Schöpfung, Zerstörung, Feuer und Wasser, Liebe und blinde Verehrung sind die Hauptthemen in "mother!", der mit Jennifer Lawrence und Javier Bardem ein sich schauspielerisch perfekt ergänzendes Paar in den Hauptrollen zu bieten hat.
Der 48-jährige Regisseur, der sich mit "Black Swan" ins Rampenlicht schoss, hat sich seit der Verfilmung von "Noah" (2014, mit Russell Crowe in der Hauptrolle) nicht von den alttestamentarischen Texten lösen können.
Gemeinsam mit seinem Co-Author Ari Handel stieß er auf ein Stück, in dem bezugnehmend auf die Schöpfung und die Flut angenommen wird, dass Gott die Welt immer wieder neu erschuf und danach in einer Apokalypse zerstörte. So lange, bis er mit dem Ergebnis vollständig zufrieden ist.
Genau auf diese Annahme baut "mother!" auf. Die von Aronofsky darin gezogenen Parallelen zum biblischen Vorbild liegen offen auf der Hand. Irgendwo in der Wildnis steht auf einer Wiese ein schmuckes Haus, umrandet von Bäumen, zu dem keine Straße führt. Das steht stellvertretende für das Paradies, den Garten Eden.
Friede wird gestört
Im Haus leben ein an einer Schreibblockade leidender Dichter (Bardem) und seine um etliche Jahre jüngere Frau (Lawrence). Er hadert mit seinem kreativen Tief während sie sich alleine um die handwerklich durchaus herausfordernden Renovierungsarbeiten kümmert und dabei eine Art biologische Verbindung zu dem Gebäude zu haben scheint. Beide stehen für die Atribute, die man dualen Schöpferfiguren zuschreibt. Bardem verkörpert die dunkle, reife, gewalttätige und zerstörerische Seite, während Lawrence für Jugend, Fruchtbarkeit und Licht steht.
Mit der Ankunft eines Mannes (Ed Harris) und dessen Frau (Michelle Pfeiffer) ziehen Gewitterwolken im Paradies auf. Als dann auch noch deren zwei zerstrittene Söhne (Brian und Domhnall Gleeson) auftauchen, ist das Chaos im Garten Eden perfekt. Das Quartett erzählt die durch Adam, Eva und ihre Söhne Kain und Abel erschaffene Sünde, die daraufhin die Welt plagt.
Männlich, dominanter Gott
In "mother!" packt Aronofski die Geschichte des Christentums in das Haus, das immer zwischen Zerstörung und Erschaffung hin- und herzupendeln scheint. Er wählt für seine Erzählung allerdings den Standpunkt des männlich, dominanten Gottes, der alle weiblichen Aspekte verleugnet und unterdrückt und hält sich somit an die historische Vorlage, die sich über Jahrhunderte hindurch gezogen hat.
Bardem gibt den liebenden, versöhnlichen Gott, der seinen Schäfchen stets vergibt, im Gegenzug dafür aber das Rampenlicht genießt und verehrt werden will. Lawrence zeigt sowohl Züge der Jungfrau Maria als auch der altgriechischen Göttin Gaia, der personifizierten Erde. Auch sonst finden sich zahlreiche, geschickt in die Handlung verwobene Referenzen zu Religion und Mythologie in dem rund zwei Stunden dauernden Film.
Neben den beiden Hauptdarstellern verleihen auch Ed Harris und vor allem Michelle Pfeiffer als Eva dem Film durch ihr Können zusätzliche Qualität. Speziell die 59-jährige Pfeiffer dominiert durch ihre ungute Präsenz alle Szenen, in denen sie vorkommt.
Lawrence wird von Aronofski den ganzen Film hindurch mit wackeligen Over-The-Shoulder-Shots und extremen Clos-ups von den Kameras eingefangen. So werden die Gefühle der Beklemmung und der Hilflosigkeit, denen ihr Charakter oft ausgeliefert ist, optisch auf die Leinwand übertragen. Dazu trägt auch die fast vollständige Abstinenz von Musik bei. Kaum ein Ton ist in den zwei Stunden zu hören.
Fazit
Mit seinem neuen Machwerk, das im Vorfeld zwar als Psycho- oder gar Horror-Thriller angepriesen worden ist, schlussendlich aber eigentlich gar nicht so gruselig und nervenaufreibend wirkt, werden sich Aronofsky, Lawrence, mit Sicherheit Michelle Pfeiffer und vielleicht auch Javier Bardem wieder die eine oder andere Nominierung für einen Golden Globe sowie einen Oscar erhoffen dürfen.
Die zwei Stunden, die der Film dauert, wirken zu keinem Zeitpunkt langweilig. Man muss auch nicht unbedingt sehr bibel-fest sein, um die grob umrissenen Schöpfungsgeschichte und alles, was danach folgte, auch eindeutig als solche verstehen zu können.
"mother!" lebt von der interessanten Herangehensweise an das Thema, der schauspielerischen Top-Leistungen sowie den sich abwechselnden leisen und chaotischen Momenten.
Ab dem 14. September läuft "mother!" in den heimischen Kinos.