Umweltschützer schlagen Alarm

75 Prozent der Wildtiere unserer Erde verschwunden!

Schock-Studie: Die globalen Wildtierbestände sind seit 1970 um fast drei Viertel geschrumpft. Ursache ist die Naturzerstörung.

Bernd Watzka
75 Prozent der Wildtiere unserer Erde verschwunden!
Bedrohte Wasserschildkröte: Abtauchen ist leider zwecklos.
Shutterstock

Die Bestände wildlebender Tierarten schrumpfen dramatisch. Laut dem neuen Living Planet Report des WWF sind die global untersuchten Bestände von Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen seit 1970 um fast drei Viertel eingebrochen.

Der WWF-Bericht basiert auf knapp 35.000 analysierten Wirbeltier-Populationen aus 5.500 Arten, deren Bestände im Durchschnitt um 73 Prozent zurückgingen, heißt es.

Experten sehen "ökologisches Desaster"

"Der rasante Rückgang der Wildtierpopulationen ist nicht nur ein ökologisches Desaster, sondern auch ein Alarmsignal für den dramatischen Zustand unserer Natur – und damit unserer Lebensgrundlagen", sagt WWF-Artenschutzexperte Georg Scattolin.

Ernährungssicherheit und Gesundheit von Milliarden Menschen hänge von intakten Ökosystemen ab. "Nur gesunde Wildtierbestände können ihre Funktionen in der Natur erfüllen. Verschwinden diese, droht auch uns Menschen eine lebensbedrohliche Krise", warnt Scattolin.

Drama in Südamerika: Rückgänge der Wildtierbestände in fünf globalen Bereichen.

WWF fordert globale Naturschutz-Offensive

Um den Rückgang der Wildtierbestände zu stoppen, fordert der WWF eine globale Naturschutz-Offensive. Denn der Hauptgrund für diese dramatische Entwicklung ist nach wie vor die massive Naturzerstörung.

"Wir müssen Schutzgebiete weltweit ausweiten, die Zerstörung artenreicher Lebensräume stoppen, und wir brauchen natürliche Schutzmaßnahmen für den Erhalt der Biodiversität", fordert Scattolin.

Der rasante Rückgang der Wildtierpopulationen ist ein Alarmsignal für den dramatischen Zustand unserer Natur.
Georg Scattolin
WWF-Artenschutzexperte
Kleine Population in Österreich: Luchse sind weiterhin bedroht.
Kleine Population in Österreich: Luchse sind weiterhin bedroht.
Getty Images/iStockphoto

Rohstoff-Nachfrage und Bodenerschließungen

Treiber der Naturzerstörung sind vor allem die hohe Nachfrage nach Rohstoffen sowie die Erschließung von Siedlungsraum oder landwirtschaftlichen Nutzflächen.

"Unser Konsum verursacht weltweit die Abholzung tropischer Regenwälder und Savannen, die Überfischung der Weltmeere und die Verschmutzung von Seen und Flüssen – das darf so nicht weitergehen", sagt Scattolin.

Große Rückgänge bei den tierischen Wasserbewohnern.
Große Rückgänge bei den tierischen Wasserbewohnern.
WWF

Wildtier-Rückgang in Flüssen besonders dramatisch

Besonders dramatisch ist der Rückgang der Wildtierpopulationen in und an Fließgewässern. Fische und andere Arten leiden unter Flussregulierungen, Kraftwerksbauten und Verschmutzung.

So haben die im "Living Planet Report" untersuchten Wildtierbestände in Süßwasser-Lebensräumen weltweit einen durchschnittlichen Verlust von 85 Prozent erlitten.

Fischsterben auch in Österreich

Der katastrophale Trend ist auch in Österreich sichtbar: Derzeit sind 60 Prozent der heimischen Fischarten gefährdet, nur noch 14 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt.

Genau darin sieht der WWF eine Chance: "Die Renaturierung von Fließgewässern hat ein besonders großes Potenzial für den Erhalt der Artenvielfalt und als Schutz vor Klimakrisen-Folgen wie Hochwasser", so Scattolin.

Arten, deren Bestände besonders dramatisch zurückgehen

● Flussdelfin: Sowohl die Amazonas-Rosa-Flussdelfine als auch die Tucuxi-Delfine im brasilianischen Mamirauá-Schutzgebiet sind vom Aussterben bedroht.

● Lachs: Der Rückgang des Chinook-Lachses um 88 Prozent zwischen 1970 und 2022 ist auf die Verbauung der Wanderrouten durch Dämme zurückzuführen.

● Afrikanischer Waldelefant: Innerhalb von zehn Jahren ist die Population des afrikanischen Waldelefanten im Minkébé-Nationalpark in Gabun um 80 Prozent zurückgegangen.

● Luchs: Derzeit leben in Österreich nur noch maximal 35 Individuen in kleinen, voneinander isolierten Beständen, die keine stabile Population aufbauen können.

Afrikanische Elefanten sind stark gefährdet.
Afrikanische Elefanten sind stark gefährdet.
PantherMedia / Dmitryi Bogdanov

Aktiver Artenschutz wirkt – diese Arten geben Hoffnung

● Wisent: Nach dem Aussterben dieser europäischen Bisons in freier Wildbahn im Jahr 1927 erholt sich der Bestand durch Zuchtprogramme, Wiederansiedlungen und Umsiedlungen.

● Berggorilla: Berggorillas zählen zu den am stärksten bedrohten Säugetieren der Erde. Umso erstaunlicher ist ihr Zuwachs in der Grenzregion zwischen Kongo, Ruanda und Uganda.

● Seeadler: Vor 25 Jahren galt Österreichs Wappentier hierzulande als ausgerottet. Mittlerweile ist die Seeadler-Population dank strenger Schutzgesetze auf etwa 70 Brutpaare angewachsen.

Hoffnungsschimmer: Die Berggorilla-Populationen in Afrika haben sich erholt.
Hoffnungsschimmer: Die Berggorilla-Populationen in Afrika haben sich erholt.
Eric Baccega

Hintergrund zum "Living Planet Report"

Der "Living Planet Report" zeigt den ökologischen Gesundheitszustand der Erde – und Wege aus der aktuellen Biodiversitätskrise. Die Studie wird seit 1998 vom WWF (World Wide Fund for Nature) veröffentlicht. Seit 2000 erscheint sie alle zwei Jahre.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • Der neue Living Planet Report des WWF zeigt, dass die globalen Wildtierbestände seit 1970 um fast 75 Prozent zurückgegangen sind, hauptsächlich aufgrund massiver Naturzerstörung
    • Der WWF fordert eine globale Naturschutz-Offensive, um diesen dramatischen Rückgang zu stoppen und betont die Bedeutung intakter Ökosysteme für die Ernährungssicherheit und Gesundheit der Menschheit
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