Aufräumen im Schlamm
Wiener Flutopfer: "So schnell kann man alles verlieren"
"Heute" besuchte die Hochwasser-Opfer von der Ludwiggasse (Penzing). Marion K. (55) rettete sich mit ihrer Familie zu einer Nachbarin.
Die Stimmung bei den Anrainern in der Ludwiggasse in Hadersdorf-Weidlingau (Penzing) ist beim "Heute"-Lokalaugenschein gedrückt – trotz der vielerorts hektischen Aufräumarbeiten. Während Mitarbeiter der MA 48 den Schlamm von der Straße kehren, versuchen die Betroffenen aus ihren Wohnungen zu retten, was noch zu retten ist – und das ist meist nicht viel. Denn der über die Ufer getretene Wienfluss hat mit seinen Fluten alles zerstört.
Seit zehn Jahren wohnt Silvia H. (70) in ihrer Erdgeschoß-Wohnung – nun wurde diese von den Schlamm- und Wassermassen vernichtet: "Das Wasser stand etwa 20 Zentimeter hoch. Alles, was im unteren Bereich war, ist völlig kaputt – Möbel, Kleidung in den unteren Schubladen der Kommode, DVDS, Bücher, und auch die Bodendielen heben sich. Ich trau' mich nicht einmal, die Fotokiste aufzumachen. Wenn die alten Fotos kaputt sind, sind sie unwiederbringlich weg", ist die Pensionistin den Tränen nahe. Wie sie den Schaden finanziell stemmen soll, weiß sie nicht: "Die Versicherung zahlt ja in solchen Fällen nicht. Ich werde mich an den Katastrophenfonds wenden müssen."
Evakuierung um 4 Uhr früh
Gemeinsam mit Claudio und Luis (beide 25 Jahre) – zwei Helfer, die der Vermieter zur Verfügung stellte – beseitigt sie jetzt Schritt für Schritt das Chaos: "Ich bin hin- und hergerissen zwischen Lachen und Weinen." Die 70-Jährige zählt zu jenen rund 100 Personen, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht werden mussten.
Um 2.30 Uhr hieß es seitens der Feuerwehr, dass Silvia H. die Wohnung verlassen muss: "Ich wollte aber nicht raus. Um 4 Uhr früh ging es dann nicht mehr, es war zu gefährlich. Wir haben schon ein gutes System, auf uns wird aufgepasst", lobt die 70-Jährige die Einsatzkräfte.
Die Flutopfer von der Ludwiggasse
„Ich wäre dankbar für eine Ufermauer als Hochwasserschutz“
Derzeit ist sie mit Kater Merlin bei einer ihrer Töchter untergekommen, Zwei- und Vierbeiner wollen so schnell wie möglich in die Wohnung in der Ludwiggasse zurück: "Merlin ist ein Freigänger, mit der Wohnungssituation kommt er gar nicht zurecht", lächelt die Wienerin dann doch noch. Nun hofft sie, dass es nicht noch einmal zu einem Hochwasser kommt: "Ich wäre dankbar für eine Ufermauer als Hochwasserschutz, auf unserer Höhe gibt es ja leider keine mehr."
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Auch für Marion K. (55) waren die vergangenen Nächte anstrengend. Die Krankenschwester, ihr Mann Orestio und ihre Tochter Melina sollten ebenfalls per Schlauchboot gerettet werden, eine Nachbarin im 1. Stock nahm die Familie aus dem Erdgeschoß zum Glück auf: "Sie hat uns auf einem Gaskocher Essen gemacht", freut sich die 55-Jährige über die Nachbarschaftshilfe.
„Es ist schlimm, wie schnell man alles verlieren kann. Es reduziert sich aufs Überleben“
Wie ernst die Lage war, bekam die Familie mit eigenen Augen mit: "Wir haben gesehen, wie draußen unsere Hochbeete und Terrassenmöbel vorbeigeschwommen sind. Wir hatten dann noch kurz Zeit, unser wichtigstes Hab und Gut mitzunehmen und die Wohnung zu verlassen. Ich bin noch immer geschockt, was passiert ist. Es ist schlimm, wie schnell man alles verlieren kann. Es reduziert sich aufs Überleben."
Die Familie hat seit Montagvormittag wieder Strom, die Nacht von Montag auf Dienstag will sie wieder in der eigenen Wohnung verbringen: "Wir haben das Glück, dass unser Haus erhöht ist, auch die Terrassen hinten. Dadurch ist nichts in die Wohnungen eingedrungen. Aber der Keller, der tiefer liegt, wurde fast bis zur Decke geflutet. Alles, was darin gelagert war, ist zerstört", berichtet Marion K. Das Wasser ist weg, die Hoffnung, dass alles wieder gut wird, bleibt.
Luftaufnahmen zeigen Ausmaß der Zerstörung
Auf den Punkt gebracht
- Die Hochwasser-Katastrophe in der Wiener Ludwiggasse hat zahlreiche Bewohner schwer getroffen, darunter Silvia (70) und Marion (55), die beide erhebliche Schäden erlitten haben
- Trotz der intensiven Aufräumarbeiten und der Unterstützung durch Nachbarn und Einsatzkräfte bleibt die Stimmung gedrückt, während die Betroffenen versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und auf zukünftige Hochwasserschutzmaßnahmen hoffen