Betrifft jeden Dritten
4.000 Tote jährlich in Österreich aus diesem Grund
Diese Leiden sind in Österreich zunehmend verbreitet. 1,2 Millionen Krankenstandstage sind darauf zurückzuführen.
Schockierende aktuelle Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS): Über 8 Prozent aller Todesfälle (unter 85 Jahre) und knapp 5 Prozent der Gesundheitsausgaben sind in Österreich auf Adipositas (Fettsucht) zurückzuführen, Tendenz steigend (die Studie bezieht sich auf das Jahr 2019). Menschen, die mit 45 Jahren mit Hochrisiko-Adipositas leben, verlieren knapp 5 Lebensjahre bzw. sogar knapp 10 gesunde Lebensjahre. Allein 2019 starben nach diesen Berechnungen etwa 4.000 Menschen in Österreich an den Folgen von Adipositas.
Adipositas muss als Erkrankung anerkannt werden
Die österreichische Adipositas Allianz (ÖAA), ein Zusammenschluss von medizinischen Fachgesellschaften und Patienten-Vertretern, fordert, dass Adipositas in Österreich als eigenständige Erkrankung anerkannt wird, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits definiert. Florian Kiefer, Endokrinologe und Stoffwechselexperte an der MedUni Wien, erklärt: "Patienten mit Adipositas erleben häufig Schuldzuweisungen und Stigmatisierungen und leiden gleichzeitig unter den gesundheitlichen Folgen der Erkrankung, die oft mit Einschränkungen im Alltag und Berufsleben einhergehen."
Neben diesen direkten Auswirkungen von Adipositas stehen die mittelbaren Folgen: So erhöht Adipositas signifikant das Risiko für über 100 Folgeerkrankungen, wie etwa Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auch einige Krebserkrankungen.
Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas/Fettleibigkeit
Übergewicht besteht, wenn die betroffene Person über seinem Normalgewicht liegt. Adipositas (Fettleibigkeit) liegt vor, wenn jemand starkes Übergewicht hat und damit einen krankhaft erhöhten Körperfettanteil. Zur Bestimmung wird meist die Berechnung des Body-Mass-Index (BMI) herangezogen. Liegt dieser über 30, ist man krankhaft fettleibig. Fettleibigkeit kann zu erheblichen Gesundheitsrisiken für eine lange Liste chronischer Krankheiten führen, darunter auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die weltweit zu den häufigsten Todesursachen zählen.
Adipositas - zentrales Problem auch für unsere Wirtschaft
Dr. Thomas Czypionka leitet am IHS die Forschungsgruppe Gesundheitsökonomik und Gesundheitspolitik und erklärt zu den Studienergebnissen: "Wir ermitteln in unserem Modell die Kosten von Adipositas und deren Folgeerkrankungen für das Gesundheits- und Sozialsystem, aber auch für die Wirtschaft in Österreich. Angesichts der Zahlen sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Die Adipositas-Epidemie sollte nicht als Nebensächlichkeit
abgetan werden, sie ist ein zentrales Problem für die öffentliche Gesundheit und unsere Wirtschaft."
So konnte die wirtschaftliche Belastung durch Adipositas berechnet werden. Sie wird auf etwa 2,3 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Rund 5 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben und etwa eine halbe Million Krankenhaustage sind auf Folgeerkrankungen von Adipositas zurückzuführen. Zudem verursacht Adipositas erhebliche Ausfälle auf dem Arbeitsmarkt, die
sich auf etwa 480 Millionen Euro belaufen. Die Studie schätzt, dass Adipositas jährlich zu 1,2 Millionen Krankenstandstagen und zu 5,6 Prozent der neuen Invaliditätspensionen beiträgt.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen die volkswirtschaftlichen Auswirkungen von Adipositas und unterstreichen die Notwendigkeit einer verstärkten Früherkennung und gezielter therapeutischer Maßnahmen. Florian Kiefer resümiert: "Die neue Bundesregierung wird sich in ihren gesundheitspolitischen Schwerpunktsetzungen der Realität stellen müssen, die durch die Studie nun auch für Österreich aufgezeigt wurde. Neben tausenden Todesfällen pro Jahr und den enormen Folgekosten steht das nicht messbare, aber ebenso reale Leid der Betroffenen im Alltag. Bisher existieren in unserem Gesundheitssystem jedoch nur sehr wenige
strukturierte Maßnahmen, um diesen Entwicklungen gegenzusteuern."
Forderungen an die neue Bundesregierung
Daher fordern die ÖAA und die in ihr zusammengeschlossenen Fachgesellschaften die Anerkennung von Adipositas als eigenständige chronische Erkrankung und entsprechende Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung. Weiters die Förderung von Präventionsmaßnahmen, um die Anzahl von Neuerkrankungen zu reduzieren und Folgeerkrankungen zu begegnen sowie ein niederschwelliger und sozial gerechter Zugang zu leitliniengerechten Therapien für Menschen mit Adipositas.
Auf den Punkt gebracht
- Übergewicht und Adipositas sind in Österreich weit verbreitet und führen jährlich zu etwa 4.000 Todesfällen sowie erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten
- Die österreichische Adipositas Allianz fordert die Anerkennung von Adipositas als eigenständige Erkrankung, um Stigmatisierung zu bekämpfen und präventive sowie therapeutische Maßnahmen zu fördern