Oberösterreich

Abschiebung ist auch nach Amoklauf fast unmöglich

Die Forderung nach einer Abschiebung des Linzer Amokläufers wird immer lauter. Ob das rechtlich auch möglich ist, hat ein Experte "Heute" erklärt.

Laut Rechtsanwalt Helmut Blum wird der Linzer Amokläufer eine mögliche Strafe vermutlich in Österreich absitzen.
Laut Rechtsanwalt Helmut Blum wird der Linzer Amokläufer eine mögliche Strafe vermutlich in Österreich absitzen.
Matthias Lauber, privat

Der 41-jährige Iraker soll am Montag in Linz drei Menschen schwer verletzt haben – zwei Polizisten und seine Frau. Er wurde aber bereits im Vorfeld straffällig. Viele fragen sich nun, warum der Mann überhaupt noch in Österreich ist. 

Diese Stationen durchlief der 41-Jährige bisher:

Das Jahr 2011: Der Iraker kommt nach Österreich. Hier stellt er einen Asylantrag. Im Sommer 2011 wird ihm zwar kein Asyl, aber subsidiärer Schutz gewährt. Subsidiären Schutz erhalten Personen, deren Asylantrag zwar mangels Verfolgung abgewiesen wurde, aber deren Leben oder Unversehrtheit im Herkunftsstaat bedroht wird. Sie erhalten damit einen befristeten Schutz vor Abschiebung. Eine mögliche Aberkennung erfolgt, wenn Straftaten begangen werden.

2016: Der Mann wird straffällig. Aktenkundig sind laut Staatsanwaltschaft gefährliche Drohung, Nötigung und Körperverletzung seiner ersten Frau gegenüber. Zudem hatte er weitere Frauen und Polizeibeamte bedroht. Dafür wurde er 2016 zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, drei hat er verbüßt.

Herbst 2017: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erkennt dem Iraker wegen der Straftaten aus dem Jahr 2016 den subsidiären Schutz ab. Der 41-Jährige steht kurz vor der Abschiebung.

2018: Der Mann lernt eine 42-jährige Rumänin kennen. Er heiratet die Frau. Folge: Als Ehemann einer EU/EWR (Europäischer Wirtschaftsraum)-Bürgerin kann er nun Antrag auf eine Aufenthaltskarte stellen. Diesem wird stattgegeben. Seither hält er sich legal in Österreich auf. Die beiden ziehen in die Wiener Straße im Linzer Stadtteil Kleinmünchen. Laut Nachbarn dürfte die Ehe alles andere als harmonisch verlaufen sein, es sind immer wieder lautstarke Streitereien und Schreie zu hören.

2019, 2020, 2021: Der Mann wurde 2019 wegen Stalkings und 2021 aufgrund einer Sachbeschädigung verurteilt. Und auch 2020 stand er wegen versuchter Nötigung vor Gericht. Er hat seine damalige Ehefrau erneut telefonisch bedroht. Die Sache endete aber mit einem Freispruch, weil seine Gattin die Aussage verweigerte. 

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    Fotos der Amokfahrt des 41-Jährigen. Hier bei der Meixnerkreuzung wurde er schließlich aufgehalten.
    Fotos der Amokfahrt des 41-Jährigen. Hier bei der Meixnerkreuzung wurde er schließlich aufgehalten.
    Team fotokerschi.at

    2022: Der Mann muss eine Anti-Gewalt-Beratung besuchen. Diese wurde ihm von den Behörden angeordnet.

    9. Jänner 2023: Die Streitereien erreichen am Montag ihren traurigen Höhepunkt. Der Iraker sticht seine Ehefrau nieder und überfährt zwei Polizisten.

    Was passiert nun aber mit dem Mann? Der Linzer Experte und Rechtsanwalt Helmut Blum gibt "Heute" gegenüber eine vage Einschätzung. Seit 2018 hält sich der Iraker mit einer Aufenthaltskarte legal in Österreich auf. Diese hat er bekommen, weil er mit der Rumänin eine EU-Bürgerin geheiratet hat.

