Einsamer Rebell
Wohnt hier der mutigste SPÖ-Wähler Österreichs?
Die Detailergebnisse der EU-Wahl in Österreich sind da. Sie bringen kuriose Konstellationen und bestätigte Klischees zutage.
Die EU-Wahl ist endgültig geschlagen, alle Stimmen ausgezählt. Nochmal zum Überblick: Die FPÖ gewinnt mit 0,9 Prozentpunkten Vorsprung die Wahl, kommt auf 25,4 Prozent. Dahinter folgen die ÖVP mit 24,5 Prozent, die SPÖ mit 23,2 Prozent, die Grünen mit 11,1 und NEOS mit 10,1 Prozent. Bundesweit drei Prozent wählten die KPÖ, 2,7 Prozent DNA.
Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse auf Gemeinde- und Sprengel-Ebene zeigt sich noch so manch kurioses Wahlverhalten.
Blaue Polizeisiedlung
Auf der Wien-Karte etwa sticht einmal mehr der Sprengel 44 im eigentlich tiefroten Ottakring heraus. Schon 2015 und 2020 machte das darin gelegenen Polizeiwohnheim Schlagzeilen, bis zu 65 Prozent wählten dort die FPÖ.
Bei der heurigen EU-Wahl ist der Sprengel etwas größer, umfasst drei weitere Gebäude. Trotzdem kommt die FPÖ auf exakt 47 Prozent, die SPÖ nur auf 19 – was den Sprengel blau werden lässt. Für den einzigen Wiener Sprengel mit FPÖ-Absoluter ist übrigens der Schlingerhof am Floridsdorfer Markt verantwortlich. 50,71 Prozent wählten hier blau.
Den Klischees gerecht werden auch jene Wiener Sprengel, in denen mehrheitlich NEOS gewählt wurde: Pötzleinsdorf, Kahlenbergdorf oder die Uferhäuser an der Alten Donau, wo die Dichte an Bootsbesitzers entsprechend hoch sein dürfte. Ober St. Veit wird freilich auch standesgemäß zwischen ÖVP und NEOS aufgeteilt.
Roter Rebell im Bergdorf
In einer völlig anderen Liga spielt die Tiroler Gemeinde Gramais, die mit 40 Einwohnern auch die kleinste Österreichs ist. Dort gingen 26 Personen zur Wahl und waren sich beinahe einig. 25 von ihnen wählten brav die ÖVP, ein einziger setzte sein Kreuz bei der SPÖ – und wird dadurch zum wohl mutigsten Sozialdemokraten des Landes.
Es könnte sich aber auch nur um einen besonders launigen Wechselwähler handeln. Denn schon bei der Nationalratswahl 2019 stimmte eine Person nicht für die ÖVP, sondern für die Grünen. Bei der Tirol-Wahl 2022 gab es wieder nur ÖVP-Stimmen und eine Person, die Liste Fritz wählte.
Die Hochburgen
Die FPÖ-Hochburg Österreichs liegt ebenfalls in Tirol: Von den 73 Wahlberechtigten in Spiss gingen nur 20 zur Wahl. 14 davon entschieden sich für die FPÖ, die damit auf 70,0 Prozent kommt.
Für die Grünen war die Hochburg das Klischee bestätigend Wien-Neubau (30,7 Prozent), bei den NEOS Lech am Arlberg (22,1 Prozent). In der Nachbargemeinde Kaisers fuhr die DNA mit 25,8 Prozent ihr bestes Ergebnis ein, das durch acht Stimmen zustande kam. Hochburg der KPÖ ist der 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus, wo sie mit 1.423 Stimmen auf 7,5 Prozent kommt.