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"Wild Hearts" im Test – magische Monster-Jagd

"Wild Hearts" schickt uns in "Monster Hunter"-Manier in die Jagd, setzt dabei aber eigene Akzente. Vor allem Magie spielt eine deutlich größere Rolle.

Rene Findenig
Kann sich durchaus mit der "Monster Hunter"-Serie messen: Auch in "Wild Hearts" geht man auf Monster-Jagd.
Kann sich durchaus mit der "Monster Hunter"-Serie messen: Auch in "Wild Hearts" geht man auf Monster-Jagd.
Koei Tecmo

"Wild Hearts" ist gar nicht mal so leicht zu beschreiben. Zwar schnappt sich das neue Jagdspiel die Basis-Mechaniken der "Monster Hunter"-Reihe, peppt diese aber durch magische Fähigkeiten und kreative Ideen auf und schafft ein Kampf-System, das zwar nicht sonderlich komplex ausfällt, aber an Manga- und Anime-Serien wie "Naruto" erinnert. Bei Feinden, Figuren und Umgebungen wiederum ist deutlich, wofür der Game-Gigant Koei Tecmo (gemeinsam mit Publisher Electronic Arts) bekannt ist: fernöstliche Einflüsse, gottgleich wirkende Monster, kuriose Waffen und Fusionen sowie bildhübsche Kulissen. Eines gleich vorweg: "Wild Hearts" ist keine billige "Monster Hunter"-Kopie und kann sich durchaus mit dem Vorbild messen.

Als Entwickler tritt bei "Wild Hearts" die Koei-Tecmo-Abteilung Omega Force in Erscheinung, die eigentlich bekannt für die Dutzenden "Warriors"-Kampfspiele ist. Angst muss man aber keine haben, denn das Action-Rollenspiel wird nicht zu einem "Warriors"-Hack'n'Slash, obwohl es Elemente des Genres davon verwendet. Die handlung selbst entfaltet sich über die rund 30 bis 50 Spielstunden, kann aber recht einfach zusammengefasst werden: Zwischen Kirschblüten-Parks, eindrucksvollen Bergen und idyllischen Gewässern liegt im (an das feudale Japan erinnernden) Land Azuma das Dorf Minato, das vor den Kemono beschützt werden muss. Diese gigantischen Kreaturen entfesseln – mit der Natur verschmolzen – ihre ganze Kraft.

Bekanntes Grundprinzip, aber mit vielen frischen Ideen

Dorf und Land beschützen, Monster jagen, für Sicherheit sorgen – das alles mag Jägern bekannt vorkommen, "Wild Hearts" knüpft aber geschickt eine Geschichte rund um mysteriöse magische Kräfte, eine lebensnotwendige Technologie und viele erbitterte Konflikte in den Plot ein. Zudem lockern witzige und unterhaltsame Charaktere die ernste Grundstimmung des Games toll auf. Und auch beim Gameplay baut man auf der Formel des Vorbilds auf und streut zahlreiche eigene Ideen ein. Im Mittelpunkt steht die Suche nach und der Kampf gegen die Kreaturen namens Kemono, die in den nicht offenen, aber gigantischen Arealen des Spiels zu finden sind. Einmal aufgespürt und angenähert, starten die mehrstufigen Kampf-Phasen.

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    "Wild Hearts" ist gar nicht mal so leicht zu beschreiben. Zwar schnappt sich das neue Jagdspiel die Basis-Mechaniken der "Monster Hunter"-Reihe, peppt diese aber durch ...
    "Wild Hearts" ist gar nicht mal so leicht zu beschreiben. Zwar schnappt sich das neue Jagdspiel die Basis-Mechaniken der "Monster Hunter"-Reihe, peppt diese aber durch ...
    Koei Tecmo

    Das Game für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X|S bietet den bekannten Ablauf: Gegen Kreaturen kämpfen, Ressourcen sammeln, Ausrüstung herstellen, Fähigkeiten upgraden. Statt aber in sich wiederholende Kämpfe und stundenlange Material-Suchen zu verfallen, kombiniert das Spiel diese Aufgaben mit cineastischen Schlachten und stellt uns Items auch gerne mal ganz automatisch zur Verfügung, um Frust-Momente zu vermeiden. Spielern stehen acht Waffengattungen zur Verfügung, die von klassischen Katana-Schwertern bis zu transformierbaren Stäben und trickreichen Schwert-Schirmen reichen. Je nach Waffentyp reichen die Möglichkeiten von normalen Angriffen über den Einsatz von Magie bis hin zu Block-Angriffs-Kombos.

