Szene
"Zwingli" Max Simonischek trägt Echthaar-Extensions
Theologe, Kämpfer, Womanzier: Der Schweizer Ulrich Zwingli (1484 - 1531) war vieles – vor allem ein großer Reformator. Für das Biopic schlüpft Max Simonischek in die Kutte.
"Er war gar nicht so sittenstreng und lustfeindlich, wie man heute glaubt. Er trank gerne, spielte mehrere Instrumente, komponierte und war den Frauen nicht abgeneigt", weiß Simonischek über das Schweizer Aushängeschild der Reformation – und schwingt mit indischen Echthaar-Extensions an insgesamt 37 Drehtagen in Deutschland und in der Schweiz die Streitaxt.
"Hab ein gutes Wort für meine Mutter eingelegt"
Das aufwändige Biopic ist der erste Kinofilm (im BR spielten sie 2006 gemeinsam in "Matthäuspassion") an der Seite seiner Mutter Charlotte Schwab (Max: "Ich hab ein gutes Wort für sie eingelegt") und kommt pünktlich zum Start des Zwingli-Jahres im Jänner 2019 auf die große Leinwand. Kolportierte Produktionskosten: knapp 5 Mio. Euro. Der Nestroy-Preisträger (Publikumsliebling) im "Heute"-Talk:
"Heute": Wer ist Zwingli für Sie?
Max Simonischek: Für mich ist er vor allem Humanist, der die Leibeigenschaft, das Zölibat und das Söldnerwesen abgeschafft, das Eherecht und die Armenfürsorge eingerichtet hat. Er hatte eine revolutionäre Kraft und gab den Startschuss für die Demokratie.
Ulrich Zwingli war Pfarrer in der deutschsprachigen Schweiz. Dort reformierte er unter dem Einfluss von Martin Luthers Lehre die Kirche. In vielen theologischen Fragen waren sich Luther und Zwingli einig. Was das Abendmahl betraf, waren sie jedoch nicht gleicher Meinung. Zwingli verstand das Abendmahl nur als Erinnerungsfeier, während Luther daran festhielt, dass sich Brot und Wein beim Abendmahl in Leib und Blut Christi verwandelten. Ermutigt vom Erfolg der Wittenberger Reformatoren, kritisierte Zwingli öffentlich die römisch-katholische Kirche, den Kirchenzehnt und das Eheverbot für Priester. Besonders aufsehenerregend war Zwinglis Billigung eines öffentlichen Wurstessens während der Fastenzeit 1522, obgleich das Essen von Fleisch in der Passionszeit untersagt war. Am 29. Januar 1523 stimmte der Stadtrat von Zürich den 67 Thesen Zwinglis zu und ebnete damit der Reformation den Weg. Um gewaltsame Ausbrüche zu verhindern, verlangte Zwingli eine schrittweise Aufhebung der alten Kirchenbräuche und die allmähliche Einführung einer neuen Gottesdienstordnung.
"Heute": Zwingli war ein sehr widersprüchlicher Mensch. Welche weniger bekannte Facetten haben Sie im Zuge Ihrer Recherche an ihm entdeckt?
Simonischek: Er war gar nicht so sittenstreng und lustfeindlich, wie man heute glaubt. Er trank gerne, spielte mehrere Instrumente, komponierte und war Frauen nicht abgeneigt.
"Heute": Der erste Kinofilm gemeinsam mit Ihrer Mutter – wie kam's?
Simonischek: Ich hab ein gutes Wort beim Regisseur für sie eingelegt, die 10 Prozent Vermittlungsgebühr will sie trotzdem nicht rausrücken.
"Heute": Mussten Sie Haare lassen?
Simonischek: Im Gegenteil. Ich trage Extensions aus indischem Echthaar. Ein Traum.
"Heute": Wie aufwändig sind die Kulissen?
Simonischek: Die Mittelalter-Motive sind sehr besonders, gedreht wird noch bis April in der Schweiz und in Deutschland. Etwa in Großmünster und einer alten Klosteranlage nahe Zürich – Zwingli war vor 500 Jahren selbst in diesen Räumen zugange.
"Heute": Ist beim Dreh bisher alle glattgelaufen?
Simonischek: Naja, fast. Wir haben mit Pferden gedreht, die aber leider nichts von dem gemacht haben, was ausgemacht war. Dann sind sie ganz ausgebüchst und wir mussten sie mit Bananen einfangen.
"Heute": Gibt's etwas, was Sie mit dem großen Reformator gemeinsam haben?
Simonischek: Zeit hatte damals einen ganz anderen Wert, heute ist alles viel schnelllebiger. Trotzdem haben wir beide eine gewisse Ruhe.
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Zürich im Jahr 1519. Die junge Witwe Anna Reinhart (Sarah Sophia Meyer) lebt ein karges Leben zwischen Furcht vor der Kirche und Sorgen um die Zukunft ihrer drei Kinder, als die Ankunft eines Mannes in der Stadt für Aufruhr sorgt: Der junge Priester Huldrich Zwingli (Max Simonischek) tritt seine neue Stelle am Zürcher Grossmünster an und entfacht mit seinen Predigten gegen die Missstände der Katholischen Kirche heftige Diskussionen. Zwinglis revolutionäre Gedanken machen Anna Angst. Als sie aber beobachtet, wie Zwingli Nächstenliebe lebt und nicht nur predigt, gerät sie mehr und mehr in den Bann des charismatischen Priesters. Doch Zwinglis Erfolg wird rasch gefährlich. Seine Ideen lösen beinahe einen Bürgerkrieg aus, und gleichzeitig entbrennt im inneren Zirkel der Bewegung ein Kampf um Macht und Deutungshoheit. Wie radikal sollen die Veränderungen sein? Wie schnell müssen alte Gewohnheiten abgeschafft werden? Als die Reformation ins Stocken gerät und sich die katholischen Kräfte international zu formieren beginnen, wird die Beziehung von Zwingli und Anna auf eine harte Probe gestellt.
"Zwingli – Der Reformator" wird in Schweizerdeutsch gedreht, Regie führt Stefan Haupt: HIER gibt's alle Infos!