Sport
"ÖSV-Boss Schröcksnadel ist längst rücktrittsreif"
Antidoping-Experte Wilhelm Lilge sieht nach den Vorwürfen gegen Hannes Reichelt ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel in der Verantwortung.
Nach den Dopingvorwürfen gegen Ski-Star Hannes Reichelt gerät der ÖSV erneut ins Kreuzfeuer. Stundenlang wurde der Speed-Spezialist am Freitag aufgrund des Verdachts der Einnahme verbotener Medikamente von den Ermittlern des Bundeskriminalamtes verhört. Der Salzburger bestreitet die Vorwürfe. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Der Wiener Antidoping-Experte Wilhelm Lilge sieht den Skiverband in der Pflicht. "Präsident Peter Schröcksnadel ist längst rücktrittsreif. Da wurde viel zu lange weggeschaut. Das betrifft nicht nur den Doping-Skandal, auch den Umgang mit Missbrauchsfällen. Und: Die Strukturen im ÖSV begünstigen die Anwendung von Doping, weil viele Athleten ein eigenes Betreuungsumfeld haben", sagt er zu "Heute".
Vier Sportarten kamen im Zuge der "Operation Aderlass" bisher in das Doping-Visier: Langlauf, Biathlon, Eisschnelllauf, Rad. Jetzt steht plötzlich auch der alpine Skisport im Fokus. Was bringt Doping da? Experte Wilhelm Lilge klärt auf: "Doping kann auch im Skisport die Belastungsverträglichkeit und damit die Trainingswirkung verbessern, den Muskelaufbau fördern und die Wiederherstellung nach Verletzungen beschleunigen. Zudem hilft es bei der Regeneration und v.a. im sommerlichen Konditionstraining."
Hannes Reichelt wies in einer Stellungnahme auf der ÖSV-Website alle Vorwürfe zurück. "Ich soll unerlaubte Medikamente zu mir genommen haben, was ich nur vehement verneinen kann. So etwas tue ich nicht. Ich habe immer dafür gekämpft, dass ich meinen Sport sauber mache. Doping ist gesundheitsschädlich und auch Betrug an anderen", erklärte der Salzburger.
Ein kurzer Blick zurück: Im Zuge der Ermittlungen rund um die "Operation Aderlass" ist gegen einen Ex-Langlauftrainer Gerald H. die Untersuchungshaft verhängt worden, auch ein Servicemann und Hannes Reichelt wurden einvernommen. Doch was hat der Ski-Star damit zu tun?
Laut eigenen Aussagen kennt der Super-G-Weltmeister von 2015 den ehemaligen Langlauftrainer aus Schulzeiten. Dieser schreibt seit vielen Jahren seine Trainingspläne. "Ich kann nur sagen, dass Gerald mir gegenüber nie das Thema Doping erwähnt hat", so Reichelt.
Gerald H. wurde im Zuge der Ermittlungen vor allem von Dopingsünder Johannes Dürr schwer belastet. Der überführte Langläufer behauptet, dass Gerald H. ihn mit Epo-Präparaten versorgt habe. Der Anwalt des Ex-Langlauftrainers bestreitet diese Vorwürfe: „Mein Mandant war nie in irgendwelche Dopingmachenschaften von Herrn Dürr verstrickt", betonte Christian Horwath vor wenigen Wochen. Auf „Heute"-Anfrage erklärte er: „Wir wissen nicht, warum mein Mandant in U-Haft genommen wurde. Es gibt keine handfesten Beweise. Kurios, dass die Vorwürfe erst jetzt kommen." Horwath hat bereits einen Enthaftungsantrag gestellt.
Reichelt vermutet die Anschuldigungen aus dem Langlaufbereich: "Von einem ehemaligen Servicemann und einem guten Freund von Johannes Dürr. Dieser Servicemann behauptet, Dopingmittel für Gerald H. besorgt zu haben, die anscheinend für mich bestimmt gewesen sein sollen. Da kann ich ganz klar sagen, dass das nicht der Fall ist. Ich hatte zu dem Servicemann keinen Kontakt und ihn nur ein Mal getroffen."