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Das "Teufelsschiff" hat die "Jura" versenkt

Erneut ist ein Taucher beim Wrack des Bodensee-Raddampfers "Jura" verunglückt. Das Schiff hat eine dramatische Geschichte.

Heute Redaktion
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Der 56-jährige Schweizer tauchte am Sonntagnachmittag alleine zum Wrack der "Jura" vor Bottighofen TG in der Schweiz. Aus bisher ungeklärten Gründen kehrte der erfahrene Taucher nicht an die Oberfläche zurück, weshalb ein Kollege kurz nach 15.45 Uhr die kantonale Notrufzentrale alarmierte.

Taucher der Seepolizei konnten den leblosen Mann dann kurz vor 18 Uhr in rund 38 Metern Tiefe neben dem Schiffswrack orten und bergen. Laut der Kantonspolizei Thurgau konnte der Notarzt nur noch den Tod des Mannes feststellen. Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen hat eine Untersuchung zur Klärung der genauen Todesursache eingeleitet.

Ein anspruchsvoller Tauchplatz

Es ist nicht der erste erfahrene Taucher, für den der Tauchgang zum versunkenen Wrack tödlich endet: 2015 ertrank ein versierter deutscher Taucher, 2008 traf es einen Schweizer aus dem Kanton Aargau und schon 2005 waren kurz nacheinander zwei Männer direkt beim Schiff ums Leben gekommen. Es war am Sonntag also bereits der fünfte Todesfall beim Wrack seit 2005. Doch warum wird der versunkene Raddampfer immer wieder zur Todesfalle?

"Normalerweise geht man am Ufer tauchen und kann dieses dann während dem Tauchgang als Orientierungshilfe nutzen", erklärt Murat Antakli, der regelmäßig Expeditionen zur Jura betreut. "Das Wrack liegt mitten im Bodensee, sodass man über einen sogenannten Freiwasserabstieg hinuntertauchen muss." Einem Seil entlang bewegt man sich zum Grund des Sees. "Das Seil ist in diesem Fall der einzige Orientierungspunkt, rundherum sieht man nur grün", so Antakli. Das mache das Gebiet zu einem speziellen und anspruchsvollen Tauchplatz. Er rät: "Jeder, der die 'Jura' anschauen möchte, sollte eine gute Ausrüstung mitnehmen und Bodenseeerfahrung haben."

Ein Tauch-Experte aus dem Thurgau warnt vor Überheblichkeit: "Egal wie erfahren man ist, es ist extrem wichtig, dass man mindestens zu zweit tauchen geht." So könne man sich im Extremfall gegenseitig helfen.

Vom "Teufelsschiff" versenkt

Die "Jura" ist ein 1864 gesunkener Raddampfer und liegt rund 1,3 Kilometer vom Ufer entfernt in einer Tiefe von rund 38 Metern vor Bottighofen TG. Gebaut wurde sie 1854 von der Maschinenfabrik Escher-Wyss in Zürich. Das Schiff hatte eine Länge von 46,3 Metern und mass an der breitesten Stelle 10,25 Meter. Angetrieben wurde sie von einer Dampfmaschine mit 45 PS, was ihr eine Höchstgeschwindigkeit von 18,5 km/h ermöglichte. Erst wurde sie auf dem Neuenburgersee eingesetzt, ab 1861 kam sie auf den Bodensee als Ersatz für das nach einer Kollision gesunkene Dampfschiff "Ludwig".

Nur gerade zwei Jahre danach ging auch sie unter. Im dichten Nebel wurde die "Jura" am 12. Februar 1864 von der "Stadt Zürich" – von den Bayern auch "Teufelsschiff" genannt – gerammt und sank innerhalb vier Minuten. Drei Menschen starben. Das "Teufelsschiff" machte seinem Namen alle Ehre. Zuvor hatte die "Stadt Zürich" nämlich bereits die "Ludwig" versenkt.

1953 zufällig entdeckt

Danach war es lange ruhig um die "Jura". 1953 wurde das Wrack bei der Suche nach abgestürzten Weltkriegsflugzeugen zufällig in rund 38 Metern Tiefe entdeckt. Danach geriet sie wieder in Vergessenheit, bis sie 1976 von Hans Gerber wiederentdeckt wurde. Allerdings war die "Jura" da bereits stark geplündert worden.

Die 2002 gegründete Stiftung Historische Schifffahrt Bodensee (SHSB) hatte deshalb die Absicht, das Schiff zu bergen und zu restaurieren. "Das Wrack wurde so stark geplündert, dem musste man Einhalt gebieten", sagt Otto Egloff, Präsident der Stiftung. Allerdings hätten Bergung und Restaurierung rund vier Millionen Franken gekostet. "Wir wussten, dass das nicht realistisch war, aber wir haben die Leute sensibilisiert", so Egloff. Am 7. Dezember 2014 stellte der Kanton Thurgau das Wrack schließlich als Unterwasser-Industriedenkmal unter Schutz. (red)