Niederösterreich
"Wurden im Stich gelassen" – große Wut nach Dammbruch
Das Tullnerfeld wurde besonders vom Hochwasser getroffen – auch wegen Dammbrüchen. Kritik wird laut, die Sanierung sei zu lange verschleppt worden.
Nach dem Flut-Drama kommt jetzt die Wut: "Zwentendorf mit seinen sieben Katastralgemeinden liegt wie in einer Badewanne, während der starken Regenfälle ist der Perschling-Damm an mehreren Stellen gebrochen", so Sabine Pengl (47), Neos-Gemeinderätin aus Dürnrohr, einer Katastralgemeinde von Zwentendorf, und selbst Hochwasser-Betroffene.
Nach den Flutmassen kommt nun das Grundwasserproblem: "Da sich in den meisten Kellern Wasserpumpen, Heizungen und Warmwasserboiler befinden, können die Menschen weder WC, Duschen noch Heizungen benutzen. Viele haben das Gefühl: Wir wurden im Stich gelassen. Dabei hat es andere Familien noch weitaus schlimmer getroffen wie mich."
Alle gewusst, "dass der Damm marode ist"
Pengl kritisiert, dass der Landesregierung "bewusst war, dass der Damm marode ist", 2023 waren Pläne zur Sanierung vorgestellt worden, das Projekt aber nicht sofort zur Umsetzung gekommen. Bei der Projektpräsentation seien Szenarien vorgestellt worden, was bei einer Hochwasser-Katastrophe passieren könnte: "Und genau 1:1 ist es jetzt so gekommen."
"Gefühl, vergessen worden zu sein"
Pengl enttäuscht: "Das Schlimmste an dieser verheerenden Situation ist, das wir hier alle das Gefühl haben, vergessen worden zu sein. Für ganz Österreich ist das Hochwasser vorbei und man geht zum Normalbetrieb über, bei uns leider noch nicht. Aber niemand schert sich darum."
Hochwasser-Katastrophe in Dürnrohr
"Immer wieder vertröstet worden"
Die Bevölkerung sei immer wieder vertröstet worden, auch die Bürgermeisterin übt auf der Gemeindehomepage in detaillierten Schilderungen zur Flut-Katastrophe Kritik an den Verantwortlichen.
Die Neos-Gemeinderätin will aber auch den Zusammenhalt hervorkehren: "Unfassbar, was hier bewegt worden ist, die ganze Solidarität, die Hilfe untereinander und den Einsatzkräften. Auch Frau Bürgermeisterin Marion Török (Anm.: SPÖ) gilt großer Dank."
Seitens der zuständigen Abteilung der Landesregierung heißt es auf "Heute"-Anfrage zu der Situation im Tullnerfeld: "Allen voran ist anzumerken, dass der schwere Schicksalsschlag für die Bewohner der betroffenen Gemeinden von der NÖ Landesregierung äußerst ernst genommen wird und von einem Übergang zum Normalbetrieb sicherlich noch nicht gesprochen werden kann. Ein Hochwasser-Ereignis, das in dieser Dimension flächenhaft das ganze Land überflutet, hat es bisher noch nie gegeben."
"Beispiellose Naturkatastrophe"
Und weiter: "Zehntausende Einsatzkräfte, darunter neben der Feuerwehr, Bundesheer etc. auch viele Landesbeamte, sind bei dieser beispiellosen Naturkatastrophe im Einsatz gewesen und viele von ihnen sind es auch zur Stunde noch, auch und gerade im Tullnerfeld. Durch behördliche Anordnung und Zusammenarbeit von Feuerwehr, Bundesheer, Landesexperten und Spezialfirmen wurde auch das Loch im Damm binnen Stunden saniert."
Der Planungs- und Bewilligungsprozess für derartige Hochwasserschutzanlagen nehme aufgrund der zum Teil unterschiedlichen Interessen der involvierten Verfahrensparteien "wesensgemäß Zeit in Anspruch". Dies gelte umso mehr, "wenn zusätzlich auch außerplanmäßige Einflussfaktoren (wie im konkreten Fall der Artenschutz) auf das Verfahren einwirken. Und auch nach erfolgter Bewilligung kann es noch nicht sofort an die bauliche Umsetzung des Projekts gehen, sondern laufen ab hier die Detailplanungen durch Experten und Baufirmen und Auftragsvergaben".
"Bemessungsgrundlage deutlich überschritten"
Darüber hinaus sei es "wichtig zu bedenken, dass Hochwasserschutzbauten immer auf ein 100-jährliches Bemessungsereignis ausgelegt sind. Bei dem Ereignis im September 2024 wurde diese Bemessungsgrundlage an der Perschling aber deutlich überschritten".
Bedauerlicherweise habe sich hier "jenes Restrisiko eingestellt, das man bei Naturgewalten in diesem Ausmaß nie ausschließen kann, selbst wenn ein Verlangen nach absolutem Schutz aus menschlicher Sicht vollkommen nachvollziehbar ist".
Auf den Punkt gebracht
- Das Tullnerfeld in Niederösterreich wurde durch Hochwasser und Dammbrüche schwer getroffen, was zu großer Wut und Kritik an der Landesregierung führte, da die Sanierung des maroden Damms verschleppt wurde
- Trotz der massiven Hilfsmaßnahmen und Solidarität vor Ort fühlen sich viele Bewohner im Stich gelassen, da die Normalität noch nicht zurückgekehrt ist und die Verantwortlichen die Dringlichkeit der Situation nicht ausreichend berücksichtigt haben