Österreich
Wienerin mit 12 Krankheiten: "Habe jeden Tag Schmerzen"
Bei Hannah M. (25) wurden bereits 12 Krankheiten diagnostiziert. Die Wienerin hat jeden Tag Schmerzen, doch medikamentöse Therapie ist keine Option.
Wie belastend chronische Schmerzen sind, davon kann Hannah M. (25) ein Lied singen – wenngleich der Wienerin schon lange nicht mehr zum Singen zumute ist. Bereits seit ihrer Jugend hat die heute 25-Jährige Beschwerden: "Beim Sport haben mir oft Körperteile weh getan, die anderen nicht weh getan haben. Ich hatte zum Beispiel Schmerzen in den Hand- und Fußgelenken. Damals dachte ich, dass das normal ist, dass es einfach Wachstumsschmerzen sind", erinnert sich Hannah M. im Gespräch mit "Heute".
Neben Gelenksschmerzen, Überdehnungen und Luxationen (Ausrenkungen, Anm.) bekam sie laufend Harnwegsinfekte: "Von einem Tag auf den anderen bekam ich damals einen Dauer-Harnwegsinfekt. Irgendwann ist der Schmerz auch ohne Nachweis von Bakterien geblieben", meint Hannah M.
„"Normalerweise hat die menschliche Blase ein Füllvermögen von 750 ml – bei mir sind es aber 1,75 Liter!" - Hannah M. hat eine Blasenentleerungsstörung“
Eine Urodynamische Untersuchung brachte zutage: Es handelt sich um eine neurogene Blasenentleerungsstörung – dabei ist das Urinieren nicht mehr über die Blasenmuskulatur möglich und muss von der Bauchmuskulatur kompensiert werden. Ein weiteres Symptom: "Normalerweise hat die menschliche Blase ein Füllvermögen von 750 ml – bei mir sind es aber 1,75 Liter!", berichtet die 25-Jährige.
Zur neurogenen Blasenentleerungsstörung kam, als Erklärung für den enormen Schmerz, noch die Diagnose Interstitielle Zystitis, eine chronische Harnblasen-Erkrankung, hinzu. Diese ist geprägt von Schmerzen, häufigem Wasserlassen und Harndrang: "Ich habe zwar keinen enormen Harndrang, aber starke Dauerbeschwerden. Vor allem bei Erschütterungen spüre ich stechende Schmerzen. Ich habe mehrfach Therapien gegen den Schmerz probiert, aber im Endeffekt blieb aufgrund der Unverträglichkeiten nur mehr eine Botox-Infiltration übrig, die ich alle sechs Monate durchführen muss", berichtet die Wienerin.
„"Ich habe alle möglichen Schmerzmittel ausprobiert. Aber entweder haben sie nicht gewirkt oder die Symptome verschlimmerten sich" - Hannah M. hat chronische Schmerzen“
Doch wie sich herausstellte, war dies erst der Beginn von Hannah M.'s Leidensgeschichte: "Ich bekam plötzlich an einigen Körperstellen einschießende, brennende Hautschmerzen. Ein Jahr später waren auch Gesicht, Kopf, Rücken, Nacken, Hände und Beine betroffen", erzählt die 25-Jährige. Es wurde eine der beiden Typen von Small Fiber Neuropathie festgestellt – eine Schädigung von Nervenfasern: "Die Haut am ganzen Körper fühlt sich komisch an. Abwechselnd kribbelt oder schmerzt sie. An manchen Tagen bin ich so überempfindlich, dass Kleidung weh tut. Dazu kommt noch ab und an ein Taubheitsgefühl in Armen und Beinen", nennt Hannah M. einige Symptome.
Aufgrund ihrer vielfachen Schmerzen suchte Hannah M. nach mehreren Spezialisten die Schmerzambulanz im Wiener AKH auf: "Wir haben alle möglichen Schmerztherapien ausprobiert, aber ich habe auf die meisten Medikamente sehr schlecht reagiert. Entweder haben sie nicht gewirkt oder die Symptome verschlimmerten sich", meint die Wienerin.
Ärzte stellten bisher 12 Erkrankungen fest
Schuld daran ist das sogenannte Mastzellenaktivierungssyndrom (MCAS), unter dem Hannah M. leidet. Dabei sind die Immunzellen überaktiv und senden ohne Grund eine Abwehrreaktion aus. Neben Hautausschlägen reagiert die 25-Jährige daher auf Medikamente mit innerer Unruhe, Atem- und Magen-Darm-Beschwerden.
Insgesamt zwölf Erkrankungen wurden bei Hannah M. bisher diagnostiziert – viele davon treten oft zusammen auf: Neben den bisher genannten wurde auch das Polizystische Ovariensyndrom (PCOS), das Posturale Orthostatische Tachykardiesyndrom (POTS), Adenomyose (eine Art Endometriose), eine Mannan bindende Lektin-Defizienz, Migräne mit Aura, das Hypermobile Ehlers Danlos Syndrom sowie eine Myalgische Enzephalomyelitis und Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) festgestellt.
„"Es gibt keinen Tag, an dem ich schmerzfrei bin und auch keine Stelle an meinem ganzen Körper, die nicht manchmal weh tut" - Hannah M.“
"Es gibt keinen Tag, an dem ich schmerzfrei bin und auch keine Stelle an meinem ganzen Körper, die nicht manchmal weh tut", erzählt Hannah M., die bisher kaum wirksame Hilfe gegen ihre Schmerzen gefunden hat. Die verheiratete 25-Jährige musste sogar im Winter 2020 ihren Vollzeit-Job aufgeben: "Die Symptome sind damals schlimmer geworden, ich musste kündigen."
Derzeit arbeitet die Wienerin Teilzeit im Home Office, nebenbei macht sie eine Ausbildung: "Mein Ziel ist es, mich selbständig zu machen, damit ich mein Leben um meine Erkrankungen besser planen kann. Zum Glück geben mir mein Mann, meine Familie und meine Freunde viel Rückhalt", versucht die 25-Jährige ihren Optimismus nicht zu verlieren.