Niederösterreich
Schuldenfalle Schule: "100eristTropfenauf heißem Stein"
Der Schulbeginn naht und stellt viele Eltern vor eine finanzielle Herausforderung: Denn ein Starter-Paket für Kinder kostet gerne mal 500 Euro.
Für viele Kinder ist der erste Schultag ein spannendes Abenteuer, doch für immer mehr Eltern wird dieser Herbst zur finanziellen Challenge. Günstig war der Schulstart freilich noch nie und die Teuerungen stellen viele Mütter und Väter vor Probleme. Nämlich doppelt: Einerseits sind die Schulartikel teurer, andererseits haben die Menschen durch die Inflation immer weniger Geld in der Haushaltskassa. Ausgaben von bis zu 500 Euro oder mehr reißen ein Loch ins Budget - da reicht für viele die Schulstarthilfe nicht aus - mehr dazu hier.
"Müssen Markenprodukte kaufen"
Für Eltern von Taferlklasslern wird der kommende September besonders teuer, denn die Liste für die Schulmaterialen ist lang. Wer alles ganz neu kaufen muss zahlt ein kleines Vermögen: Ordner, Hefte, Umschläge, Stifte, Schere und Co. machen gleich einmal 130 Euro aus. Vor allem, wenn man Markenprodukte kauft. "In unserer Schule stand explizit auf der Liste, dass wir nur Markenprodukte nehmen sollen. Und diese kosten das Doppelte als No-Name-Produkte", erzählt eine Mutter aus dem Bezirk St. Pölten.
Dann würden noch hinzukommen: Bastelkoffer (20 Euro), Sportgewand und Schuhe (rund 60 Euro - je nach Marke), Schulschlapfen (zwischen 10 und 15 Euro) sowie Utensilien für den Werkunterricht (50 Euro). Dies sind insgesamt nochmal rund 145 Euro.
Bei der Schultasche gibt es kein Preislimit nach oben
Doch dabei ist das teuerste Produkt noch nicht einmal gekauft: die Schultasche. Wer ein Markenprodukt kauft, darf bis zu 260 Euro an der Kasse ablegen. Günstigere Varianten gibt es ab 120 Euro (Anm.: Hier sind keine Schulrucksäcke gemeint). "Die Freunde meines Sohnes haben alle eine Markenschultasche. Doch diese konnte ich mir einfach nicht leisten", gibt eine Mutter zu. Sie suchte nach einer Alternative und fand in einem Second-hand Shop ein älteres Modell einer Markenschultasche um 50 Euro.
Second-hand boomt
Mit diesem Schritt ist die Mutter heuer nicht allein: Viele einkommensschwächere Eltern suchen um Hilfe. Bei diversen Sozialvereinen wurden gut erhaltene Schultaschen gesammelt. "Wenn mich der Verein nicht unterstützt hätte, hätte ich mich noch mehr verschuldet", berichtet ein Vater aus dem Mostviertel. "Ich habe drei schulpflichtige Kinder und eines hat mit der Mittelschule begonnen. Hier wird noch mehr gebraucht", sagt er.
Über 300 Euro für NMS-Start
Dies unterstreicht auch eine Alleinerzieherin aus dem Weinviertel, deren Tochter jetzt in die 2. Klasse einer NMS kommt: "Meine Tochter kam im Herbst 2021 in die Mittelschule. Wir brauchten eine neue Schultasche, Federschachtel, Turngewand (kurze und lange Hose, Turnschuhe, Turnpatscherl), Geodreieck, Zirkel, spezielle Bleistifte, Bastelutensilien wie Schere, teurer Klebstoff, Wolle, Häkelnadeln, Pinseln. Und dann natürlich die ganzen Hefte mit den bestimmten Umschlägen in verschiedensten Farben und Mappen."
Druck unter Kindern enorm
Mehr als 300 Euro habe sie im vergangenen Herbst fürs Schulstarter-Paket NMS ausgegeben. "Und mit der Zeit kommen ständig irgendwelche Bastel- oder Werkbeiträge für ein spezielles Papier oder Holz und Kopierbeiträge in diversen Fächern sowie diverse Schulzeitschriften, die im Prinzip Pflicht sind, weil sie etwa im Deutschunterricht verwendet werden. Und von Ausflügen, Wandertagen, Sportwochen rede ich erst gar nicht", erzählt die 44-Jährige. Denn: Der Druck unter den Kindern sei groß: "Wenn alle Kinder das teure Produkt XY haben, kannst Du nicht Deinem Kind die Billigware kaufen, sonst wird es gnadenlos gehänselt", erzählt die 44-Jährige und fügt an: "Heuer ist alles noch teurer, wenn man ein Kind in einer ersten Klasse - vor allem Volksschule, aber auch Unter- oder Oberstufe - hat, ist es finanziell für Alleinerzieher ein Wahnsinn."
"Schulstarthilfe ist ein Tropfen auf den heißen Stein"
Der Schulstart-100er vom Land NÖ ist für den Vater und die Alleinerzieherin nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Es ist alles um so viel teurer geworden. Wenn jetzt noch die Ausflüge und Schulveranstaltungen hinzu kommen, dann wird es eng", sagt der Vater bedrückt. Wie sich der kommende Winter und die Preissteigerung bei Strom und Gas dann noch zusätzlich auf seine Familie auswirken wird, weiß er nicht. "Dann wird es richtig eng mit dem Geld", setzt der Montagearbeiter in Vollzeit nach.
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