Umstrittenes Urteil

Zu pornosüchtig – Pädo-Pfarrer wird aus Haft entlassen

Auch während der Therapie konsumierte der Mann weiterhin Kinderpornografie. Da sich keine Verbesserung zeigte, wurde er nun entlassen.

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Zu pornosüchtig – Pädo-Pfarrer wird aus Haft entlassen
Ein Schweizer war über Jahre als Pfarrer und Seelsorger aktiv, während er exzessiv Kinderpornografie konsumierte.
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Über Jahre konsumierte der Schweizer exzessiv Kinderpornografie – teilweise bis zu acht Stunden täglich, wie das Bundesgericht 2020 in seinem Urteil schreibt. Zugleich arbeitete der Mann von 2000 bis 2013 in verschiedenen reformierten Kirchgemeinden im Aargau als Pfarrer-Stellvertreter und war in Bern und St. Gallen auch als Seelsorger tätig.

Auch seine Heirat, die später in die Brüche ging, mehrere Kündigungen, eine Gruppentherapie und Strafverfahren in drei Kantonen hielten den Pfarrer nicht davon ab, die illegalen Filme anzuschauen und weiterzuverbreiten. 2013 verurteilte ihn das Kreisgericht Toggenburg zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zugunsten einer ambulanten therapeutischen Maßnahme aufgeschoben wurde. Nach dreieinhalb Jahren und positiven Therapieberichten hob der Kanton St. Gallen die Maßnahmen gegen den Mann dann wieder auf, wie die "Aargauer Zeitung" schreibt.

Pfarrer konsumierte Kinderpornos und schrieb an 15-Jährige

In Wirklichkeit machte der Pfarrer aber genau so weiter wie in den Jahren zuvor und konsumierte auch in der Zeit, in der er an Therapiesitzungen teilnahm, weiterhin illegale Pornos. Dann nahmen die Behörden Ermittlungen auf, das Bezirksgericht verurteilte den Mann 2018 zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten. Diese Haftstrafe wurde zugunsten einer stationären psychiatrischen Behandlung, auch als "kleine Verwahrung" bekannt, aufgeschoben. Von dort aus schrieb er einen Brief mit pornografischen Inhalten an eine 15-Jährige – und wurde dafür ebenfalls verurteilt.

2020 zog der Schweizer dann vors Bundesgericht, um sich gegen die stationäre Maßnahme zu wehren, die damals bereits länger andauerte als die Haftstrafe, blitzte damit jedoch ab. Im August 2023 endeten dann die fünf Jahre, für die das Bezirksgericht die stationäre Maßnahme verhängt hatte. Bereits im Vorfeld beantragte der Aargauer Justizvollzug eine Verlängerung um zwei Jahre, wogegen sich der Mann ebenfalls wehrte.

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Da die Zeit nicht reichte, verhängte das Bezirksgericht ab August 2023 Sicherheitshaft und gab zugleich dem Antrag des Justizvollzugs statt, wogegen der Pfarrer Beschwerde beim Obergericht einlegte. Dieses hat ihm nun Recht gegeben und den Beschluss zur Verlängerung der stationären Maßnahme aufgehoben – stattdessen sei der Mann sofort zu entlassen.

Experten einig: Pfarrer ist weiterhin eine Gefahr

Denn für eine Verlängerung der stationären Maßnahme muss weiterhin eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bestehen – dass diese nach wie vor gegeben ist, darüber sind sich Therapeuten, Gutachter und Ärztinnen einig. Um eine Verlängerung der Maßnahme zu ermöglichen, muss aber auch eine Wirkung erkennbar sein und das Rückfallrisiko deutlich gesenkt werden.

In diesem Punkt sieht die Beschwerdekammer des Aargauer Obergerichts keine Hoffnung mehr für den Pfarrer. "Das Risiko, dass der Pfarrer weiterhin Kinderpornografie konsumiert, lässt sich nicht annähernd ausschalten, sondern höchstens leicht reduzieren", schrieb etwa eine Gutachterin im Mai 2022. Auch das Gericht fürchtet, dass der Mann "auch in Zukunft in einem nicht zu prognostizierenden Ausmaß Kinderpornografie konsumieren" werde. Die Verlängerung der stationären Maßnahme wurde deshalb abgelehnt, der Mann soll umgehend aus der Sicherheitshaft freikommen.

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