Jung und dumm sei sie damals gewesen, erklärt Rechtsanwalt Martin Robier im Gerichtssaal. Eine heute 29-Jährige aus Graz hatte sich vor elf Jahren dem IS angeschlossen. Nachdem sie Jahre im Ausland verbracht hatte, klickten im vergangenen Oktober in Polen die Handschellen für die Frau. Sie wurde nach Österreich ausgeliefert und musste sich nun für das Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der Beteiligung an einer kriminellen Organisation am Grazer Straflandesgericht verantworten.
Die damals in Graz lebende, 18-jährige Frisörin hatte sich laut Staatsanwaltschaft über Gleichgesinnte und das Internet radikalisiert: "Die Angeklagte hat nicht nur geplant, sondern mit erschreckender Entschlossenheit umgesetzt, sich dem IS anzuschließen und in das damalige Herrschaftsgebiet der Terrororganisation zu reisen", erklärte die Staatsanwältin beim Prozess laut "Kleiner Zeitung".
Eine Zeuge vom Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) gibt Einblicke in die damaligen Verhältnisse: "Es war damals in den Jahren 2013/2014 ein regelrechter Hype unter jungen muslimischen Frauen in ganz Europa, sich dem Islamischen Staat anzuschließen. Junge Männer, viele aus Graz, gingen runter, um als Gotteskrieger an vorderster Front zu kämpfen. Leider wurde es in den sozialen Medien so dargestellt, dass es für Mädchen attraktiv ist, auch dort in Syrien zu leben, die Kämpfer zu unterstützen."
Laut dem Beamten hatte eine Wienerin damals quasi als Heiratsvermittlerin fungiert, sie rekrutierte Frauen aus Österreich für den IS. Auch die Grazerin geriet in die Fänge des IS: "Was hat Sie nach Syrien gezogen. Ein Land, in dem Krieg herrscht?", fragt die vorsitzende Richterin. "Ich war überzeugt, dass Syrien das richtige Land ist und ich dort meine Religion ausüben kann", antwortet die Angeklagte laut "Kleiner Zeitung".
Die Frisörin war ohne Wissen ihrer Eltern nach Syrien gereist, diese erstatteten eine Abgängigkeitsanzeige. Motiv für die Reise seien "so schöne Videos mit so schöner Musik" gewesen, erklärt die Angeklagte. Diese Erklärung kann die beisitzende Richterin nicht fassen: "Sie schauen Videos mit Enthauptungen an, Leute werden von Vermummten gekreuzigt. Warum will man aus einem sicheren Land weg, in dem Sie sogar eine Lehre machen? Sie haben ja alles daran gesetzt, runterzukommen und Kämpfer zu unterstützen."
Als Beweis liegt eine Chat-Nachricht vor: "Wenn ich runterkomme, kann ich dich heiraten", schrieb die damals 18-Jährige. "Ich hatte hier in Graz alle Chancen, die habe ich nicht genutzt. Es tut mir leid", zeigt sich nun reuig. Mittlerweile habe sie mit dem IS "schon lange" abgeschlossen. Laut ihrem Rechtsanwalt lebte sie zuletzt in Frankreich und hat dort auch zwei kleine Kinder.
Für das Schöffengericht besteht kein Zweifel an der Schuld der Angeklagten – aber auch nicht daran, dass sie sich vom IS-Gedankengut distanziert habe. Das Urteil: 20 Monate Haft, davon 17 bedingt. Da sie bereits drei Monate in Haft war, ist sie nun auf freiem Fuß.