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"A Bavarian Tale: Totgeschwiegen" – urig bayerisch
Ein Krimi-Abenteuer à la Sherlock Holmes, aber mit bayerischer Sprachausgabe und ebensolchem Humor? "A Bavarian Tale: Totgeschwiegen" bietet das.
Das neue Gaming-Jahr hat bereits früh eine echte Überraschung zu bieten. Mit "A Bavarian Tale: Totgeschwiegen" bringen die Entwickler der Active Fungus Studios ein Rollenspiel mit detektivischem Einschlag für PC auf die Plattform Steam. Einerseits ist das Abenteuer ein gut gemachtes Indie-Rollenspiel mit Erkundungs- und Detektiv-Elementen, auf der anderen Seite ein herrlich witziges Machwerk mit wahlweise englischer oder bayerischer Sprachausgabe und urbayerischen Orten sowie Geschehnissen. Die rund zehn Spielstunden gibt es zudem zum vergleichsweise günstigen Preis von nur 14,99 Euro.
Spieler finden sich in "A Bavarian Tale: Totgeschwiegen" in der Rolle des Physikatsberichterstellers Valentin Schmidt wieder, der im Jahr 1866 von der bayerischen Krone ins beschauliche Dorf Wolpertshofen in Oberbayern geschickt wird und dorthin auch vom Bürgermeister eingeladen wird. Doch nicht alles bleibt friedlich – kurz vor unserer Ankunft ereignet sich ein rätselhafter Mord und fast alle Dorfbewohner reagieren ablehnend auf uns – teils sogar äußerst aggressiv. Oder wie es ein Bewohner im besten Bayerisch sagt: "Doss irgendwer von der Regierung überoll sei Nosn reinsteckt" gefällt kaum jemandem.
Dialog-Optionen führen zu elf verschiedenen Enden
Inmitten einer Atmosphäre der Gewalt und des Schweigens sollen wir in Wolpertshofen dennoch die Dorfbewohner zu den Geschehnissen befragen und den Mordfall schnellstmöglich aufklären. Das funktioniert auf zweierlei Arten. Eine Seite bilden die ganz normalen Dialoge mit den Dorfbewohnern, die die Handlung vorantreiben. Auf der anderen Seite schalten sich aber gewisse Interaktionen nur frei, wenn man zuvor auf der richtigen Spur des Verbrechens war. So lässt sich ein vermeintlicher Zeuge nur befragen, wenn wir einem anderen Bewohner entlocken konnten, dass er das Verbrechen gesehen haben könnte.
Hinzu kommen Gespräche, in denen je nach Wahl der Dialogoptionen auch gleich die gesamte Geschichte verändert werden kann – so will das Spiel je nach Vorgangsweise gleich elf verschiedene Enden bieten. Während diese Dialogoptionen Spaß machen und logisch umgesetzt worden, nerven aber einige Gespräche, in denen Würfel per Zufall über die Fragen und Antworten entscheidet. Ärgerlich ist gar nicht so sehr, dass man keinen Einfluss auf diese Entscheidungen hat (was wenig logisch ist) – sondern dass "falsche" Antworten unsere Fähigkeitswerte verringern und Dialoge frühzeitig beenden können.
Simples Schleich- und Kampf-System, das aber Spaß macht
Neben den Dialogen steht im Spiel vor allem auch Kämpfen und Schleichen am Programm. Wobei schleichen meist die bessere Option ist, denn anfangs wimmelt es rund um das Dorf von Wachen, was bei frontaler Vorgangsweise zu einer Dauerprügelei ausarten kann. Das Prinzip ist recht einfach: Das Spiel zeigt mit grünen Markierungen an, an welchen Plätzen wir vor den Blicken der Wachen geschützt sind. Zudem lassen sich die Wachen mit Überraschungsangriffen von hinten schnell ausschalten. Von vorne dagegen geht es direkt in einen Faustkampf, der aber ebenfalls recht simpel abläuft.
So darf man in den Kämpfen nur zuschlagen und ausweichen, nach genug Schlägen geht der Gegner zu Boden. Um Ausdauer und Gesundheitsbalken zu füllen, darf man zudem Brezen und andere Items nutzen. Kämpfe lassen sich aber meist sowieso komplett vermeiden, indem man einfach wegrennt. Fordernd ist dieser Schleich-Kampf-Mix kaum, unterhaltsam ist er dennoch. Etwas mehr Feinjustierung hätte allerdings der Künstlichen Intelligenz gutgetan. So verlieren Feinde beinahe sofort das Interesse an uns, wenn wir wegrennen – und stehen kurz darauf wieder an ihrem Posten, so als wäre nichts gewesen.
"A Bavarian Tale: Totgeschwiegen" im Test – urig bayerisch
Trotz nicht allzu umfangreicher Handlungsoptionen verfügt das Game Rollenspiel-gerecht über ziemlich viele Skill-Werte, die man mit Fortkommen im Abenteuer selbst erhöhen darf und die jeweils noch mehrere untergeordnete Fähigkeiten stärken. "Wendigkeit" etwa beeinflusst nicht nur die Fortbewegungsgeschwindigkeit des Protagonisten, sondern auch die Reflexe und Ausdauer im Kampf. "Ausstrahlung" wiederum hilft uns in Dialogen mit größerer Überzeugungskraft – und verzweigt sich weiter in Charisma, Autorität und Handelsfertigkeit. Gesamt gibt es sieben Haupt-Skills mit je rund drei Unterkategorien.
Grafisch sieht das Game überraschend gut aus, wenn man einige Bugs und Ruckler außer Acht lässt. Bildschöne Dorfkulisse, detaillierte Natur, schön animierte Figuren, da bleiben wenig Wünsche offen. Und der Clou ist natürlich die bayerische Sprachausgabe – die englische Alternative sorgt da leider für weniger Lacher. Passend zum Spiel kommt der Soundtrack (für 4,99 Euro extra auf Steam) übrigens von bayerischen Komponisten. "A Bavarian Tale: Totgeschwiegen" ist ein urig bayerisches Detektiv-Rollenspiel, das tolle Technik mit unterhaltsamem Humor verbindet. Ein echter Überraschungshit!