Wien
Abgeschobene Tina (13) ist wieder in Wien
Unerwartete Wende im Fall der im Jänner abgeschobenen Tina: Die mittlerweile 13-Jährige ist wieder in Wien – zumindest die nächsten 90 Tage.
Am 25. Jänner 2021 wurde eine Familie in Wien beim Abendessen von der Fremdenpolizei abgeholt und in einem Simmeringer "Familienunterbringungsgebäude" untergebracht. Zur Überraschung von Klassenkameraden und Lehrern blieb Tinas Platz im Gymnasium Stubenbastei am darauffolgenden Tag leer. Die 12-Jährige Tina, ihre Schwester Lea (5) und Mama Nino saßen nun in Schubhaft.
Es formierte sich breiter Protest, der von Wiens Bürgermeister, der SPÖ, NEOS und Grünen bis hin zum Bundespräsidenten und Vizekanzler reichte. Einzig die Kanzler-Partei ÖVP, allen voran der damalige Innenminister und nunmehrige Bundeskanzler Karl Nehammer, blieb hart. Man könne rechtskräftige Bescheide nicht einfach aussetzen, Tinas Mutter habe die nötigen Behördengänge verpasst und Mitteilungen ignoriert.
Unschöne Szenen
Der mediale Aufschrei war enorm, vor der Anstalt in der Zinnergasse demonstrierten – trotz winterlicher Temperaturen – zahlreiche Menschen gegen die Abschiebung. Darunter mischten sich auch einige Nationalratsabgeordnete. Mitschüler und Aktivisten versuchten, die Einfahrt bis 5 Uhr Früh mit Sitzblockaden abzusperren. Schlussendlich marschierten maskierte Beamte der Spezialeinheit WEGA mit einer Hundestaffel auf, zerrte die Kinder weg und schob die georgische Familie ab.
Tina fand sich nun in einem Land wieder, dessen Sprache sie nicht lesen, nicht schreiben und kaum sprechen kann. Auch wenn in Österreich die Mühlen der Justiz weiter mahlten, eine Maßnahmenbeschwerde anhängig wurde, mussten Tina und ihre Familie fürs Erste in Georgien zurechtkommen. Die 12-Jährige versuchte, das Distance Learning der 3. Klasse des Gymnasiums von Tiflis aus mitzuverfolgen.
Hoffnungsschimmer
Weil man nach einer Abschiebung 18 Monate für einen neuerlichen Aufenthaltstitel gesperrt ist, hätte Tina grundsätzlich bis Juni 2022 am Kaukasus ausharren müssen. Die Entscheidung der Maßnahmenbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht lässt weiter auf sich warten, auch eine Infektion mit dem Coronavirus musste die Wienerin durchstehen. Doch eine weitere Option ließ sie seit August 13-Jährige wieder hoffen: Ein Schülervisum.
Dafür braucht es einen Nachweis über einen Schulplatz, Geld und eine Gastfamilie. Das alles war vorhanden, erklärte Anwalt Wilfried Embacher, der die Familie in Fremdenrechtsangelegenheiten vertritt, Mitte Dezember.
Tina ist zurück
Wie das Nachrichtenmagazin "Profil" im Rahmen einer Reportage berichtet, ist Tina seit Donnerstag wieder in Wien. Bitter dabei: Die 6-jährige Lea und Mama Nino müssen (vorerst) in Georgien bleiben. Der Flieger hob am 30. Dezember um 7.30 Uhr in Tiflis ab. Nach einem Zwischenstopp in Istanbul war es um 13.30 Uhr geschafft: Tinas beste Freundin holte sie vom Flughafen Wien-Schwechat ab.
Wie es nun mittelfristig weiter gehen wird, steht noch in den Sternen. "Der jetzige Besuch erfolgt aufgrund der mit Georgien bestehenden Visumsfreiheit für bis zu 90-tägige Aufenthalte", konkretisiert Anwalt Embacher, der Tina begleitete und ebenfalls intensive Tage hinter sich hat, auf Twitter. "Für Antworten zum Aufenthaltstitel als Schülerin ist es noch zu früh, mittelfristig ist das das Ziel."
Es sei ein "menschenrechtlicher Skandal, Kinder in eine solche Lage zu bringen", sagt er zur ebenfalls mitgereisten "Profil"-Reporterin. "Kinderrechte müssen endlich geachtet werden." Vielleicht wird die im grünen Justizministerium angesiedelte Kindeswohlkommission Verbesserung bringen. Sie wurde als unmittelbare Reaktion auf Tinas Abschiebung ins Leben gerufen.