Oberösterreich
Eltern droht lange Haft – "Massive Gewalt gegen Baby"
Nadine R. (26) und Fahad R. (24) sollen ihrem Baby Asif 2020 mehrere Knochen gebrochen haben. Den Eltern drohen zwischen einem und zehn Jahren Haft.
Als der medizinische Sachverständige die Verletzungen des kleinen Asif aufzählt, gewinnt man den Eindruck, dem Bub wurden alle Knochen gebrochen. Der Salzburger Gerichtsmediziner beschreibt: "Bei Asif wurden ein Oberschenkelbruch, mehrere Rippenbrüche auf beiden Seiten, Eckbrüche an den Wachstumsfugen am Oberarm, ein Schlüsselbeinbruch und ein möglicher Schädelbruch festgestellt."
Dass der Bub nur aus dem Gitterbett oder vom Wickeltisch gefallen ist, schließt der Experte aus. "Solche Verletzungen entstehen nur durch massive Gewalteinwirkungen." Und auch ein Ungeschick im Umgang mit dem Baby hält der Gerichtsmediziner für unwahrscheinlich.
Mehrere Angriffe
Die Eltern sollen das Kind mehrfach misshandelt haben und das über einen längeren Zeitraum. Dafür sprechen laut dem Mediziner zumindest die Verletzungen des Buben. Denn die Rippenbrüche auf der rechten Seite waren deutlich älter als jene auf der linken Seite.
Zum ersten Mal vorstellig wurde Asif im Kepler Universitätsklinikum am 14. April 2020. Damals brachten ihn seine Eltern ins Krankenhaus, weil er ein Hämatom am Ohr und eine Schwellung im Brustraum hatte. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keinen Grund, die Sache weiterzuverfolgen.
Ärztin ordnet Skelettscreening an
Als Nadine R. und Fahad R., der aus Bangladesch kommt, am 16. Mai 2020 erneut mit dem kleinen Asif ins Spital kamen, wurde die diensthabende Ärztin misstrauisch. Der zwei Monate alte Säugling hatte nämlich einen gebrochenen Oberschenkel. Sowas passiere nur bei schweren Unfällen, Stürzen aus großer Höhe oder Kindesmisshandlung, erläutert der Salzburger Gerichtsmediziner.
„"Der Oberschenkelknochen ist der stärkste Knochen im Körper eines Menschen. Um den zu brechen, muss massive Gewalt angewendet werden. Wahrscheinlich ist, dass die Verletzung durch Tritte oder Schläge passiert ist", erklärt der Experte.“
Die Ärztin veranlasste schließlich ein Skelettscreening. Sowohl CT als auch MRT förderten mehrere Knochenbrüche zu Tage.
Alleine elf Rippen gebrochen
So sind dem Buben alleine elf Rippen gebrochen worden und das auf der Rückseite. "Bei Unfällen und Stürzen finden sich die Brüche auf der Vorderseite, bei Kindesmisshandlung allerdings auf der Rückseite", erläutert der Gerichtsmediziner. Wahrscheinlich sei viel mehr, die Eltern haben den Säugling geschüttelt.
„"Es braucht intensive Gewalteinwirkung und Intention, um diese Verletzungen bei einem Säugling hervorzurufen. Es ist indiziert, dass die schweren Körperverletzungen absichtlich herbeigeführt wurden. Die Verletzungen, wie ich sie bei Asif gesehen habe, habe ich so nur im Rahmen von körperlicher Misshandlung gesehen", so der Experte. “
Eltern bekennen sich nicht schuldig
Sowohl Fahad R. und Nadine R. bekennen sich nicht schuldig. "Die Dinge, die der Sachverständige gesehen hat, die haben wir nicht gesehen", so der Vater. Auch eine Kinderkrankenschwester, die den Säugling öfter badete, habe die Verletzungen nicht bemerkt.
Auch Nadine R. behauptet, nie irgendwelche Verletzungen an ihrem Sohn gesehen zu haben. Sie will nicht erkannt werden. Sitzt mit einem Schal und einer Maske verschleiert auf dem Sessel und beteuert ihre Unschuld. "Ich habe mir noch nie etwas zu Schulden kommen lassen." Das Ehepaar stammt aus Linz.
Voll zurechnungs- und schuldfähig
Die Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner attestiert Nadine R. eine verminderte Intelligenz. Sonst sind die beiden laut der Psychiaterin aber voll zurechnungs- und schuldfähig und haben keine Geisteskrankheit. Sowohl Nadine R. als auch Fahad R. neigten aber zu Aggressionen, "wenn sie überfordert sind", so Kastner.
Der Staatsanwalt spricht von einem "tragischen Fall von Kindesmisshandlung". Auch für ihn lassen sich die Verletzungen nicht durch einen Sturz aus dem Kinderbett oder vom Wickeltisch erklären.
Er wirft den beiden vor, ihrem Sohn Asif zwischen 13. April 2020 und 16. Mai 2020 körperliche Qualen zugefügt und ihn in mehreren Angriffen, schwer und absichtlich am Körper verletzt zu haben, indem sie auf ihn einschlugen und ihn zu fest packten.
"Wissen nicht, wer, was, wo und wann getan hat"
Der Verteidiger hält entgegen, dass die genauen Tathergänge nicht bewiesen werden könnten. "Wir wissen nicht, wer, was, wann und wo getan haben soll."
Der Richter vertagte den Prozess, denn das Strafmaß beträgt ein bis zehn Jahre Haft. Hier sei ein Schöffengericht zuständig. Bei einer möglichen Verurteilung wiegt, so der Staatsanwalt, die bisherige Unbescholtenheit der beiden mildernd, das Ausmaß der angewandten Gewalt allerdings erschwerend. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.