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"Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" im Test – für Taktiker
Knallbunte Comic-Grafik, aber beinhartes Gameplay: Nintendo belebt die "Advance Wars"-Reihe neu und bietet Taktik-Profis eine harte Herausforderung.
Hierzulande sagt die "Advance Wars"-Serie wohl nur hartgesottene und älteren Taktik-Fans etwas. Die Entwickler WayForward haben nun die ersten beiden Games der Serie, das 2001 erschienene "Advance Wars" und das 2003 erschienene "Advance Wars 2: Black Hole Rising" – beide ursprünglich am Game Boy Advance spielbar – als Remake in einen neuen Titel für die Nintendo Switch verpackt. Von der knallbunten, comichaft wirkenden Grafik in "Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" sollte man sich aber nicht täuschen lassen, denn das Spiel richtet sich an Taktik-Profis, die die Herausforderungen suchen. Umso beachtlicher ist es, dass die vielen Jahre zwischen dem Original und dem Remake kaum Spuren hinterlassen haben.
Im Strategie-Spiel geht es klassisch rundenbasiert auf einem in Feldern gerasterten Spielfeld zu. Und auch das Ziel kennt man: Mit den eigenen Einheiten sollen jene des Gegners besiegt oder dessen Basis erobert werden – beides führt pro Runde zum gewünschten Erfolg. Je weiter man im Spielverlauf kommt, umso mehr Einheiten lassen sich auch einsetzen, auf Land ebenso wie am Wasser. Eine Besonderheit, die "Advance Wars" auszeichnet: Jede einzelne Einheit verfügt über ganz spezielle Fähigkeiten, die für die Kämpfe unerlässlich sind. Es ist also wichtig, nicht nur starke Einheiten ins Gefecht zu schicken, sondern auch die schwachen zu schützen. So können nur Soldaten Gebäude besetzen oder nur Schiffe Wasser befahren.
Ungewohnte Elemente im sonst klassischen Gameplay
Klingt alles simpel und logisch, in den meisten Taktik-Spielen schaltet man aber einfach immer stärkere Truppen frei und verwendet dann auch nur die – in "Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" dagegen muss zwingend mit allen Einheiten geplant werden. Toll ist dabei, dass man sich bei den 18 verschiedenen Klassen nicht einlesen muss, sondern ihr Einsatzzweck und ihre Fähigkeiten auf der Hand liegen: Soldaten können Gebäude stürmen, Panzer verheerenden Schaden am Boden anrichten, Schiffe aus sicherer Entfernung feuern, Bomber aus der Luft angreifen. Doch schnell erkennt man, dass es so simpel nicht von der Hand geht. Spieler müssen nämlich auch für Munitions- und Sprit-Nachschub sorgen – ein ungewohntes Element.
Und auch bei der Berücksichtigung des jeweiligen Geländes geht das Game eigene Wege. So gibt ein Sterne-Wert an, wie sehr Berge, Wiesen und Co. die Reichweite der Einheiten beschränkt, gleichzeitig aber auch die Truppen besser vor den feindlichen Einheiten schützt. Um alle Mechaniken auch zu lernen, bietet das Spiel ein ausführliches, aber spaßiges Tutorial an, dessen Absolvierung aber auch Bedingung dafür ist, dass man in der späteren Kampagne erfolgreich sein wird. Die startet nämlich gleich mit einem knackigen Schwierigkeitsgrad und stellt Spielern pro Runde nur eine sehr überschaubare Anzahl an Einheiten zur Verfügung. Später kommt noch dazu, dass man Gebäude einnimmt und damit neue Einheiten kauft.
Ein eigener Modus fordert selbst die Besten heraus
Die Handlung beider Teile ist witzig gestaltet und dreht sich vor allem um die vielen verschiedenen Kommandanten, die im Spielverlauf auch mit Spezialfähigkeiten aushelfen. Allzu viel Tiefgang sollte man aber nicht erwarten. Motivierend ist vielmehr das Rang-System in den Runden – um das höchste S-Ranking zu erhalten, beißt man sich da im knallharten Game auch mal die Zähne aus. Am Ende der Kämpfe bekommt man zudem Münzgeld ausgezahlt, das in neue Kommandanten und Karten investiert werden kann. Letztere kommen im sogenannten "Kriegsraum" zum Einsatz, einem Modus, der vorgefertigte Karten bietet, auf denen man sich meist aus aussichtsloser Position gegen einen übermächtigen Feind beweisen muss.
Obwohl mit Kampagne und Kriegsraum schon Dutzende Spielstunden gefüllt werden können, bietet das Game auch noch einen Karten-Editor an, in dem man eigene Maps erstellen und testen kann. Auch die Karten anderer Spieler darf man dabei auf Wunsch auf die eigene Konsole laden. Apropos andere Spieler: Antreten darf man zwar online gegen bekannte, befreundete Spieler, leider aber nicht gegen fremde Spieler aus aller Welt. Lokal dagegen sind Gefechte zu viert möglich, wobei bei fehlenden Mitspielern auch eine gut agierende KI einspringt. Die computergesteuerten Truppen gehen geschickt vor, nutzen Schwachstellen aus, zeigen aber auch gern mal menschlich wirkende Fehler und sind nicht übermenschlich gut.
"Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" im Test – für Taktiker
Grafisch erfährt "Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" eine saubere Überarbeitung in bunter Optik und mit vielen Details – die Originale waren da Game-Boy-gerecht noch echte "Pixel-Monster". Vorbei sind damit auch die Zeiten des kleinen Bildschirms, in denen man millimetergenau bestimmen musste, wie viele Felder eine Einheit vorrücken soll. Überraschend ist eine sehr gut umgesetzte Sprachausgabe – eine Neuerung, die man gerade bei einem Nintendo-Game nicht unbedingt erwartet. Und damit man auch als Neuling nicht komplett am Schwierigkeitsgrad verzweifelt, gibt es nun neu auch die Möglichkeit, zumindest den letzten Spielzug zurückzusetzen und es noch einmal zu versuchen – aber keine Sorge, hart genug bleibt das Game trotzdem.
"Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" ist sicherlich kein Game für jene Spieler, die ein entspanntes Erlebnis zum Zocken suchen und schon gar nichts für Gamer, die eine Herausforderung oder das Taktik-Genre allgemein meiden. Und auch Kenner der Originale bekommen mit dem Remake-Doppelpack nur bedingt Neuerungen, von denen die bunte Grafik die größte darstellt. Wer die Serie allerdings noch nicht kennt und einen besonders anspruchsvollen Strategie-Titel sucht, der ist bei "Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp" definitiv richtig.