Schicksal überlassen
Wiener Flutopfer: "Wir fühlen uns im Stich gelassen"
Das Hochwasser ist weg, die Aufräumarbeiten dauern an. Die Anrainer in der Penzinger Ludwiggasse klagen, dass sie ihrem Schicksal überlassen werden.
Wenige Tage nach der Hochwasser-Katastrophe dauern die Aufräumarbeiten in der Ludwiggasse (Penzing) noch immer an. "Heute" war am Montag für einen Lokalaugenschein vor Ort, schon da zeichnete sich die Verzweiflung vieler betroffener Anrainer ab.
Auch Oliver D. versucht seit Tagen, sein Haus vom Schlamm zu befreien: "Die große Frage ist, wo kriegen wir jetzt Hilfe her", meint der Vater dreier Kinder. Keller und Wohnzimmer seines Hauses wurden geflutet, die Schäden sind enorm: "Im Keller sind etwa die Sauna, die Gefriertruhe und die Wärmepumpe hinüber. Im Wohnzimmer sämtliche Möbel und die Böden. Unsere Versicherung deckt den Schaden nicht", erklärt der Wiener.
„Das Katastrophen-Management funktioniert überhaupt nicht. Wir fühlen uns alleingelassen“
Die Flutopfer von der Ludwiggasse
Da das Haus derzeit nicht bewohnbar ist, ist die fünfköpfige Familie in der Wohnung einer Freundin untergekommen: "Wir hatten Glück, aber was ist mit den Menschen, die das nicht haben. Wo kommen die unter? Wir würden auch Lagerräume und Transportmöglichkeiten benötigen. Aber das Katastrophen-Management (der Stadt) funktioniert überhaupt nicht. Wir fühlen uns alleingelassen. Wenn wir dann den Spruch 'Wien kann Hochwasser' hören, ist das für uns der reinste Hohn", meint Oliver D, der mit einer Schadenssumme von bis zu 250.000 Euro rechnet.
Ist das Haus einmal geräumt, beginnen die Trocknungsarbeiten, die vier bis sechs Wochen dauern werden: "Erst danach starten die wirklichen Sanierungsarbeiten", so der Wiener, der sich Sorgen macht: "Die Hochwasserschutzmauer in der Ludwiggasse hat nichts gebracht. Solche Hochwasser werden sich häufen und auch in der Zukunft passieren. Wir müssen uns dagegen wappnen", fordert Oliver D.
Wiener Öffis ziehen Hochwasser-Bilanz
Nachberechnungen bei kritischen Punkten
Auf "Heute"-Nachfrage erklärt ein Sprecher der MA 45 (Wiener Gewässer) dazu: "An allen Punkten in ganz Wien, wo es kritisch oder wo die Situation angespannt war, wird es nun Nachberechnungen in Kooperation mit Universitäten und Ziviltechnikern geben. Danach wird alles evaluiert und – wo es nötig ist – werden Nachbesserungen getroffen." Der Wienfluss sei im außerstädtischen Bereich (wie in der Ludwiggasse) nur für ein 100-jährliches Hochwasser ausgelegt, im innerstädtischen Bereich (etwa bei den Rückhaltebecken in Auhof) wiederum auf ein 1.000-jährliches, wie es jetzt der Fall war.
Unterstützung für Betroffene bietet die MA 5 (Finanzwesen): Wer einen Antrag auf "Gewährung einer finanziellen Hilfe zur Behebung von Katastrophenschäden" stellen möchte, kann diesen per E-Mail an [email protected] senden: "Für jene Personen, die über keine entsprechende IT-Ausstattung verfügen, ist ein Antrag selbstverständlich auch am Postweg möglich", so ein Sprecher zu "Heute".
Online-Formular als Teil des Antrags
Zusätzlich wird an der Implementierung eines Online-Formulars gearbeitet, das am Freitag auf der Seite der MA 5 online gehen soll. Dieses sei aber nur als Teil des Antrages – dieser muss binnen sechs Wochen ab Eintritt des Schadens einlangen – zu sehen. Anschließend wird der Antrag geprüft und geklärt, ob Sachverständige bestellt werden müssen oder eine Schadenskommission eingerichtet wird.
Die Höhe der Förderung beträgt bis zu 30 % der anerkannten Schadenssumme, maximal jedoch 50.000 Euro. In besonderen Härtefällen (z.B. geringes Einkommen, unverhältnismäßig hohes Schadensausmaß) können bis zu 50 % bzw. maximal 100.000 Euro gewährt werden.
Info auf der Amtshelfer-Seite der Stadt Wien
Eine genaue Übersicht über die erforderlichen Unterlagen gibt es hier: https://www.wien.gv.at/amtshelfer/finanzielles/finanzwesen/foerderung/katastrophenschaeden.html#unterlagen
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Anrainer der Penzinger Ludwiggasse in Wien fühlen sich nach der Hochwasser-Katastrophe im Stich gelassen, da die Aufräumarbeiten noch andauern und die Unterstützung durch die Stadt unzureichend ist
- Trotz der Möglichkeit, finanzielle Hilfe zu beantragen, kritisieren Betroffene wie Oliver D das ineffektive Katastrophen-Management und fordern bessere Hochwasserschutzmaßnahmen