    Kleinere Auswahl, aber großes Können ist gefragt

    Die Waffenauswahl erinnert etwas an Koei Tecmos "Nioh"-Spiele und ist ein Weg der Entwickler, auch Neulinge abzuholen. Wer auf Katanas setzt, kann sich fast ausschließlich auf leichte und schwere Angriffe beschränken, wer dagegen den Stab benutzt, der sich zu fünf anderen Formen "verwandeln" kann, muss gut getimte und komplexere Angriffe einsetzen. Und wie in "Nioh" ist zwar die Auswahl an Waffen recht überschaubar, eine davon zu meistern aber der Weg zum Erfolg. Und ja, "Wild Hearts" ist streckenweise fordernd und knackig hart, kommt aber nie an die brachiale Schwierigkeit eines "Nioh" heran. Ähnlich verhält es sich mit der nicht allzu großen Zahl an Kemonos, alle verfügen über eigene Angriffsmuster und Verhalten.

    Riesige Wölfe, mit Pflanzen verwachsene Wildschweine, riesige Kampfhühner oder gemeingefährliche Hasenböcke wechseln sich ab, tauchen in unterschiedlichsten Versionen auf und stellen vor allem die Reaktionen der Spieler auf die Probe. Und das schon recht früh, denn nach wenigen Spielminuten steht man schon gigantischen Wesen gegenüber und bekommt eins auf die Mütze. Solo-Spieler werden anfangs etwas Mühe mit der steilen Lernkurve haben, Online-Zocker können aber zu jedem Zeitpunkt einfach einen Koop-Partner einladen. Auch andere Komfort-Funktionen gibt es: Monster können ganz einfach per Zielsuche auf der Weltkarte ausgewählt werden und Items lassen sich direkt in der jeweiligen Umgebung finden und nutzen.

    Teils wunderschöne und zerstörbere Umgebungen

    Grafisch trägt "Wild Hearts" dabei ganz dick auf – streift man mit seinem Begleiter, der auch im Kampf mit Attacken und Items unterstützt, durch die Welt, trifft man an allen Ecken und Enden auf eindrucksvolle Prunk-Paläste, wunderschöne Wald-Lichtungen, in der Sonne glitzernde Gewässer und majestätisch emporragende, schneebedeckte Berge. Bei genauerer Betrachtung beeindruckt die Detailfülle ungemein: Seerosen schwimmen auf den Wasseroberflächen, Kirschblüten wiegen sich im Wind, goldene Ornamente funkeln um die Wette. Cool: In Kämpfen zeigen sich auch viele zerstörbare Umgebungen. Und ja, auch weitläufige, karge Ebenen gibt es, die sind aber bei solchen Szenen wie den geschilderten schnell vergessen. 

    Das Highlight des Games ist aber sein Karakuri-System. Im Spiel darf man Karakuri in verschiedensten Formen herstellen und für so gut wie alles nutzen – vom Speicherpunkt bis hin zur Kemono-Falle, von der Waffe bis hin zur Fortbewegungsmöglichkeit. Anfangs ist man dabei ziemlich beschränkt und kann sich beispielsweise Karakuris bauen, die man als Punkte von Interesse oder zur Wiederbelebung in die Spielwelt stellt. An einem Monster mehrfach gescheitert? Dann am besten ein kleines Lager zur Schnellreise in der Nähe von sammelbaren Heil-Ressourcen schaffen. Lust auf neue Waffen und Upgrades? Dann einfach per Karakuri eine Schmiede in die Welt stampfen. Die Möglichkeiten entfalten sich schnell.

    Das Karakuri-System macht das Spiel vollkommen einzigartig

    Schnell lassen sich Karakuris auch für andere Zwecke wie das automatische Erkennen von Kemonos in der Spielwelt oder im Kampf nutzen. Ganze Arenen lassen sich mit Fallen füllen, oder aber man setzt die Techniken gekonnt im Kampf ein, lockt ein anrennendes Monster gegen eine Karakuri-Barriere oder baut sich eine Art Sprungplattform, um einen schweren Schadens-Treffer zu landen. Auch viel Slapstick-Momente gibt es, etwa wenn ein riesiger Holzhammer ein Monster bewusstlos prügelt. Richtig "wild" wird "Wild Hearts" aber dann, wenn man die Karakuri-Fortbewegungs-Möglichkeiten entdeckt. Dann nämlich zischt mit riesigen Holzrädern ebenso durch die Spielwelt wie mit Gleitschirmen oder legt sich ein System an Seilrutschen an.

