Welt
Forscher warnen: Amazonas könnte Savanne werden
Die Zerstörung des Amazonas schreitet rascher voran als bisher angenommen. Neben dem Klimawandel ist auch die ungebremste Abholzung verantwortlich.
Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds könnte einer neuen Studie zufolge schon bald so weit fortgeschritten sein, dass sich das für das Erdklima so wichtige Ökosystem davon nicht mehr erholt. Der Amazonas-Regenwald könnte zur Savanne werden – mit dramatischen Konsequenzen für die ganze Welt, wie Forschende unter der Leitung von Christ Boulton von der britischen University of Exeter am Montag warnten.
Die nachhaltige Zerstörung des Walds haben Klimaforschende schon seit längerem als einen sogenannten Kipppunkt für das Weltklima identifiziert: Das Amazonas-Becken beherbergt die Hälfte des weltweiten Regenwaldes und speichert große Mengen an CO2. Sollte die Region zur Savanne werden, würden Treibhausgase freigesetzt und die Klimaerwärmung sprunghaft beschleunigt.
Widerstandsfähigkeit merklich verringert
Dieses Szenario ist der nun im Fachmagazin "Nature Climate Change" veröffentlichten Studie zufolge sehr viel wahrscheinlicher als bislang angenommen. Mithilfe von Satellitendaten aus 25 Jahren maßen die Forschenden erstmals die Widerstandsfähigkeit des Amazonas gegen Naturkatastrophen wie Dürren und Brände. In mehr als drei Vierteln des Amazonas-Beckens hat sich diese Widerstandsfähigkeit demnach merklich verringert.
Die Klimaerwärmung trägt selbst in erheblichem Ausmaß zur Zerstörung des Amazonas bei. Manchen Berechnungen zufolge könnte das Savannen-Szenario für die Region bei unverändert hohem weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bereits zur Mitte des aktuellen Jahrhunderts hin unabwendbar werden.
Mensch treibt Zerstörung voran
"Aber natürlich geht es nicht nur um den Klimawandel – die Menschen sind damit beschäftigt, den Wald abzuholzen oder niederzubrennen, was ein zweiter Druckpunkt ist", sagte Ko-Autor Tim Lenton der Nachrichtenagentur AFP. "Diese beiden Dinge beeinflussen sich gegenseitig" – sodass der Amazonas-Kipppunkt schon sehr viel früher erreicht werden könnte.
Seit 1970 sind knapp 20 Prozent des Amazonas-Regenwaldes zerstört oder abgeholzt worden – hauptsächlich für die Produktion von Holz, Soja, Palmöl, Biokraftstoffen und die Viehzucht. Seit dem Amtsantritt des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro in Brasilien im Jahr 2019 ist die Entwaldung noch einmal sprunghaft angestiegen.
Kipppunkt-Theorien gibt es viele, wie Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der ebenfalls an der Studie beteiligt war, betont: "Unsere Studie liefert wichtige empirische Beweise dafür, dass wir uns tatsächlich dieser Schwelle nähern".