Oder 8 Ersatzbäume
Wienerin ließ Baum zurückschneiden – 40.000 Euro Strafe
Weil Brigitte A. (69) die Krone einer Föhre angeblich um mehr als 20 % kürzen ließ, soll sie 40.000 Euro Strafe zahlen oder acht Ersatzbäume pflanzen.
Seit 35 Jahren lebt Brigitte A. (69) in ihrem Einfamilienhaus in Hietzing. Im Garten thront eine Föhre, die die pensionierte Lehrerin bei ihrem Einzug gepflanzt hatte. Der mächtige Nadelbaum ist etwa 13 Meter hoch und hat einen Stammumfang von 150 cm. Beim "Heute"-Lokalaugenschein sieht der Riese (mit den Augen eines Laien) durchaus gesund aus.
Für die MA 42 (Wiener Stadtgärten) und das Hietzinger Bezirksamt allerdings offenbar nicht gesund genug: Denn Brigitte A. erhielt vor kurzem das Ergebnis einer Beweisaufnahme zum Zustand des Baumes, den sie im Oktober 2022 von Professionisten zurückschneiden ließ: "Ich habe vorher bereits einen Antrag auf Entfernung des Baumes gestellt, doch dieser wurde abgelehnt. Die Föhre ist sehr groß, ich hatte Angst, dass sie auf den Pool fällt, also habe ich Baumspezialisten mit dem Rückschnitt beauftragt", erklärt die 69-Jährige im Gespräch mit "Heute".
Krone laut MA 42 zu stark eingekürzt
So weit, so gut. Doch vor einiger Zeit stand plötzlich ein Mitarbeiter der MA 42 im Zuge einer Überprüfung des Baumbestandes vor dem Gartenzaun und soll laut Brigitte A. die Föhre fotografiert haben. Im heurigen März erhielt die Pensionistin ein Schreiben des Bezirksamtes mit einer Stellungnahme der MA 42, wonach die Krone um mehr als 20 % eingekürzt und der Leittrieb gekappt worden sei.
"Aus fachlicher Sicht stellt der starke Rückschnitt der Krone eine mechanische Schädigung dar, und es liegen aus h.a. Sicht die Tatbestandsmerkmale eines verbotenen Eingriffs gemäß §3, Absatz 1, Ziffer 3 vor", heißt es in einem Schreiben. Und weiter: "Da bei einem Nadelbaum keine Regeneration bzw. der Aufbau einer Sekundärkrone zu erwarten ist, wurde der Baum in seinem Erhalt nachhaltig geschädigt."
„Der Baum ist gesund und lebt, er treibt aus. Der Schnitt wurde professionell durchgeführt“
Für die Wienerin ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar: "Der Baum ist gesund und lebt, er treibt aus und trägt Nadeln. Der Schnitt wurde professionell durchgeführt, der Wipfel ist schon mit einer Kruste überzogen, mit der er sich vor Schädlingen schützt." Brigitte A. hat daher einen gerichtlich beeideten Sachverständigen mit einem Baumgutachten beauftragt – dessen Stellungnahme ist allerdings noch offen.
Ein Wiener Baumschnitt-Unternehmen bescheinigt dem Baum allerdings eine "durchaus gute Vitalität, zahlreiche Nadeln zeigen ein mehrjähriges Alter, und auch die Schnittflächen zeigen eine ausgeprägte Kallusbildung (Wundheilung beim Baum, Anm.)". Zudem hätten die Schnittmaßnahmen keinen "mittelbaren Einfluss auf weiteres langfristiges Bestehen der Föhre".
Wienerin will Strafe nicht zahlen
Im Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Brigitte A. zudem informiert, dass sie für den Rückschnitt der Föhre eine Ausgleichszahlung in Höhe von 40.000 Euro zahlen oder acht Ersatzpflanzungen vornehmen soll – diese können im eigenen Garten, aber auch im Bezirk erfolgen: "Ich habe nur einen kleinen Garten, da ist kein Platz. Ich habe daher überall in Hietzing herumgefragt, ob jemand gerne einen Baum hätte, bisher aber ohne Erfolg."
Die Strafe will die 69-Jährige auf keinen Fall zahlen: "Die Unverhältnismäßigkeit dieser geforderten Strafzahlung ist an sich schon eklatant. Noch ungerechtfertigter wirkt sie, wenn man beobachtet, wie viele gesunde Bäume im Zuge von Großprojekten gefällt werden."
Acht Ersatzpflanzungen im Bezirk
Die Wienerin hat daher Rechtsanwalt Gunter Galle mit ihrer rechtlichen Vertretung beauftragt. Sobald ein Bescheid des Bezirksamtes vorliegt, wird dieser beeinsprucht werden: "Dann geht die Causa ans Landesverwaltungsgericht. Dort wird ein Amts-Sachverständiger mit einem Gutachten beauftragt. Die Höhe der Ausgleichszahlung ist nach dem Sachlichkeitsgebot vollkommen absurd und verfassungswidrig. Die Stadt Wien kann nicht beliebig Gesetze erlassen, um ihre Kassen zu füllen. Das ist reine Willkür", meint Galle zu "Heute".
"Heute" fragte selbstverständlich bei der MA 42 und beim Hietzinger Bezirksamt um eine Stellungnahme an. Die MA 42 verwies auf das Bezirksamt, dessen Sprecherin erklärt: "Es wurden bereits Alternativvorschläge (Baumpflanzungen auf anderer Liegenschaft, auf eigenem Grund oder auf fremden Grund innerhalb desselben Bezirks) dargelegt, um die offene Abgabenzahlung zu vermeiden."
Und weiter: "Aktuell steht eine Antwort der Eigentümer, unter gleichzeitiger Bekanntgabe möglicher Standorte für die fehlenden Baumpflanzungen, noch aus." Immerhin: Nach der "Heute"-Anfrage meldete sich die Bezirksamts-Sprecherin beim Sohn von Brigitte A. – kommende Woche findet ein persönliches Gespräch statt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Eine Wienerin soll 40.000 Euro Strafe zahlen oder acht Ersatzbäume pflanzen, weil sie die Krone eines Baumes um mehr als 20 % gekürzt hat
- Die 69-jährige Brigitte weigert sich, die Strafe zu zahlen, da sie den Rückschnitt als notwendig erachtet und den Baum als gesund betrachtet
- Sie hat einen Rechtsanwalt beauftragt und plant, den Bescheid des Bezirksamtes anzufechten