Wintersport
Girardelli: "Kriechmayr-Sauerei ein Schweizer Problem"
Vincent Kriechmayr siegte in Wengen ohne Trainingsfahrt. Der Schweizer Ski-Boss nannte das "Sauerei". "Heute"-Experte Marc Girardelli ordnet die Lage.
Nach Wengen ist vor Kitzbühel. Morgen steigt das erste Training auf der "Streif". Mit am Start: Vincent Kriechmayr. Das war er zuletzt in Wengen nicht, auch ohne Trainingsfahrt triumphierte der Oberösterreicher auf der längsten Abfahrt der Welt mit einer tollen Fahrt.
Das hat es noch nie gegeben. Die Lauberhorn-Abfahrt überlegen ohne ein Training zu gewinnen. Meines Wissens ist "Vinc" auch der erste Läufer, der mit einem Stemmbogen ein Rennen gewann – seit Toni Sailer 1956 in Cortina.
Das wurmte die Schweizer
Die Ausnahme-Regelung, dass Kriechmayr ohne Training starten durfte, beschäftigte und wurmte die Schweizer enorm. Hintergrund war, dass der Österreicher wegen seiner Quarantäne kein offizielles Training absolvieren konnte und durch einen zwei Sekunden langen Trainingslauf, der sofort hinter der Startschranke wieder abgebrochen wurde, das Reglement erfüllte.
„"Damit hätte Feuz den Uralt-Rekord von Franz Klammer gebrochen"“
So konnte er an den Rennen teilnehmen. Hätte der Doppel-Weltmeister nur eine Top-10 Platzierung erreicht, hätte kein Hahn danach gekräht. Aber mit seinem Sieg stahl er Beat Feuz den vierten Sieg bei der Lauberhorn-Abfahrt. Damit hätte Feuz den Uralt-Rekord von Franz Klammer gebrochen. Schweizer Ski-Geschichte!
Der Schweizer Präsident Lehmann wetterte von "der größten Sauerei, die jemals passiert ist". Das Argument, dass der FIS-Präsident Johan Eliasch, Besitzer der Firma Head, unbedingt einen Head-Gewinner wollte, sticht hier nicht. Denn Feuz fährt ja auf demselben Material.
Klar ist: In der Vergangenheit hat es auch schon Entscheidungen gegeben, bei denen die Schweizer oder andere Nationen bevorteilt wurden. Das passiert im Rennsport immer wieder und kann auch niemals ausgeschlossen werden.
„"Die Leistung von Kriechmayr bleibt für mich unbestritten"“
Die Leistung von Kriechmayr bleibt für mich unbestritten und es ist schade, dass diese in der Schweiz keine Anerkennung findet.
Oder gibt es da vielleicht einen anderen Grund für diese aggressive Positionierung des Schweizer Präsidenten? Vielleicht entstand diese heftige Reaktion von Lehmann auch eher wegen der allzu sicher geglaubten Wahl zum FIS-Präsidenten, die er unerwartet gegen Eliasch verloren hat. Ex-ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel war übrigens zufrieden mit diesem Ausgang.
Dass daraus eine kleine Trotzreaktion erwächst, ist nicht von der Hand zu weisen. In diesem Kontext könnte man seine Reaktion eher verstehen.