    Es ist ein frisches und fantastisch zu spielendes System, das die Experimentierfreude über Stunden hochhält und sich mit etwas Timing auch schnell erlernen lässt. Entsprechend öffnet sich auch die Spielwelt weiter als es in einem "Monster Hunter" bisher der Fall war – das Vorbild mag mehr Kreaturen und Aufgaben sowie Endgame-Inhalte zu bieten haben, "Wild Hearts" dafür mehr Kreativität, Witz und wirklich erkundbare statt nur optisch schöne Umgebungen. Durch die aus sogenannten Drachengruben gewonnen Karakuris, die man in der Spielwelt öffnen kann, errichtet man in gewisser Form auch seine ganz eigene Spielwelt samt Lagern, Abkürzungen und Fallen, die die flüchtenden Kemonos bei der Jagd stoppen.

    Auch die Technik hinterlässt einen exzellenten Eindruck

    Die Karakuri-Funktionen lassen sich durch einen Fähigkeiten-Baum immens erweitern und sind die komplexeste Mechanik im sonst eher ausgeglichenen Game. Das geht so weit, dass man zu einem späteren Zeitpunkt die Karakuris auch miteinander fusionieren kann, um so multifunktionale und gigantische Konstruktionen, die bombastische Feuereffekte auf die Kemonos loslassen oder geradezu lächerlich spektakuläre Flug-, Sprung- und Fallen-Kombinationen bei Angriffen ermöglichen. Damit man aber Kemonos nicht einfach ständig in Fusions-Karakuris laufen lässt und die eigenen Kampf-Skills einrosten, dafür sorgt einerseits eine Begrenzung der zur Herstellung notwendigen Materialien und andererseits eine schlaue Gegner-KI.

    Was "Wild Hearts" außerdem im Kampf anders macht: Schlägt man Wunden in den Körper der Kemonos, kann man manchmal über diese die Kreatur selbst erklimmen und mit deutliche erhöhten Status-Effekten vernichtende Attacken setzen, die selbst verloren geglaubte Kämpfe drehen können. Abgespeckt zeigt sich das Game dafür bei einer eher kleinen Outfit-Auswahl, was jedoch ein sehr ausführlicher Charakter-Editor wiedergutmacht. Das alles darf man dann auch mit sich verändernden Arealen und abwechselnden Jahreszeiten gemeinsam mit zwei anderen Spielern im Online-Koop erleben, wenn man sich das Abenteuer nicht alleine zu Gemüte führen will. Technisch macht das alles, bis auf einige Kamera-Wackler im Nahkampf, einen exzellenten Eindruck.

    "Wild Hearts" im Test – magische Monster-Jagd

    Auch die Steuerung ist auf den Punkt getroffen und wie das Gameplay im Kern recht simpel ausgelegt, die Komplexität bietet "Wild Hearts" vor allem aufgrund der grandiosen Karakuri-Mechanik. Auffällig sind bisher einige kleine Ruckler, die sich aber am Launch-Tag plötzlich drastisch verringerten. Genau da liegt auch einer der Knackpunkte des Spiels, nämlich in der künftigen Betreuung. Ob das Game auf Dauer, also auf mehrere Monate oder gar Jahre gesehen, überzeugen kann, werden künftige Updates und Erweiterungen zeigen müssen, vor allem in Hinsicht auf den interessanten, aber doch sehr überschaubaren Pool an Monstern. Hält sich der Titel in Sachen Update-Politik aber an sein großes Vorbild "Monster Hunter", stehen auch hier hohe dreistellige Spielstunden-Zahlen am Programm. 

    "Monster Hunter"-Fans können jedenfalls unbesorgt zugreifen: "Wild Hearts" ist weder eine billige Kopie, noch ein Zeitvertreib bis zum nächsten Ableger der Capcom-Reihe. Das Spiel baut auf bekannten Mechaniken auf, spart an den Stellen, an denen ein "Monster Hunter" zu überladen wirkt und schlägt genau an diesem Punkt eine vollkommen eigene Richtung ein. Eine fantastische Grafik, das Setting im feudalen Japan, die weit besser erkundbare Spielwelt, gut geschriebene Charaktere, ein simples und gleichzeitig spannendes Kampf-Gameplay und das im Mittelpunkt stehende Karakuri-System machen "Wild Hearts" zu einem außergewöhnlichen Action-Rollenspiel, das mit künftigen Inhalten eine gewaltig gute und große Zukunft bevorsteht.