"Big Day"

6.000 Polizisten bereit: England zittert vor Krawallen

In England und Nordirland werden am Mittwoch erneut gewalttätige Krawallen erwartet. Premier Keir Starmer schickt ein Mega-Polizeiaufgebot dagegen.

6.000 Polizisten bereit: England zittert vor Krawallen
Die Polizei rüstet sich mit 6.000 Beamtinnen und Beamten gegen neue Ausschreitungen.
REUTERS/Hollie Adams

Die britische Polizei bereitet sich auf massive rechtsextreme Krawalle vor. An insgesamt 38 Orten, darunter in der Hauptstadt London, werde am "Big Day" mit Protesten und vermutlich mit Ausschreitungen gerechnet, berichtete der Nachrichtensender "Sky News" unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Randalierer in Rekordtempo angeklagt

Allein am Mittwoch sollen 6.000 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz sein. Doch es gibt Zweifel, ob das ausreichen wird. Die Strafverfolgungsbehörden setzten zudem auf Abschreckung: Von den mehr als 400 festgenommenen Randalierern wurden bereits etwa 100 angeklagt. Laut Justizstaatssekretärin Heidi Alexander sollen von nächster Woche an mehr als 560 zusätzliche Plätze in Gefängnissen geschaffen und die Festgenommenen in beschleunigten Verfahren verurteilt werden.

Premierminister Keir Starmer leitete am Dienstagabend erneut eine Sitzung des Cobra genannten nationalen Krisenstabs, um mit Kabinettsmitgliedern und Vertretern der Sicherheitskräfte über die Lage zu beraten. Zu Reportern sagte er im Anschluss, er rechne noch in dieser Woche mit "substanziellen Verurteilungen" von Randalierern. "Das dürfte eine kraftvolle Botschaft aussenden an alle, die sich direkt oder online beteiligen, dass sie innerhalb einer Woche zur Rechenschaft gezogen werden", sagte der Labour-Politiker.

Asylunterkünfte und Anwaltskanzleien im Visier

Rechtsextreme Ausschreitungen in England und Nordirland halten das Land seit Tagen in Atem. Dabei kam es zu Angriffen auf Sicherheitskräfte, Asylbewerber-Unterkünfte und Moscheen. Autos und Gebäude wurden in Brand gesetzt, Backsteine, Zaunlatten und andere Gegenstände wurden als Schlagwaffen und Wurfgeschosse eingesetzt. Dutzende Polizistinnen und Polizisten wurden verletzt.

Am Rande der Krawallen nimmt die Polizei einen Demonstranten in Rotherham (im Norden Englands) fest.
Am Rande der Krawallen nimmt die Polizei einen Demonstranten in Rotherham (im Norden Englands) fest.
REUTERS/Hollie Adams

Medienberichten zufolge erwartet die Polizei heute, dass auch Anwaltsfirmen und Beratungsstellen, die Asylbewerber bei ihren Anträgen unterstützen, ins Visier rechtsextremer Randalierer geraten könnten.

Auch gewalttätige Gegendemonstranten

In Birmingham wurde ein Pub von vermummten Männern attackiert, die sich rechtsextremen Krawallmachern in den Weg stellen wollten. Berichten zufolge soll es sich um Muslime gehandelt haben, die sich teilweise bewaffnet hatten.

Auf einem Video, das in sozialen Medien kursiert, ist zu sehen, wie ein Mann von einer Gruppe Angreifern mit Palästina-Flagge vor dem Pub niedergeschlagen und getreten wird. Die Polizei in Birmingham wies Vorwürfe zurück, mit zweierlei Maß zu messen, und kündigte an, jegliche Straftaten zu verfolgen. Ein 46-jähriger Mann wurde wegen des Verdachts auf das Tragen einer Angriffswaffe festgenommen.

Auslöser waren Falschnachrichten im Internet

Die rechtsextremen Krawalle entzündeten sich nach einer Messerattacke auf einen Tanzkurs in Southport nahe Liverpool am vorvergangenen Montag, bei dem drei kleine Mädchen getötet und weitere Menschen verletzt wurden.

Im Internet wurden danach Falschmeldungen verbreitet, wonach der Angreifer ein Asylbewerber mit muslimischem Namen gewesen sein soll. Die Polizei widerspricht dem. Es handelte sich demnach um einen in Großbritannien geborenen 17-Jährigen, dessen Eltern aus Ruanda stammen. Das Motiv für die Tat ist unklar.

Regierung kritisiert Internet-Scharfmacher

Die britische Regierung macht unter anderem Scharfmacher im Internet – etwa den bekannten Rechtsextremen und früheren Fußball-Hooligan Tommy Robinson – für die Gewaltexzesse verantwortlich und kündigte an, Social-Media-Unternehmen stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Auch Multimilliardär Elon Musk mischte sich auf seiner Social-Media-Plattform X ein. Er schrieb, "ein Bürgerkrieg sei unvermeidlich", ging dort den britischen Regierungschef persönlich an, den er als "TwoTierKier" (etwa: «Doppelstandard-Kier») verspottete. Starmer ließ sich auf Nachfrage eines Reporters nicht zu einer Reaktion verleiten und betonte stattdessen, sein Fokus liege darauf, die Sicherheit wiederherzustellen.

Schottland und Wales bisher verschont

Betroffen von den Krawallen waren bislang Städte in allen Teilen Englands, wie London, Liverpool, Leeds, Sunderland, Nottingham, Bristol, Plymouth und viele kleinere Orte in deren Umgebung. Auch in der nordirischen Hauptstadt Belfast kam es zu heftigen Ausschreitungen. Ein Mann erlitt dort schwere Verletzungen, als er von einer Gruppe attackiert wurde. Die Polizei geht von Hass als Motiv für die Tat aus, wie es hieß.

In Nordirland vermutet die Polizei eine Beteiligung paramilitärischer Kräfte. Auch mehr als 25 Jahre nach Ende des nordirischen Bürgerkriegs gibt es dort noch immer bewaffnete Splittergruppen aus den protestantischen und katholischen Lagern. Für die Ausschreitungen dürften protestantische Kräfte verantwortlich sein. Bislang keine Krawalle gab es in den britischen Landesteilen Schottland und Wales.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • In England und Nordirland werden erneut gewalttätige Krawalle erwartet, weshalb Premier Keir Starmer ein Mega-Polizeiaufgebot von 6000 Polizisten mobilisiert hat
    • Die Polizei bereitet sich auf massive rechtsextreme Krawalle an 38 Orten vor, während bereits über 400 Randalierer festgenommen wurden und weitere Maßnahmen zur Strafverfolgung geplant sind
    • Die Ausschreitungen entzündeten sich nach einer Messerattacke, bei der Falschmeldungen im Internet verbreitet wurden, und die Regierung kritisiert Scharfmacher im Internet für die Gewaltexzesse
    20 Minuten, red
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