    Eine Scheidung bedeute aber nicht gleich Abschiebung. "Selbst wenn die Frau die Ehe beendet, ist nicht gewiss, dass der Mann abgeschoben wird", erklärt Blum. Der Iraker war nämlich mehr als drei Jahre mit der Rumänin verheiratet, die Aufenthaltskarte sei somit nicht mehr an die Heirat gebunden.

    Folgen werde laut Einschätzung des Experten ein komplizierter Interessens-Vergleich. In die Waagschale kommen die Interessen des Betroffenen und jene der Öffentlichkeit. Schlagend werde etwa, wie lange der Mann schon hier ist, wie gut er deutsch spricht oder ob er in Österreich Verwandte hat.

    Die Aufenthaltskarte könnte dem 41-Jährigen aber auch aberkannt werden. Grund dafür: Die Straftaten, die er begangen hat. Eine Abschiebung hält Blum dennoch für unwahrscheinlich. "Eine Rückführung in den Irak ist praktisch unmöglich, außer der Betroffene will das selbst, dann stellt das Land die nötigen Papiere aus."

    Der Experte nimmt an, "dass er eine mögliche Haft in Österreich absitzen wird. Es gibt auch kein Abkommen mit dem Irak, das ermöglicht, die Strafe dort zu verbüßen". 

    Schwer bewaffnete Polizisten kontrollieren Straßen und Brücken

    Das ist am 9. Jänner in Linz passiert:
    Die Linzer Polizei erreichte am Montag gegen 7 Uhr ein verzweifelter Anruf aus der Wiener Straße. Eine 42-jährige Rumänin war am Telefon. Sie erzählte, ihr Lebensgefährte habe ihr gerade mit einem Küchenmesser in den Bauch und Rücken gestochen.
    Die Beamten waren schnell vor Ort, die Frau wurde ins Krankenhaus gebracht. Sofort wurde eine Großfahndung nach einem weißen Kastenwagen ausgegeben. Mit diesem Fahrzeug soll der Iraker laut der Rumänin geflüchtet sein. Was sie nicht wusste: Der Kastenwagen stand in der Werkstatt zur Reparatur, in Wahrheit flüchtete der Mann in einem schwarzen VP Passat.
    Bereits kurze Zeit später kontrollierten schwer bewaffnete Polizisten in Schutzwesten alle Brücken und größeren Straßen in Linz. Dem mutmaßlichen Täter gelang es zuvor aber noch, in die Arbeit seiner Frau zu fahren. Dort soll er einen Arbeitskollegen, den er für ihren Liebhaber hielt, mit zwei Messern bedroht haben.
    Danach setzte er seine Amokfahrt fort. Er rammte auf seiner Flucht schließlich beim Larnhauserweg in Leonding zwei Beamte. Die 20-jährige Polizistin und der 26-jährige Polizist wurden dabei schwer verletzt. Der Iraker nahm dem verletzten Polizisten nach dem Unfall sein Sturmgewehr ab.
    Mit diesem nötigte er einem Autofahrer den Wagen ab. Er setzte seine Flucht mit dem VW Arteon fort. In der Nähe der Meixnerkreuzung in Leonding (Bezirk Linz-Land) baute er allerdings erneut einen Unfall.
    Auch diesmal wollte er wieder ein Auto rauben, gab sogar einen Schuss aus der Waffe ab. Das Projektil landete in einem nahen Hotel-Restaurant.
    Dutzende Einsatzkräfte waren aber schnell vor Ort. Die Beamten schossen fünf- bis sechsmal, verfehlten den Mann aber. Die Schüsse taten aber ihre Wirkung: Der Verdächtige legte die Waffe nieder. Er wurde sofort verhaftet. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
    Der Mann bestreitet die Tat bisher. Der Polizei gegenüber sagte er, er habe weder auf seine Frau eingestochen, noch Polizisten mit einem Auto überfahren. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

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      privat, iStock
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