Gesundheit
Studie: So einseitig ernähren wir uns heute
Trotz einer enorm großen Lebensmittelauswahl, ernähren wir uns heute einseitiger als vor 100 Jahren. Das sagt eine australische Studie.
Wir leben in der Welt des Überflusses. Wohlstandsbäuchlein hier, noch ein Paar Schuhe da. Auch was das Lebensmittelangebot angeht, schwelgen wir im Schlaraffenland. Und trotz dem wir so eine große Auswahl haben, scheinen wir uns auf eine recht einseitige Wahl festzulegen. Denn die Menschheit ernährt sich heute deutlich weniger vielfältig als noch vor rund 100 Jahren. Das besagt eine Studie der australischen James Cook University.
14.000 Proben analysiert
Nur Völker, die bis heute sehr naturnah leben, zeigen eine ähnliche Ernährungsvielfalt wie die Menschen vor rund 1910 – also vor dem Beginn der industrialisierten Landwirtschaft und Viehhaltung. Um herauszufinden, wie die moderne Landwirtschaft die Ernährung der Menschen verändert hat, haben die Wissenschaftler 14.000 Gewebeproben heutiger und früherer Menschen analysiert. Sie verglichen Kollagen (ein Eiweiß, das etwa ein wichtiger Bestandteil unserer Haut ist), Haare und Nägel von drei Gruppen: Eine moderne städtische Bevölkerung, eingeborene Völker und Menschen vor 1910. Die teils mehrere tausend Jahre alten Proben wurden einer Isotopenanalyse unterzogen.
Die Isotopenanalyse ist ein Verfahren, mithilfe dessen anhand von Knochen und Zähnen noch nach Jahrtausenden festgestellt werden kann, wie und wo Mensch und Tier sich ernährten. Isotope sind verschiedene Atomsorten des gleichen Elements, die sich in der Zahl der Neutronen unterscheiden.
Gemessen wurden Kohlenstoff als Delta-C-13 und Stickstoff als Delta-N-15. Der Delta-N-15-Wert sagt aus, auf welcher Stufe der Nahrungskette die Nahrung des jeweiligen Menschen gestanden ist. Also ob der Mensch Fleisch von Fleischfressern oder Pflanzenfressern gegessen hat oder ob ausschließlich pflanzlich gegessen wurde. Beide Werte zusammen geben Auskunft darüber, wie vielfältig sich dieser Mensch ernährt hat.
Ernährungsvielfalt vor 1910 dreimal so groß wie bei modernen Menschen
Es zeigt sich, dass Menschen vor 1910 sehr unterschiedliche Delta-C-13-und Delta-N-15-Werte hatten. Nur bei Menschen, die sich vegetarisch oder mit extrem großen Mengen Fleisch ernährten, war das Spektrum der Werte eingeschränkt. Die Forscher kommen zu dem Schluss: Die Ernährungsvielfalt vor 1910 und bei Völkern, die noch naturnah leben, ist etwa dreimal so groß wie bei modernen, städtischen Menschen.
Moderne Landwirtschaft und weltweite Lieferketten verantwortlich für Einseitigkeit
Warum ist unsere Ernährung heute, trotz des immensen Angebots, einseitiger als noch vor 100 Jahren? Die Forscher erklären diesen Umstand mit der modernen Landwirtschaft, die sich nur auf wenige Nutzpflanzen und Tiere konzentriere. So kommen nicht alle Apfel- oder Tomatensorten in den Handel, sondern vermehrt die gleichen Sorten. Außerdem werden Futtermittel bei den Tieren angeglichen.
Einen weiteren Punkt sehen die Wissenschaftler in den weltweiten Lieferketten. Diese beiden Gründe führen dazu, dass die Regale in den Supermärkten zwar voll sind - aber weltweit mit den gleichen Lebensmitteln. Daher essen wir immer das Gleiche.