Gabriel Felbermayr

WIFO-Chef ortet beim Lohnplus ein Spiel mit dem Feuer

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr spricht nach den KV-Lohnabschlüssen der Metaller von einem guten Deal. Einen Punkt allerdings sieht er kritisch.

WIFO-Chef ortet beim Lohnplus ein Spiel mit dem Feuer
Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), am späten Donnerstagabend in der "ZIB2".
Screenshot ORF

Die Inflationsrate für November 2023 beträgt voraussichtlich 5,4 %, wie aus Berechnungen von Statistik Austria im Rahmen einer Schnellschätzung am Donnerstag hervorgeht. Gegenüber dem Vormonat stieg das Preisniveau demnach voraussichtlich um 0,4 %. "Der Rückgang der Inflation hat in Österreich im November 2023 eine Pause eingelegt: Unserer Schnellschätzung zufolge wird die Inflationsrate wie im Oktober bei 5,4 % bleiben" so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Damit sei der Trend sinkender Inflationsraten, den wir seit Anfang des Jahres beobachten, vorerst unterbrochen, so der Experte.

So entwickelte sich die Inflation in den vergangenen Monaten.
So entwickelte sich die Inflation in den vergangenen Monaten.
APA-Grafik / picturedesk.com

"Das hat vor allem damit zu tun, dass die Haushaltsenergiepreise deutlich weniger dämpfend auf die allgemeine Inflation wirken als in den Monaten davor. Darüber hinaus gab es im November einen deutlichen Preisauftrieb bei Pauschalreisen", so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Bedeutet das, dass nun alles teuer bleibt oder vielleicht sogar (wieder) noch teurer wird? Zeitgleich der Knalleffekt bei den Metallern: Um 18.30 Uhr gaben die Vertreter der Industrie bekannt, eine Einigung erzielt zu haben. Diese soll sich für 2023 rückwirkend ab 1. November grundsätzlich auf zehn Prozent Plus, maximal jedoch 400 Euro im Monat belaufen. Durchschnittlich wären das 8,6 Prozent.

"Riskante Strategie"

Zu beiden Themen ließ Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), am späten Donnerstagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Marie-Claire Zimmermann aufhorchen – gehen doch Beobachter davon aus, dass hohe Lohnabschlüsse die Inflation befeuern würden. "Ich bin sehr froh, dass es eine Einigung gegeben hat", schickte der Experte vorweg, das sei "überraschend für viele, auch für mich". Bemerkenswert sei, dass sich beide Seiten – Arbeitgeber und Gewerkschaften – auf "etwas Neues eingelassen" hätten. Und schön daran sei, dass Beschäftigte in der Metallbranche mit kleineren Einkommen die Inflation voll abgegolten bekämen. 

Es sei ein guter Abschluss, der allerdings "in der Höhe historisch" sei, so Felbermayr. "Die Industrie schrumpft insgesamt", so der Experte, gleichzeitig gebe es eine große Heterogenität im Metallsektor mit unterschiedlichen Branchen und Firmengrößen. Weil die Unterschiede über die Betriebe so groß seien, sei die Flexibilitätsklausel bei den Lohnabschlüssen "eine gute Sache". Diese regle, dass die Gehaltserhöhungen sich daran orientieren würden, wie es einem Unternehmen finanziell gehe und ob sie diese (sofort) zahlen können. 

"Nicht besonders schön"

Als WIFO-Chef sah sich Felbermayr schlussendlich bestätigt: Das WIFO habe sich dafür ausgesprochen, heuer unter der rollierenden Inflation von 9,6 Prozent abzuschließen, dafür nächstes Jahr den angezogenen Wert auf die rollierende Inflation draufzulegen, so der Experte. Doch da deute sich ein Spiel mit dem Feuer an: Nun habe man einen Abschluss für zwei Jahre erzielt und nehme eine Inflation vorab an. Das sei "eine riskante Strategie", denn die Inflationszahlen seien ja für Österreich "nicht besonders schön", so Felbermayr. "Wir müssen in Zeiten, die wirklich unruhig sind", in den Kollektivverhandlungen Kreativität beweisen, so der Experte.

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