"Spinnerin vom Spittelberg"
Wienerin haucht 15.000 Knöpfen Farbe und Leben ein
Johanna Arbeithuber hat ihr Leben dem besonderen Handwerk verschrieben. "Heute" hat der Spinnerin und Knopfnäherin einen Besuch abgestattet.
Ruhig und idyllisch präsentiert sich die Spittelberggasse; den für Wien typischen Trubel sucht man hier vergebens. Doch solange die Temperaturen noch mitspielen, holt eine den Ort aus dem Dornröschenschlaf: Johanna Arbeithuber, besser bekannt als die "Spinnerin vom Spittelberg".
Passantinnen und Passanten bietet sich ein Bild, das an Geschichten und Märchen erinnert. Ausgestattet mit einem Spinnrad aus Holz sitzt Arbeithuber vor dem Atelier in der Spittelberggasse 7 und verspinnt einzelne Fasern, meistens Schafwollvlies und kardierte Schafwolle. "Beim Treten mit dem Spinnrad entsteht eine Drehung, die aus den einzelnen Fasern einen stabilen Faden macht", erklärt die Wienerin.
Spindel immer im Gepäck
Mehre einzelne Garnfäden werden dann zu Wolle verzwirnt, die man zum Stricken für Hauben, Schals, Pullover oder Socken verwenden kann. "Begonnen hat alles mit einem 100 Jahre alten Spinnrad, das mir mein Vater hergerichtet hat", erinnert sich Arbeithuber. Heute besitzt sie ein moderneres Spinnrad und darüber hinaus auch eine Handspindel, die sie immer mit im Gepäck hat. "Ich gehe quasi nicht ohne Spindel aus dem Haus", schmunzelt Arbeithuber.
Das Spinnrad hilft ihr auch bei der Ausübung eines weiteren, besonderen und seltenen Handwerks: Seit mittlerweile 40 Jahren näht Arbeithuber nämlich Knöpfe und ist damit eine von wenigen Personen, die eine uralte europäische Tradition ins Hier und Jetzt befördert.
Kleine Kostbarkeiten für die Kleidung
Dafür verwendet Arbeithuber Ringe oder Scheiben aus Metall. Den Faden wickelt sie zunächst über die Mitte des Rings; je nach Größe und Modell des Knopfs folgen verschiedene Wicklungen. Anschließend näht sie den Ring aus und bedeckt ihn mit einer Variante des Knopflochstichs. Somit wird der Knopf insgesamt stabil. Mit dem Spinnrad kann sie die Stärke der Fäden, die sie benötigt, anpassen.
Früher waren Knöpfe etwas Besonderes. Sie dienten nicht nur als Funktionselement, sondern auch als Zierde und wurden sogar aus Seide, Gold- und Silberfäden hergestellt. Ab dem 17. und 18. Jahrhundert ist der Zwirnknopf einfach weiß geworden und man stattete Damenblusen, Trachtenhemden und Bettwäsche damit aus. Nur ganz wenige verstehen sich noch darauf, diese Knöpfe in ihrem Reichtum an Farben und Formen herzustellen.
"Mittlerweile sind diese Knöpfe sehr kostbar geworden und kommen auf ganz besondere Kleidungsstücke – auf Jacken und Blusen oder auf Mäntel". Aber auch Schmuckstücke wie Ketten und Ohrringe macht Arbeithuber aus den Knöpfen.
15.000 Knöpfe in 40 Jahren
Jahrzehntelang war es für Arbeithuber ein Hobby. Vor acht Jahren hat sie sich mit ihrer Zwirnknopf-Manufaktur selbstständig gemacht und fertigt auf Auftrag Knöpfe in den verschiedensten Größen, Farben und Mustern.
Wie viele Knöpfe sie in den letzten 40 Jahren genäht hat? "15.000 waren es bestimmt", schätzt die Wienerin. Und es werden zukünftig wohl noch mehr werden, denn so schnell möchte Arbeithuber nicht aufhören: "Ich bin stolz, ein seltenes und leider mittlerweile gefährdetes Handwerk am Leben zu erhalten."
Zwirnknopf Manufaktur in Wien
Auf den Punkt gebracht
- Johanna Arbeithuber, auch bekannt als die "Spinnerin vom Spittelberg", verzaubert Passanten mit ihrem traditionellen Handwerk, bei dem sie Schafwollvlies und kardierte Schafwolle zu robusten Fäden spinnt
- Seit 40 Jahren hat sie auch das Knopfnähen perfektioniert und stellt auf Bestellung Knöpfe in verschiedenen Farben und Mustern her, wobei sie betont, stolz darauf zu sein, ein gefährdetes Handwerk am Leben zu erhalten