Er hat viele Kabarett-Preise gewonnen, es beim Song Contest in die Top 10 geschafft und viele Menschen mit seinem schrägen Schmäh unterhalten. Doch seit 2021 hat Alf Poier keine Bühne mehr betreten. Daran sind wiederkehrende Übelkeitsanfälle Schuld, die ihn zuletzt im Vorfeld von Auftritten plagten. Aber nicht nur: "Ich habe mehrfach begonnen, an einer neuen Show zu arbeiten und mich immer wieder gefragt: Kann man das noch sagen? Dann ist mir die Lust vergangen", erzählt der 58-Jährige im "Heute"-Gespräch.
Themen wie Gender, sexuelle Orientierung und Migration sind für den humoristischen Provokateur zu öffentlichen Stolperfallen geworden. Politisch korrekt war er nie und will er auch nicht sein. Die Zeit hat sich jedoch verändert und Poier findet sich nicht mehr oft wieder. "Das Österreich, das ich in meiner Kindheit geliebt habe, gibt es nicht mehr", bedauert er. "Ich lebe lieber in einer homogenen Gesellschaft, wie in Thailand", wo der Kabarettist und Maler inzwischen viele Wochen im Jahr verbringt. "Ich führe ein Doppelleben zwischen Asien und Österreich."
Er sei nicht homophob, wie ihm aufgrund früherer Aussagen vorgeworfen wurde. "Ich habe nichts dagegen, wenn jemand homosexuell ist. Ich mag nur nicht, wenn das Thema so in den Vordergrund gespielt wird", so der 58-Jährige. Man müsse nicht betonen, dass jemand ein "queerer Künstler ist. Ich beschreibe mir auch nicht als Blinddarm operierten Kabarettisten." Dass Poier sagt, was er denkt – ohne Rücksicht auf "die woke Gesellschaft" – hatte das Ausbleiben von Auftritten und Einladungen zur Folge.
"Ich wurde gecancelt", sagt er enttäuscht. Sein Song "Hoch am Berg", den er mit ORF-Moderator Tarek Leitner aufgenommen hat, "wurde so gut wie auf keinem Radiosender gespielt", ärgert er sich. Dabei soll sogar Andreas Gabaliers Management hinter dem Lied gestanden haben. Poier, der in den letzten Jahren vermehrt als Maler aktiv ist, will nun selbst über seine Kunst bestimmen. "Ich überschütte meine Bilder und cancle mich selbst. Selbst-Canceling vor Fremd-Canceling", kündigt er an. Das zeigt er in seinem Bildband "Bunt geschwärztes Bilderbuch", der morgen erscheint. Am 7. März wird er seine Kunst in der Galerie Kaiblinger in der Wiener City ausstellen. Eine Kunstaktion für ausgewählte Gäste ist davor auch geplant.
Provokation war zwar schon immer Poiers Stilmittel der Wahl. Doch ihm gehe es um etwas anderes: "Ich wünsche mir, dass ehrliche Debatten geführt werden. Jemand, der Israel kritisiert, ist sofort ein Antisemit. Jemand der sagt, es gibt nur zwei Geschlechter, ist gleich transphob. Diese Pathologisierung von Meinungen ist sehr gefährlich." Er habe absolut keine Ressentiments gegen Menschen oder einzelne Gruppen. Doch Poier ergänzt: "Minderheiten gehören geschützt, aber sie dürfen nicht über die Mehrheit bestimmen."
In der Kunstszene, der Poier "Regenbogen-Konformismus" vorwirft, würden viele so denken wie er. "Aber sie sagen es nicht, weil sie nicht auch gecancelt werden wollen, so wie ich. Aber mir ist es egal. Ich habe genug Geld verdient und sage meine Meinung." Beinahe kämpferisch fügt er hinzu: "Einen Poier kann man nicht brechen."