Wirtschaft
Eltern stürmen jetzt wegen Kinderschokolade Spitäler
Ferrero musste diverse Kinderschokoladen-Produkte wegen Verdachts auf Salmonellen zurückziehen. Das verunsichert viele Eltern.
Obwohl Schokoladenhersteller Ferrero offenbar seit Monaten wusste, dass in einer Fabrik Salmonellen nachgewiesen worden waren, passierte nichts. Als in Großbritannien mehrere Kinder erkrankten, begann eine große Rückrufaktion von Kinderschokolade-Produkten. Mittlerweile haben zahlreiche Supermärkte sämtliche Bestände von 13 "Kinder"-Produkten aus den Regalen entfernt.
Die Meldungen sorgten europaweit für Schlagzeilen – und führten zu vielen besorgten Eltern. Bei "20 Minuten" meldete sich am Montag eine Pflegefachfrau, die bei einem kantonalen Kindernotfall arbeitet: "Berichte über Kinderkrankheiten bescheren uns immer wieder einen enormen Zusatzaufwand", sagt sie. Die Mail erreichte "20 Minuten" kurz vor drei Uhr nachts, bis dahin habe die Pflegefachfrau sich schon die zehnte Geschichte von besorgten Eltern anhören müssen, dass ihr Kinder auch Überraschungseier gegessen hätten.
"Aufregung wegen Salmonellen ist groß"
Damit ist sie offenbar nicht allein: Simon Fluri, Kinderarzt am Kantonsspital Wallis, sagt: "Das Thema Salmonellen in Kinderschokolade bewegt im Moment stark und hat für viel Verunsicherung gesorgt." Fluri sieht dafür mehrere Gründe: "Es ist gerade bei Kindern ein sehr beliebtes Produkt. Wenn nun die Eltern oder die Großeltern dem Kind eine Freude bereiten wollten und ihm Kinderschokolade gekauft haben und am nächsten Tag lesen sie in der Zeitung, dass diese mit Salmonellen kontaminiert gewesen sein könnte, ist die Aufregung verständlich."
Dazu kommt, laut Fluri, dass aufgrund der Aufhebung der Corona-Maßnahmen derzeit Infektionskrankheiten wie die Magen-Darm-Grippe stark zirkulieren: "Viele Kinder haben im Moment Bauchschmerzen, Übelkeit oder müssen häufig erbrechen. Das hat natürlich meist nichts mit Salmonellen zu tun, dass diese Krankheiten aber gerade jetzt stark kursieren, sorgt natürlich zusätzlich für Verunsicherung."
Im Kantonsspital Wallis seien auch schon einige Verdachtsfälle genauer untersucht worden: "Wenn ein Kind tatsächlich heftigere oder länger anhaltende Symptome hat und zuvor Kinderschokolade gegessen hat, untersuchen wir das." Bisher habe es aber noch keinen nachgewiesenen Fall einer Salmonellenvergiftung nach dem Verzehr von Kinderschokolade gegeben.
"Symptome verschwinden normalerweise nach zwei Tagen"
Auch bei toxinfo.ch sind einige Anrufe zum Thema eingegangen. Das komme bei Rückrufaktionen immer wieder einmal vor. "Wir versuchen den Eltern dann zu sagen, dass es ganz andere Gründe haben kann, dass ihr Kind Bauchschmerzen oder Durchfall hat – auch wenn es kurz zuvor Kinderschokolade gegessen hat", sagt Colette Degrandi, Ärztin bei Tox Info Suisse.
Auch Bojan Josifovic, Kommunikationsverantwortlicher beim Kinderspital Zürich, sagt, eigentlich gebe es kaum Grund zur Sorge: "Eine Magendarmgrippe ist weitaus häufiger als Salmonellen", sagt er. Die Symptome seien ähnlich, vor allem Durchfall und Erbrechen. "Normalerweise verschwinden die Symptome innerhalb von ein bis zwei Tagen wieder, selbst bei Salmonellen. Wichtig ist viel Flüssigkeitszufuhr", sagt Joifovic. Erst, wenn die Symptome länger anhielten oder der Zustand des Kindes sich verschlechtere, sei eine ärztliche Untersuchung angezeigt.
Sechs Salmonellen-Fälle in Österreich
Seit Anfang Jänner 2022 sind in Europa über 150 Personen, hauptsächlich Kinder, an Salmonellen erkrankt. Dieser Ausbruch, verursacht durch einen bestimmten Salmonellen-Stamm (multi-resistente S. Typhimurium monophasisch MLVA 3-11-14-NA-0211 Sequenztyp 34), steht in Zusammenhang mit Produkten der Marke Ferrero Kinder Schokolade, die in einem Werk in Belgien hergestellt wurden.
Das Gesundheitsministerium hat nach Bekanntwerden des Ausbruchs umgehend Ermittlungen in Österreich eingeleitet. Eine Analyse der AGES-Referenzzentrale für Salmonellen zeigt, dass zwischen Jänner und März auch in Österreich aller Voraussicht nach sechs Personen, davon fünf Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren, mit demselben Salmonellenstamm infiziert waren:
Bei fünf Patienten-Isolaten sind die genetischen Untersuchungen bereits abgeschlossen, bei einem Fall laufen die abschließenden Untersuchungen noch. Die AGES ist nun mit der Abklärung eines bundesländerübergreifenden lebensmittelbedingten Krankheitsausbruches beauftragt worden.