Stimmt Frankreich zu?

Wissenschafter warnten – Handyüberwachung könnte kommen

Frankreich könnte nun plötzlich doch dem Entwurf für eine Messengerüberwachung zustimmen. Das Gesetz stößt bereits auf enormen Widerstand.

Lukas Leitner
Wissenschafter warnten – Handyüberwachung könnte kommen
Mit einer Zustimmung von Frankreich würde die Sperrminorität wegfallen. Der Gesetzesentwurf würde dann in den Trilog gehen.
Jens Büttner / dpa / picturedesk.com

Obwohl Experten warnen, könnte die EU einen neuen Beschluss über das Gesetz zur Überwachung von Messengerdiensten abschließen. Vor einigen Monaten hatten sich noch zahlreiche Länder aus prinzipiellen Gründen gegen die Novelle ausgesprochen. Darunter auch Frankreich, was die Sperrminorität aufrechterhielt. Nun soll es aber Zustimmung signalisiert haben. Somit könnte in wenigen Tagen darüber abgestimmt werden, wie "Netzpolitik.org" berichtete.

Kompromiss für Einigung

Der Grund für den Meinungswechsel Frankreichs sollen Änderungen im Entwurf sein. Ein Kompromiss soll dem belgischen Ratsvorsitz bereits übermittelt worden sein. Kommt es zur Einigung, fällt die Sperrminorität. Was sich aber genau ändert, ist offiziell nicht bekannt, da die Gremien im Geheimen tagen. EU-Abgeordneter Patrick Breyer von der Piratenpartei vermutete, dass Frankreich eine Änderung im Wortlaut im Hinblick auf das Thema Verschlüsselung vorsieht.

Immerhin hätte das Land in der Vergangenheit darauf beharrt, dass man einer Schwächung der Verschlüsselung nicht zustimmen würde. Durch eine Anpassung der Formulierungen könnte nun aber ein Schlupfloch geschaffen werden.

Das soll kommen

Die aktuellen Pläne für das Gesetz sehen ein sogenanntes "Client-side Scanning" vor. Dabei können die Chat-Apps selbst und direkt am Smartphone die Kontrolle übernehmen. Argumentiert wird die Erschaffung des Gesetzes damit, dass sexualisierte Gewalt gegen Kinder oder auch Terrorismus besser überwacht werden können. Aus dem Innenministerium hieß es dazu, dass ohnehin nur im "schwerstkriminellen Bereich" mitgelesen werden soll.

Lage in Österreich angespannt

Die Debatte hatte in der Koalition schon für eine angespannte Stimmung gesorgt, denn die Grünen hatten sich darüber beschwert, dass bereits vor eineinhalb Jahren im Parlament ein Beschluss gegen die Pläne für eine Messengerüberwachung gestimmt wurde. Eingebracht wurde dies von den Grünen und unterstützt von SPÖ, NEOS und auch der ÖVP. Letztere soll sich aber in Brüssel für die Überwachung starkmachen. Das sollen durchgesickerte Sitzungsprotokolle zeigen, wie der "Standard" berichtete.

Hunderte Wissenschafter warnten

Schon Anfang Mai gab es eine Gruppe von mehreren hundert Wissenschafter, welche sich in einem offenen Brief gegen das "Client-side Scanning" aussprachen und sogar davor warnten: Immerhin würde ein solches System Tür und Tor für Massenüberwachung öffnen und demokratisch gefährlich sein.

Auch die Chefin des Messengerdienstes "Signal", Meredith Whittaker, äußerte sich zu der Debatte. Für sie sei dabei klar, dass man keinesfalls Spionagesoftware einbauen werde. Wird das Gesetz beschlossen, so würde Signal den Standort EU verlassen. Damit zeigt sich auch ein kohärentes Problem, denn jene "Schwerstverbrecher", die das Ziel der Messengerüberwachung sind, können problemlos eine App aus einer anderen Region nutzen, welche nicht den EU-Auflagen folgen muss.

Gesetz sei "rechtswidrig"

Sicher ist aber noch nichts. Sollte Frankreich nun doch seine Zustimmung zum Gesetz erteilen, würde der Entwurf erst in den Trilog gehen – Kommission, Rat, Parlament. Zudem hatte der Juristische Dienst der EU-Staaten die Pläne für eine Überwachung dieser Art bereits als rechtswidrig bezeichnet. Damit ist zu erwarten, dass solche Gesetze von Gerichten wieder gekippt werden würden.

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