Experte packt aus
30 Euro – Preis-Schock bei Kaffee bahnt sich an
Die Preise für Kaffee werden in nächster Zeit kräftig anziehen – und das ist laut einem Experten auch gut so.
Kaffee-Experte Steffen Schwarz hat im "Spiegel"-Interview eine Hiobsbotschaft im Gepäck: "Die Preise für Kaffee werden mittel- und langfristig steigen, und zwar sehr deutlich." Nachsatz: "Das ist auch notwendig."
Kaffee sei mittlerweile zur billigen Massenware geworden, das kann jeder schnell sehen, der schon mal die Anbaugebiete bereist hat. Schwarz erzählt in diesem Zusammenhang ein Beispiel. "Ein Kaffeebauer in Mexiko erzählte mir mal, dass sein Großvater sich von einer Lkw-Ladung Kaffee noch einen weiteren Lkw kaufen konnte. Beim Enkel reichte eine Ladung dann Jahre später noch für den Kauf von zwei Hosen."
Klimawandel verschärft Lage
Der jüngste Preisanstieg habe aber nicht mit der besseren Entlohnung der Kaffeebauern zu tun, sondern hat ganz andere Gründe. Vor allem im Billigsegment ist Indien zuletzt enorm wichtig geworden, dort werden immer mehr der geschmacklich weniger komplexen – aber koffeinhaltigeren – Robusta-Bohnen angebaut.
Nun hat ein Zwischenregen große Teile der Ernte zerstört; eine Folge des Klimawandels. Dieser sorgt durch lange Trockenperioden oder heftige Niederschläge auch dafür, dass der Ertrag weniger berechenbar wird. Das mache es schwieriger, Wander- bzw. Saisonarbeiter anzuwerben.
Zu guter Letzt wird mittlerweile auch in den Anbauländern immer mehr Kaffee konsumiert. "Wir haben also weniger Ertrag, Arbeitskräftemangel und zugleich eine steigende Nachfrage", fasst Schwarz die Gründe für den anstehenden Preis-Anstieg zusammen.
25 bis 30 Euro
Und wie bereits gesagt, ist das grundsätzlich auch gut so. Denn bezogen auf Kaffee müsse die Frage gestellt werden, zu welchem Preis dieser so produziert werden kann, dass weder Natur noch Mensch ausgebeutet werden. "Und dieser Wert ist noch nicht erreicht", sagt er dem "Spiegel".
Ein angemessener Preis liegt demnach bei etwa 25 bis 30 Euro pro Kilo, "wenn ich guten Geschmack möchte und mir ökologische und soziale Aspekte wichtig sind". Pro Tasse macht das einen Preis von 25 bis 30 Cent, rechnet der Experte vor. "Wenn wir Nachhaltigkeit wollen, dann müssen wir uns von Kaffeepreisen, wie wir sie derzeit im Supermarkt haben, verabschieden."
Fairtrade-Ablasshandel
Doch aufgepasst: Ein hoher Preis heißt nicht automatisch guter Geschmack und gute Nachhaltigkeit. Wichtig sei, darauf zu achten, wo der Kaffee herkommt. Kann auf der Verpackung der exakte Kaffeebauer oder zumindest die nähere Anbauregion genannt werden, ist das schon mal ein gutes Zeichen.
Vorgeblicher "Fairtrade"-Kaffee beim Diskonter um wenige Euro pro halbes Kilo? "Solche Siegel oder Zertifikate sind für mich Ablasshandel." Die beste Lösung ist für Steffen Schwarz nach wie vor der direkte Handel, im Kaffee-Wording "direct trade" genannt. Röster und Erzeuger sollten Kontakt haben und gemeinsam daran arbeiten, die Qualität zu steigern.
Abschließend will der "Spiegel" wissen: Lohnt es sich angesichts der steigenden Preise, schon mal Kaffeebohnen auf Vorrat zu bunkern? "Wenn sie ranzigen alten Kaffee mögen, dann schon."