Welt
Versunkenes Dorf taucht nach 30 Jahren aus Stausee auf
An der spanisch-portugiesischen Grenze ist ein Geisterdorf in einem Stausee aufgetaucht. Sogar der 30 Jahre lang versunkene Brunnen funktioniert noch.
Die anhaltende Dürre auf der iberischen Halbinsel sorgte heuer für ein ganz besonderes Schauspiel: im Lindoso-Stausee direkt an der nördlichen Grenze von Portugal und Spanien taucht plötzlich ein Geisterdorf auf. Mit dem sinkenden Wasserspiegel kommen aber auch die dramatischen Erinnerungen an die Vertreibung der Bewohner wieder an die Oberfläche.
Denn 1968 hatten der spanische Diktator Francisco Franco und der portugiesische Staatführer António de Oliveira Salazar gemeinsam vereinbart, den Grenzfluss Lima aufzustauen und Speicherkraftwerke errichten zu lassen. Gleich mehrere Dörfer – Aceredo, Buscalque, O Bao, A Reloeira und Lantemil – mussten dafür geräumt werden.
Knapp 15 Jahre wurde das Projekt zwar immer wieder verschoben, doch mit dem 8. Jänner 1992 wurde es für die Bewohner ernst. Die Talsperren waren fertiggebaut, die Schleusen geschlossen und der Wasserspiegel stieg immer weiter an. Alle Protestmaßnahmen der Einwohner halfen nichts, ihnen wurden die Häuser abgelöst, später sogar enteignet. Einige Sturschädel flohen in allerletzter Sekunde, als ihnen das Wasser nicht nur sprichwörtlich bis zum Hals stand.
Dass das versunkene Örtchen Aceredo nun nach fast dreißig Jahren wieder aus den Fluten auftaucht, lockt zahlreiche Schaulustige in die Region. Wanderer erkunden die Ruinen, in den eingestürzten Häusern sind teils immer noch die persönlichen Gegenstände der früheren Bewohner sichtbar. Sogar der alte Brunnen funktioniert noch und spuckt weiter fließendes Wasser aus. YouTuber Nuno Goncalves hat die gespenstigen Eindrücke mit seiner Drohne auf Video festgehalten:
Ähnliche Dinge ereigneten sich überall in Europa. Auch in Südtirol versank der Ort Graun im Vinschgau in einem Stausee, nachdem die Bewohner von den faschistischen Behörden Italiens enteignet worden waren. Zuvor wurden zwar die Häuser gesprengt, doch der Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert blieb wegen des Denkmalschutzes stehen. Dieser ragt seitdem als bitteres Mahnmal aus dem Wasser.