Österreich

27-Jährige mit Magen-Botox vergiftet: "Ich war halbtot"

Der Urlaub in der Türkei wurde für Cigdem A. zum Alptraum: Die 27-Jährige aus Perg (OÖ) wurde mit Magen-Botox vergiftet. 

Christine Ziechert
Türkische Kliniken bieten billige Magen-Botox-Behandlungen an, Mediziner Weiser (r.) rät davon ab. 
Türkische Kliniken bieten billige Magen-Botox-Behandlungen an, Mediziner Weiser (r.) rät davon ab. 
iStock/Getty Images (Symbolbild), Foto Brejcha

Monatelang sah sie viel versprechende Videos auf Instagram und TikTok, überlegte hin und her: "Eine Freundin nahm nach einer Magen-Botox-Behandlung in der Türkei 20 Kilo in zwei Monaten ab. Da habe ich beschlossen, es auch zu machen", erzählt Cigdem A. (27) im "Heute"-Gespräch.

Botox ist vor allem bekannt als Mittel gegen Falten. Doch das Nervengift wird auch zur Behandlung bei Übergewicht eingesetzt. Es wird direkt in die Magenwand gespritzt, das Hungerhormon Ghrelin wird so gebremst. Der Effekt ist ein reduziertes Hungergefühl und eine langsamere Magenentleerung.

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    Eingriff in der Türkei dauerte nur 15 Minuten

    Türkische Kliniken, etwa in Izmir und in der Nähe von Istanbul, werben in sozialen Medien aggressiv für die Behandlung – zu einem unschlagbar günstigen Preis, der allerdings auch seinen (gesundheitlichen) Preis hat: "Ich habe 600 Euro bezahlt, musste 150 Euro vorab überweisen. Den Rest habe ich bar vor Ort bezahlt", erzählt die 27-Jährige. 

    Die 1,64 Meter große Oberösterreicherin wog vor der Behandlung 99 Kilo, setzte ihre ganze Hoffnung auf das Magen-Botox. Ende Februar flog sie in die Türkei, am letzten Urlaubstag meldete sie sich in der Klinik rund 40 Kilometer südlich von Istanbul: "Ich war um 9 Uhr Früh nüchtern dort, erhielt eine leichte Narkose. Nach rund 15 Minuten war der Eingriff vorbei, ich habe aber nichts davon mitbekommen. Um 13 Uhr ging mein Flug zurück nach Österreich", erinnert sich Cigdem A. 

    "Es begann mit Schwindel und Übelkeit, dann konnte ich nichts mehr trinken und essen – nicht einmal mehr schlucken. Ich war halbtot" - Cigdem A.

    Nach etwa drei Tagen fingen die Probleme an: "Es begann mit Schwindel und Übelkeit, dann konnte ich nichts mehr trinken und essen – nicht einmal mehr schlucken. Ich war halbtot. Derzeit fühle ich mich noch ein bissi kraftlos, werde schnell müde", berichtet die Oberösterreicherin. Die 27-Jährige kontaktierte die türkische Klinik: "Dort riet man mir nur, dass ich Heißes essen und trinken soll, damit sich das Magen-Botox auflöst."

    Schließlich erfuhr Cigdem A. aus den Medien, dass hunderte Betroffene in der Türkei mit einer Botox-Überdosierung vergiftet wurden, darunter auch Deutsche und Österreicherinnen: "Mein Zustand besserte sich nicht, ich konnte meine Arme und Beine nicht mehr bewegen, das Bett kaum verlassen. Ich war in drei verschiedenen Kliniken in Linz und berichtete von meinen Problemen, aber niemand konnte mir helfen", meint die Zweifach-Mama.

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      ©Picturedesk
      "In der Türkei wurde ein billiges Mittel verwendet, dass in Europa gar nicht zugelassen ist. Zudem wurde die dreifache Dosis gespritzt" - Chirurg Dr. Friedrich Weiser

      Ein Monat lang ging es Cigdem A. wirklich schlecht, schließlich stieß sie auf den Magen-Darm-Mediziner Friedrich Weiser, der u.a. auf Magen-Botox-Behandlungen spezialisiert ist und bei der 27-Jährigen eine Endoskopie durchführte: "In der Türkei wurde ein billiges Mittel verwendet, dass in Europa gar nicht zugelassen ist. Zudem wurde die dreifache Dosis gespritzt, der Eingriff von Nicht-Medizinern durchgeführt", erklärt der Wiener Chirurg.

      Weiser bietet die Methode seit 2020 am Medico Chirurgicum Wien an, führte mehr als 100 Behandlungen durch: "Ebenso wichtig wie das Präparat ist die empfohlene Dosis und entsprechendes Knowhow, diese an den exakt vorgegebenen Stellen im Magen zu platzieren", führt der Mediziner aus.

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        Getty Images

        Bis zu 20 Kilo mit Magen-Botox verlieren

        Das Magen-Botox wird im Rahmen einer Magenspiegelung flächendeckend am unteren Ende der Speiseröhre injiziert. Die Wirkung setzt nach einer Woche ein und hält rund sechs Monate an. Laut Weiser ist die Methode bei leichter bis mittelschwerer Adipositas (BMI zwischen 27 und 40) geeignet, zwischen zehn und 20 Kilo Gewichtsverlust sind möglich.

        "Die Botox-Behandlung ist aber nur der Beginn des Abnehmens. Der Patient muss wirklich motiviert sein, auch seine Ernährung langfristig umzustellen und sich mehr zu bewegen", stellt Weiser klar. Die Behandlung kostet im Medico Chirurgicum rund 1.500 Euro, inkludiert ist auch eine Nachbetreuung samt Ernährungsplan. 

        "Für mich kommt nur mehr eine Kombination aus Diät und Sport in Frage" - Cigdem A.

        Für Cigdem A. ist das Thema Magen-Botox abgeschlossen, eine Behandlung kommt für die 27-Jährige nicht mehr in Frage: "Das Geld ist weg, meine Gesundheit hat gelitten, und der 'Arzt' ist noch immer auf freiem Fuß, obwohl es Tote und hunderte Opfer gab. Für mich kommt nur mehr eine Kombination aus Diät und Sport in Frage", zieht die Oberösterreicherin ein bitteres Resümee. 

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