Welt
"Stirbt der Amazonas, droht Klima-Katastrophe"
Der Mega-Brand im Amazonas bereitet ETH-Professor Tom Crowther (33) große Sorgen. Brenne der Regenwald, werde es auf der Erde wärmer.
Auf Facebook und Twitter kursieren Bilder, die zeigen, wie Waldbrände im Amazonas wüten. Herr Crowther, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie diese Bilder sehen?
Es zerreißt mir das Herz. Die Bilder sind besorgniserregend: Es brennt das wertvollste Ökosystem der Welt, das ein Speicher von CO2 ist und eine einzigartige Biodiversität bietet. Wir müssen versuchen, dieses zu erhalten.
Der Amazonas-Regenwald gilt als Lunge des Planeten. Wie schlimm ist das Feuer für das Weltklima?
Das Weltklima ist in Gefahr. Ein solcher Brand setzt nicht nur das CO2 frei, das in diesem Wald gespeichert ist. Er limitiert auch die Lunge, zusätzliches CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Wenn Regenwald brennt, steigen die Temperaturen auf der Erde. Es ist ein Teufelskreis: Der Planet wird wärmer, es gibt mehr Brände, dadurch gehen CO2-Speicher verloren und es wird noch wärmer.
Was würde passieren, wenn der Amazonas stirbt?
Wenn der ganze Amazonas stirbt, leben wir auf einem Planeten, auf dem wir nicht mehr leben möchten. Es droht ein Klima-Kollaps: Das CO2 in der Luft würde sich fast verdoppeln. Es wäre massiv wärmer, die Wasserzyklen wären absolut katastrophal, wir hätten riesige Dürren und riesige Überschwemmungen. Hinzu käme der Verlust von Millionen von Tierarten. Zum Glück ist das ein hypothetisches Szenario, von dem ich hoffe, dass es nie eintrifft.
Das Gebiet erlebt die vierte Dürre in 15 Jahren. Auch hat die Zahl der Waldbrände massiv zugenommen. Ist das normal?
Nein. Waldbrände sind zwar natürlich und spielen eine wichtige Rolle in einem Ökosystem. Aber: Der Klimawandel führt zu Dürren, speziell in bewaldeten Gebieten, weshalb die Häufigkeit und Intensität von Waldbränden bereits zugenommen hat. Das heißt, dass Ökosysteme keine Chance mehr haben, sich zu erholen.
Das Feuer hat eine gigantische Aschewolke verursacht. Werden wir das in Europa merken?
Wir haben in Europa selbst eine starke Zunahme von Waldbränden. Dass die Aschewolke hier zu spüren ist, glaube ich nicht.
Brasiliens rechter Präsident Jair Bolsonaro hat NGOs, namentlich Klimaaktivisten, beschuldigt, die Brände gelegt zu haben, um ihm zu schaden. Was sagen Sie dazu?
Das ist absolut lächerlich. Die NGOs stellen sich gegen Bolsonaro, aber ihr einziges Ziel ist der Schutz des Regenwaldes. Sie würden den Wald niemals zerstören. Das würde heißen, die eigenen Ziele zu bekämpfen. Zum Klimawandel haben alle beigetragen, auch wir in Europa. Aber politische Entscheide, das Niederbrennen von Wäldern zu dulden, verschlimmern die Situation.
Was kann jetzt getan werden?
Im Moment verlieren wir zehn Milliarden Bäume pro Jahr. Es gibt viele Projekte, die dem Erhalt des tropischen Regenwaldes dienen. Wir können solche Projekte unterstützen, die auf Spenden angewiesen sind.
(daw)