Ukraine

Abgetaucht – Wo sind Prigoschin und seine 25000 Söldner

Die Wagner-Kämpfer sollen mit ihrem Chef ins Exil nach Belarus, so will es Moskau offenbar. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass das geschehen ist.

Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin (M.) bei einem Treffen mit dem stellvertretenden russischen Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow (l.) und dem stellvertretenden Generalstabschef Wladimir Alexejew.
Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin (M.) bei einem Treffen mit dem stellvertretenden russischen Verteidigungsminister Junus-Bek Jewkurow (l.) und dem stellvertretenden Generalstabschef Wladimir Alexejew.
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Der Chef der Söldner-Truppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, ließ letzten Samstag den Machtkampf mit der russischen Militärführung eskalieren. Seine Kämpfer besetzten zwischenzeitlich unter anderem die südrussische Stadt Rostow am Don und marschierten in Richtung Moskau.

Unter Vermittlung des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko brach Wagner-Chef Prigoschin den Marsch ab. Der langjährige Bekannte und Geschäftsfreund von Russlands Präsident Wladimir Putin, der mit den Eliten in Moskau wenig zu tun hat, ist seit Tagen nicht mehr gesehen worden.

Die Schweizer Journalistin Ann Guenter beantwortete für die "Heute"-Partnerzeitung "20 Minuten", die nun drängendsten Fragen rund um die berüchtigte Gruppe Wagner und das russische Machtgefüge:

Was ist mit den 25.000 Wagner-Söldnern?

Was mit Prigoschins 25.000 Mann starker Söldnertruppe in Russland und in der Ukraine ist, bleibt schemenhaft.

Bis 1. Juli müssen alle russischen "Freiwilligeneinheiten" einen Vertrag mit dem russischen Verteidigungsministerium unterzeichnen, wegen der "Wirksamkeit ihres Einsatzes" im Ukraine-Krieg.

Die "Kadyrowzy" um Tschetschenenführer Ramsan Kadyrow haben den Vertrag bereits unterzeichnet und unterstellen sich damit formal der regulären russischen Armee.

Wagner-Chef Prigoschin hat sich dem bislang verweigert, dann kam der Aufstand.

Putin stellt die Wagner-Söldner nun vor die Wahl: entweder sie unterzeichnen den Vertrag mit dem russischen Verteidigungsministerium und schließen sich in der Ukraine anderen bewaffneten Gruppen an oder gehen nach Belarus, wo auch Wagner-Chef Prigoschin im Exil bleiben soll.

Wo sind sie?

3.000 bis 5.000 Wagner-Söldner hatten sich Prigoschin auf dem Marsch auf Moskau angeschlossen. Es ist unklar, wo sie genau sind.

Wagner-Söldner sind noch immer in den von Russland kontrollierten Regionen der Ukraine, so das US-Pentagon. Es sei «noch zu früh» zu sagen, in welcher Funktion die Truppe für die Dauer des Krieges tätig sein werde.

Es gibt noch keine Anzeichen dafür, dass Wagner-Kämpfer nach Belarus ziehen.

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    Am 24. Juni 2023 kam es zum Aufstand der Söldnergruppe Wagner in Russland.
    Am 24. Juni 2023 kam es zum Aufstand der Söldnergruppe Wagner in Russland.
    REUTERS

    In Syrien, wo Hunderte weitere Söldner stationiert sind, gehen die Wagner-Operationen wohl nicht mehr lange weiter – im Gegensatz zu den afrikanischen Ländern, wo auch der Kreml lukrativ verbandelt ist.

    Interessant: In den Wagner-Rekrutierungsbüros Russlands laufen die Rekrutierungen von Söldnern noch immer weiter.

    Was macht der Kreml mit der Firma Wagner?

    Anfang Woche hatte der russische Präsident Putin bekannt gegeben, dass Wagner "vollständig vom Staat finanziert" werde – ein krasser Gegensatz zu allen Versicherungen der letzten Jahre, dass der russische Staat keinerlei Verbindungen zu Wagner unterhalte. Jetzt gab Putin bekannt, dass Moskau zwischen Mai 2022 und Mai 2023 umgerechnet 940 Millionen US-Dollar an die Gruppe gezahlt habe.

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      Dieser Videoscreenshot soll Jewgeni Prigoschin am Abend des 24. Juni 2023 beim Verlassen von Rostow am Don zeigen. Kurz zuvor hatte er den Wagner-Aufstand überraschend abgeblasen.
      Dieser Videoscreenshot soll Jewgeni Prigoschin am Abend des 24. Juni 2023 beim Verlassen von Rostow am Don zeigen. Kurz zuvor hatte er den Wagner-Aufstand überraschend abgeblasen.

      Ein Investment, das kaum einfach abgeschrieben wird: Der Kreml werde jetzt wohl die formale Kontrolle über die Wagner-Gruppe übernehmen und sie in ein staatliches Unternehmen umwandeln, schreibt das "Institute for the Study of War" in seiner täglichen Analyse.

      Die "Mitarbeiter" von Prigoschins Firma will Moskau nicht nur dem Verteidigungsministerium unterstellen, dem Unternehmen werden offenbar auch die Waffen entzogen: Die Vorbereitungen für die Übergabe von schwerem militärischem Gerät aus dem Wagner-Unternehmen an aktive Einheiten der russischen Streitkräfte sind im Gange, meldete Moskau Anfang Woche.

      Wo ist Jewgeni Prigoschin?

      Prigoschin wurde zuletzt gesehen, als er am Samstag die südrussische Stadt Rostow am Don verließ. Am Montag veröffentlichte er eine Audiobotschaft, in der er erklärte, wieso er den Aufstand abgebrochen hatte. Danach soll er in einem 3-Sterne-Hotel in Minsk aufgetaucht sein.

      Der Kreml und der belarussische Präsident Lukaschenko behaupten, Prigoschin habe sich bereit erklärt, Russland in Richtung Belarus zu verlassen. Er werde nicht strafrechtlich belangt. Es gibt Spekulationen, wonach Prigoschin sich nicht im Exil befinde, sondern in seiner Heimatstadt St. Petersburg mit Putin über seine Zukunft verhandelt. Prigoschin war einst ein enger Verbündeter von Putin. Beide wuchsen in St. Petersburg auf und kennen sich seit den 1990er-Jahren.

      "Zu klein für zwei Alphamännchen"

      Beobachter bezweifeln, dass Priogoschin im belarussischen Exil bleiben werde. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko sei nicht naiv, so Kamil Kłysiński, Belarus-Experte am Zentrum für Oststudien in Warschau. "Die bessere Option für ihn ist es, Prigoschin eine Zeit lang zu beherbergen, ihn dann aber viel weiter zu schicken, vielleicht nach Afrika. Belarus ist zu klein für zwei Alphamännchen."

      Dass der Wagner-Chef in Russland keine Zukunft mehr hat, unterstreichen Berichte, wonach dem Kreml nahestehende Geschäftsleute dabei sind, Prigoschins heimisches Medienimperium zu erwerben.

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        Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View
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