergartenbesuch knüpft. Damit die Eltern einen Anreiz haben, ihre Kinder früh in eine Bildungseinrichtung zu geben."
Außerdem sollen die Kinder so früh Deutsch lernen, was auch für den Arbeitsmarkt sehr wichtig ist. Kopf spricht sich deswegen auch für ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr aus. Wenn erst beim AMS sinnerfassend lesen und schreiben gelernt wird, sei das viel mehr Aufwand und teurer als im Kindesalter. "Deshalb sage ich immer, nehmt mir 100 Millionen Euro weg und gebt sie den Kindergärten!"
"In Wien kommt man mit Arabisch ganz gut durch"
Bei der sprachlichen Komponente komme ein weiteres Problem hinzu. Laut dem AMS-Chef gibt es beispielsweise in Wien zu wenig Durchmischung. "In Wien kommt man als syrische Familie mit Arabisch ganz gut durch. Weil es sogar migrantische Arbeitgeber gibt und so niedrig qualifizierte Jobs, dass eh jemand für dich übersetzt und du der Hilfsarbeiter bist. Wenn die Kinder dann noch zu Hause betreut werden, statt in den Kindergarten zu gehen, ist das Problem perfekt."
Am Ende landet das Problem dann in den ohnehin völlig überforderten Schulen. Diese Kinder müssten um jeden Preis integriert werden. Am Ende ist das auch die klar billigere Variante, als es nicht zu tun. "So viele unserer Fördermaßnahmen wären gar nicht notwendig, wenn man Kindergartenkinder besser fördern würde."
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Auf den Punkt gebracht
- AMS-Chef Johannes Kopf äußert sich im Interview mit der "Presse" besorgt über die wirtschaftliche Lage und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere durch die zunehmende Teilzeitarbeit, die vor allem Männer betrifft.
- Er plädiert für eine gerechtere Verteilung der Care-Arbeit und schlägt vor, die Sozialhilfe für Flüchtlingsfamilien an den Kindergartenbesuch zu knüpfen, um die frühzeitige Integration und das Erlernen der deutschen Sprache zu fördern.