Oberösterreich

"Spielt sich die Hölle ab" – Spitäler kurz vor Kollaps

Mitarbeiter von Spitälern schlagen Alarm: Sie berichten von unhaltbaren Zuständen. Ein Mediziner beschreibt einen noch nie dagewesenen Ansturm.

Patienten berichten von extrem langen Wartezeiten in den Notaufnahmen.
Patienten berichten von extrem langen Wartezeiten in den Notaufnahmen.
KUK, iStock

Der Arzt eines oberösterreichischen Spitals spricht über eine Zunahme an Patienten in den Notaufnahmen. "Wir sehen Patientenzahlen, die wir in Jahrzehnten zuvor noch nie erreicht haben", sagt der Mediziner gegenüber "ORF Oberösterreich".

Der Arzt wandte sich am Dienstag mit einem Hilferuf an das Landesstudio. Darin beschrieb er eine Steigerung der Auslastung um 75 Prozent, die zur völligen Überlastung des Systems geführt habe.

Vor allem ältere Menschen kämen wegen Corona oder der Grippe ins Spital. Für diese Masse gebe es allerdings zu wenige Betten, berichtet der Mediziner. Vergangenen Donnerstag seien in dem Krankenhaus bis zu zehnmal mehr Betten nötig gewesen, als zu Dienstbeginn noch frei waren.

Patienten würden deshalb auf ein erstes Arztgespräch viel länger warten als normal, berichtet der Mediziner weiter. "Manche liegen mit Schmerzen zuvor lange herum." Die Kranken müssten auf lebensrettende Therapien, wie intravenöse Antibiotika, Flüssigkeiten oder diagnostische Untersuchungen länger warten. 

"Dass dies nicht immer gut geht, können Sie sich sicher vorstellen", sagt der Arzt in seinem Schreiben.

Aber auch das Pflegepersonal sei aufgrund der hohen Patientenzahlen überlastet. Dadurch komme die Pietät oft zu kurz.

Der Mediziner schildert die Szenen in seiner Ambulanz in drastischen Worten: "Viele Patienten liegen auf den Gängen und Korridoren, manchmal halb nackt und warten auf Untersuchungen oder Heimtransporte. Toilettengänge sind oft nicht möglich, verwirrte Patienten schreien, reißen sich Decken oder Kleider vom Leib und liegen exponiert herum."

"ORF OÖ" hat auch in anderen Spitälern bei dem Personal nachgefragt. Die Mitarbeiter beschreiben in fast jedem Krankenhaus in Oberösterreich ähnliche Zustände. Sie wollen allerdings anonym bleiben.

Sie berichten, dass es brodle, etwa auch im Linzer Kepler Uniklinikum. Ein Mitarbeiter des Spitals sagt, dass es inzwischen unter jeder Würde sei, was sich abspiele. Über 80-jährige Patienten würden mitten in der Nacht entlassen, um das Krankenbett freizubekommen.

Wartezeiten bis in die Nacht seien selbst für Mütter mit kleinen Kindern keine Seltenheit. Grund dafür sei ein Personalproblem vor allem bei den Ärzten.

Auch Mitarbeiter des Salzkammergut-Klinikums berichten dem "ORF Oberösterreich" gegenüber von unhaltbaren Zuständen. Auf manchen Stationen spiele sich "die Hölle" ab. Patienten aller Altersklassen würden in Betten am Gang liegen, weil in den Zimmern kein Platz mehr sei. Pflegekräfte seien völlig am Ende.

Aus den Linzer Ordensspitälern kommen ähnliche Rückmeldungen: Auch dort sind die Ambulanzen überfüllt. Manche Patienten warten bis zu vier Stunden auf ein Erstgespräch mit dem Arzt. 

Kinderambulanzen voll – "Wahnsinn, was sich abspielt"

Grippe, RS-Virus und Corona – eine massive Krankheitswelle überrollte kürzlich das ganze Land. Besonders vor Weihnachten schoss die Zahl an Krankenständen aufgrund grippaler Infekte sowie der echten Influenza eklatant in die Höhe.

Einen Arzttermin zu bekommen, gestaltete sich mehr als schwierig. Viele Mediziner waren entweder selbst krank oder komplett überlaufen. Zudem kamen noch Urlaube während der Weihnachtsferien hinzu.

Insbesondere auf den Kinderambulanzen im Land spürt man diese Schließzeiten der Kinderarzt-Praxen deutlich. Die Wartezimmer in den Spitälern waren bummvoll, man musste mit stundenlangen Wartezeiten rechnen. "Heute" berichtete.

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