Ein moderner Gemeindebau mit 62 neuen Wohnungen am Montecuccoli-Platz ist Teil der Bemühungen der Stadt Wien, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Doch die Umsetzung sorgt für massive Kritik. "Es ist unbestritten, dass Wien Wohnraum benötigt, aber eine derart rücksichtslose Bauverdichtung, welche den alteingesessenen Mietern die Aussicht und das Sonnenlicht raubt, ist an Rücksichtslosigkeit kaum zu überbieten", sagt Georg Heinreichsberger, Bezirksparteiobmann der FPÖ-Hietzing.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Platzierung des neuen Gebäudes. Es wurde so nah an den bestehenden Gemeindebau herangerückt, dass eine "Häuserschlucht" entstanden ist. Während vorher Blicke auf Grünflächen möglich waren, ist heute eine massive Hausfassade zu sehen. Zudem musste ein Nahversorger weichen, und alte Bäume wurden größtenteils gefällt.
Einer, der durch das neue Bauprojekt massiv benachteiligt ist, ist Norbert Grünberger. Seit 27 Jahren wohnt er im Gemeindebau am Montecuccoliplatz. Seine Wohnung liegt im 1. Stock. "Vom Wohnzimmer aus konnte ich immer den Himmel sehen, jetzt schaue ich in eine Wand. Es ist total finster", klagt der 53-jährige Gastronom. Das neue Wohngebäude wurde nur neun Meter von seinem Wohnhaus entfernt errichtet.
Michael Niegl, Wohnbau-Ombudsmann der FPÖ-Wien, bezeichnet das Projekt als ein "besonders bedenkliches Beispiel rücksichtsloser Stadtplanung". Denn hier werde nicht nur Grünraum vernichtet, sondern auch die Wohnqualität der alteingesessenen Mieter massiv verschlechtert. "Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht", so Niegl.
Die Stadt Wien verteidigt das Projekt. Christiane Daxböck, Unternehmenssprecherin Gemeindewohnungen NEU, betont: "Der neue Gemeindebau bietet leistbaren Wohnraum und erfüllt höchste ökologische Standards." Zudem sei das Bauvorhaben bewusst so geplant worden, dass Rücksicht auf das bestehende Nachbargebäude genommen wurde. So sei der Abstand von ursprünglich zulässigen 7,5 auf 9,2 Meter vergrößert und die oberen Geschosse schmäler gestaltet worden.
Außerdem werden mit dem Neubau schöne Freiflächen geschaffen, die auch von den Bewohnern des Bestandsgemeindebaus genützt werden können, dazu zählen der autofreie Innenhof, neue Sitzmöglichkeiten und (Spiel)tische. Nach Fertigstellung des Projekts im Frühjahr 2025 sollen auch der bestehende Gemeindebau saniert werden, um deren Wohnqualität zu verbessern.
Seitens der Stadt wird betont, dass die Bestandsmieter die Möglichkeit hatten, in den neuen Gemeindebau zu ziehen. "Das ist die größte Frechheit", sagt dazu Grünberger. Sein Antrag auf einen Wohnungstausch wurde abgelehnt, da er kein dafür notwendiges Wiener Wohnticket erhält. Der Grund: Dieses gebe es nur für den Wechsel in eine größere oder kleinere Wohnung, außerdem sei sein Nebenwohnsitz in Eisenstadt ein Problem.
"Ich habe extra Nachweise erbracht, dass mein Nebenwohnsitz in einer Feriensiedlung und somit nicht dauerhaft bewohnbar ist", so Grünberger. Seine Versuche, nach der Ablehnung des ersuchten Wohnungstauschs mit den zuständigen Stellen Kontakt aufzunehmen, blieben bisher unbeantwortet.