Wien
Wiener war 20 Jahre spielsüchtig, verlor 300.000 Euro
Drei bis vier Mal wöchentlich ging Markus ins Casino, die Sucht hinterließ Spuren. Heute will er andere warnen: "Spielsucht ist eine Krankheit!"
"Ich habe mehrere Therapien hinter mir, aber ich komme nicht heraus", erzählt Markus. Er möchte anonym bleiben, sein Gesicht nicht zeigen. Der Wiener hat eine Odysee hinter sich: Seit 20 Jahren ist er spielsüchtig, verbrachte den Großteil seiner Freizeit in Casinos oder auf Online-Spieleplattformen.
"Ich konnte meine Miete nicht mehr bezahlen"
"Ich ging drei bis vier Mal wöchentlich ins Casino, war also bis zu 20 Mal im Monat dort", sagt er. "Die Mitarbeiter wussten von meinem Problem, ich kannte viele schon." Die Spielsucht hatte schwerwiegende Folgen für Markus: "Ich hatte immense Schulden, einen großen Kredit laufen und habe immer Geld bei Freunden und Verwandten ausgeliehen." Die finanziellen Probleme reichten sogar so weit, dass er irgendwann seine Miete nicht mehr bezahlen konnte.
Kritik übt Markus am Spielerschutz: "Der ist extrem schwach", betont er. "Ich konnte immer überall reingehen, niemand hat sich für mich interessiert - auch dann nicht, wenn ich tausende Euro hineingesteckt habe. Nach meinem Einkommen oder Lohnzettel wurde ich nie gefragt." Zwei Mal, gibt er an, hätte er "sogenannte" Beratungsgespräche gehabt, bei denen Mitarbeiter ihm erklärten, sie wären gesetzlich dazu verpflichtet, ihn über die Gefahr Spielsucht aufzuklären und ihn auf Folder am Eingang hingewiesen haben.
90.000 Menschen leiden an Spielsucht
Irgendwann wusste Markus nicht mehr weiter: "Ich habe mich als Hilferuf mehrmals für sechs Monate sperren lassen, aber parallel online weitergespielt. Das ist nämlich möglich." 300.000 Euro verlor er in 20 Jahren. Heute ist er lebenslang gesperrt - um der Sucht endlich zu entkommen.
Markus ist einer von 90.000 Menschen in Österreich, die an Spielsucht leiden. Doch die Zahl trügt, sagt Christoph Holubar vom Verein Spieler Hilfe. "Erfasst werden nur die schweren Fälle. Die richtige Zahl dürfte deutlich höher liegen"!" Er plädiert für verstärkten Spielerschutz in Österreich. "Ich habe mit Menschen gesprochen, die ihre Wohnung verlieren, vor dem Nichts stehen, Essen aus dem Müll suchen. Die Stigmatisierung muss endlich aufhören, denn jeder kann spielsüchtig werden. Der Gesetzgeber muss den politischen Willen aufbringen, effizienten Spielerschutz gesetzlich zu beschließen."
Forderung: Werbung auf Minimum reduzieren
Holubar fordert etwa einen zentralen Sperrverbund, keinen Willkommens-Bonus oder laufende Gratis-Einsätze, frühzeitiges Offenlegen der Einkommensverhältnisse, kein Glücksspiel für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, Reduktion der Werbungen auf ein Minimum sowie die Reduktion der Einsatzlimits auf maximal einen Euro, der Gewinnlimits auf 500 Euro und das Erhöhen der Spieldauer auf mindestens drei Sekunden pro Spiel.
Auch Markus spricht sich als Betroffener für strengere Kontrollen aus und appelliert: "Hört endlich auf, dass ihr Menschen und Familien zerstört, redet mit den Leuten, wenn ihr seht, dass sich jemand um Kopf und Kragen spielt - und sperrt ihn!"