Mächtiger Geheimdienstler

Als er auftaucht, ist allen klar, was Putin wirklich will

Ob 2014 auf dem Maidan oder beim "Blitzangriff" 2022: Der russische Geheimdienstler Sergei Besseda hat enormen Einfluss auf Schicksal der Ukraine.
02.04.2025, 15:51

Als der 70-jährige FSB-Mann Sergei Orestowitsch Besseda im "Ritz Carlton" in Riad an den Ukraine-Verhandlungen auftauchte, war Beobachtern klar, dass über die Gespräche vor allem Zeit verstreichen würde. Am fünften Tag schrieb der Riad-Korrespondent der "Kiyv Post" schließlich auch von einem "ermüdenden" diplomatischen Spektakel und Beratungen, "so solide und transparent wie der Schlamm am Schwarzen Meer".

Die russische Delegation habe die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten absichtlich in die Länge gezogen, so Politikanalyst Ihor Reiterovych. "Dabei wurde eine diplomatische Erschöpfungstaktik angewandt, die bereits zu Sowjetzeiten erprobt wurde". Jeder Punkt und Beistrich würde dabei wortreich kritisiert. Besseda, ein "neo-sowjetischer" Vertreter aus dem KGB-FSB-System, beherrscht dies aus dem Effeff.

"Direkte und zynische Botschaft"

Seine Teilnahme sei eine "direkte und zynische Botschaft" an die USA und die Ukraine, schreibt das "Center for European Policy Analysis" (CEPA). Der Generaloberst und einstige Leiter des "Fünften Dienstes" des FSB beaufsichtigte seit 2009 die Aktivitäten russischer Agenten in Weißrussland, Moldawien, Abchasien und in der Ukraine, wo er besonders engagiert war.

Seine Abteilung des russischen Inlandsgeheimdienstes ist zuständig für Spionage und Kontrolle von Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Von Besseda wurden entscheidende Geheimdienstoperationen in der Ukraine beaufsichtigt und die Maidan-Revolution im Februar 2014 niederzuschlagen versucht.

Manipulationen in der Ukraine

Damals reiste er russischen Medien zufolge selbst nach Kyjiw, um dem damaligen pro-russischen Ukraine-Präsidenten Viktor Janukowitsch einzureden, bewaffnete Euromaidan-Demonstranten würden ihn und seine Familie töten wollen, er solle deshalb die Armee gegen die Versammelten auf dem Maidan einsetzen.

Dutzende Menschen wurden in Folge durch Sicherheitskräfte getötet, doch die "Revolution der Würde", wie sie nachträglich tituliert wurde, ließ sich nicht niederschlagen. Janukowitsch floh mit einem Helikopter aus der Hauptstadt, Russland besetzte völkerrechtswidrig die Halbinsel Krim und begann so den Krieg, der acht Jahre später in die großangelegte Invasion der Ukraine gipfelte, die bis heute andauerte.

Im Februar 2022 trat auch Besseda wieder in Erscheinung, diesmal bei der Blitzoffensive gegen Kyjiw. Er und sein Fünfter Dienst hätten laut zahlreichen russischen Medien mit ihren Aussagen entscheidend dazu beigetragen, dass Putin am 24. Februar den Befehl für den Angriff auf die Ukraine gab.

Für sein Scheitern dabei klopfte Putin dem mächtigen Geheimdienstler auf die Finger. Zunächst wurde Besseda unter Hausarrest gestellt, dann kam er für einige Zeit ins berüchtigte Lefortowo-Gefängnis, berichtete Andrei Soldatow, ein führender Experte für die Sicherheitsdienste des Landes. Offiziell bestätigt wurde das nie, der FSB spielt die Verhaftung weiter als "Befragung" herunter.

Er kam glimpflich davon

Besseda musste nicht lange Buße tun. Er blieb Leiter des "Fünften Dienstes", den er letztes Jahr altersbedingt quittierte. Seither ist er als Berater für FSB-Chef Alexander Bortnikow (73) tätig.

Er kam glimpflich davon – was Russlandforscher damit erklären, dass er zur russischen Geheimdienst-Elite gehört. Während die Mitarbeiter aller anderen Behörden jederzeit in Ungnade fallen könnten, "gilt das nicht für die FSB-Spitze während eines Krieges, dessen Ausgang über das Überleben des Regimes entscheiden würde", schreibt das CEPA.

Wäre im Kalten Krieg undenkbar gewesen

Manche Beobachter meinen dennoch, Putin habe Besseda zu den Ukraine-Verhandlungen geholt, damit dieser auslöffle, was seine verfälschten Geheimdienstinformationen zur Ukraine 2022 angerichtet hatten.

Auf jeden Fall unterstreiche die Anwesenheit des FSB-Generals im russischen Verhandlerteam den Stellenwert, den die russischen Geheimdienste in der Außenpolitik von Wladimir Putin, einst selbst ein KGB-Auslandsspion, erlangt haben. Den sowjetischen Führern im Kalten Krieg wäre es nicht in den Sinn gekommen, einen KGB-Vorsitzenden an Gespräche mit den USA mitzunehmen.

Weg von traditionellen diplomatischen Kanälen

Dagegen betonte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, Besseda sei von Putin persönlich wegen seiner Erfahrung mit internationalen Geheimdienstoperationen ausgewählt worden.

Diese Verschiebung unterstreicht laut CEPA, wie der Kreml in den Verhandlungen rund um die Ukraine statt auf traditionelle diplomatische Kanäle nun auf nachrichtendienstliche Strategien setzt.

Selbst wenn noch nicht klar sei, was der Kreml bei den Gesprächen mit den Amerikanern und Ukrainern herausholen könne – "die russischen Spionagedienste sind bereits als Gewinner hervorgegangen".

{title && {title} } 20 Minuten,red, {title && {title} } Akt. 02.04.2025, 16:19, 02.04.2025, 15:51
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