Brief ans Präsidium

"Zu wenig Fokus" – SPÖ-Ikone kritisiert Babler-Programm

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) meldet sich in einem Brief an das SPÖ-Präsidium zu Andreas Bablers Wahlprogramm zu Wort.

Lukas Leitner
"Zu wenig Fokus" – SPÖ-Ikone kritisiert Babler-Programm
In einem internen Brief äußert sich die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) zum Programm von Andreas Babler.
EVA MANHART / APA / picturedesk.com

Österreich befindet sich mitten im Wahlkampf, die Zeit bis zur Nationalratswahl tickt. Für die Spitzenkandidaten der Parteien muss jetzt alles sitzen und passen – immerhin geht es beim ausgerufenen Kanzlerduell um jede einzelne Stimme. Doch bei SPÖ-Chef Andreas Babler häufen sich die Probleme.

Die SPÖ war in der letzten Woche geplagt von Skandalen rund um die Besetzung eines Freundes von Linzer Bürgermeister Luger für das Brucknerhauses – Babler drohte Luger öffentlich sogar mit einem Ultimatum – "Heute" berichtete ausführlich. Zusätzlich äußerte sich nun auch niemand geringerer als die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures – mittels Brief ans SPÖ-Präsidium – zum Wahlprogramm von Andreas Babler. Sie ortet etwa den Verdacht auf Unernsthaftigkeit.

"Wohlklingende Forderungen"

In ihrem Schreiben äußerte sie sehr präzise und fundierte Kritik gegen das Babler-Konzept. "Das vorliegende Programm stellt ein Kompendium vielfältigster, durchaus auch wohlklingender Forderungen dar, das meiner Auffassung nach aber zu wenig Fokus hinsichtlich realpolitischer Umsetzung vorweist. Damit wird, so fürchte ich, die Glaubwürdigkeit und der ernsthafte gestalterische Anspruch der Sozialdemokratie zu wenig untermauert", wie die "Krone" das Schreiben zitiert.

"Die Relationen der einzelnen Politikfelder zeigen zu wenig Schwerpunktsetzungen und Priorisierungen, verlieren sich aber dafür – in relativ unbedeutenden Bereichen – in liebevollen Details. So werden etwa Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung durch Verkleinerung der Regierungskabinette und PR-Budgets in Aussicht gestellt und gleichzeitig die Planstellen der Finanzverwaltung um zehn Prozent erhöht", moniert Bures.

"Relativ unbedeutende Bereiche"

"Die Schwerpunktsetzung auf zahllose Steuererhöhungen bei gleichzeitigen Forderungen nach zahlreichen kostenlosen staatlichen Leistungen könnte im Angesicht der von der ÖVP-Regierung verursachten schwierigen finanzpolitischen Lage der Republik den Verdacht der Unernsthaftigkeit entstehen lassen", so Bures.

Zusammenfassend kritisiert Bures also die Detailverliebtheit, die das Babler-Papier auf seinen gut 60 Seiten aufweist. "Die Relationen der einzelnen Politikfelder zeigen zu wenig Schwerpunktsetzungen und Priorisierungen, verlieren sich aber dafür – in relativ unbedeutenden Bereichen – in liebevollen Details", wie die "Krone" Bures weiter zitiert: "Beim Forschungsthema wird lapidar die erhöhte Finanzierung für Grundlagenforschung avisiert, während im Landwirtschaftsteil die Erhöhung des Anteils der Bio-Imker von derzeit drei auf zehn Prozent angekündigt wird".

"Leider nicht das erste Mal"

Bures' Kritik in der Präsidiumssitzung am Donnerstag hätte sich aber vor allem auf den Prozess bezogen, wie dieses Wahlprogramm zustande gekommen sei. Dabei fehle nämlich eine "fundamentale demokratische Legitimation". Bures monierte zudem: "Es ist leider nicht das erste Mal, dass bei öffentlich präsentierten Forderungen der SPÖ insinuiert wird, dass diese auf breiter demokratischer Basis beschlossen worden seien. Auf diese Fehlentwicklung wollte ich hinweisen, weil wir uns dadurch nach innen und außen schwächen und angreifbar machen."

Wie sehr sich der Brief auf die innerparteiliche Lage der SPÖ auswirkt, gilt abzuwarten. Nach außen hin könnte das Schreiben von Bures aber doch noch einige Wähler verunsichern.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • Die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures kritisiert in einem Brief an das SPÖ-Präsidium das Wahlprogramm von Andreas Babler und bemängelt die fehlende Ernsthaftigkeit und demokratische Legitimation
    • Sie moniert die detailverliebte Ausgestaltung des Programms und die mangelnde Priorisierung in wichtigen Politikfeldern, was die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie schwächen könnte
    • Bures' Kritik könnte sowohl die innerparteiliche Lage der SPÖ als auch potenzielle Wähler beeinflussen
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