"Habe Macht geerbt"

Wien-Erbin verteilt Millionen – so kommst du ans Geld

Die Wienerin Marlene Engelhorn will ihr Erbe nicht und lässt 25 Millionen Euro rückverteilen. An ausgewählte Bürger wurden nun Briefe verschickt.

Wien-Erbin verteilt Millionen – so kommst du ans Geld
Marlene Engelhon gibt 25 Millionen Euro aus ihrem Vermögen ab und startet für die Verteilug einen Bürgerrat.
Hanna Fasching

Die Millionenerbin und Steuer-Aktivistin Marlene Engelhorn macht mit der Verteilung ihres Vermögens ernst. Bei einer Pressekonferenz hat sie am Dienstag bekannt gegeben, wie sie ihr Erbe über 25 Millionen Euro verteilen will. Engelhorn will einen Bürgerinnen-Gremium mit dem Namen "Guter Rat für Rückverteilung" gründen und diesen dann entscheiden lassen.

"Versagen der Politik"

In Österreich sind Vermögen ungleich verteilt, und damit auch Macht. Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt bis zu 50 Prozent des Nettovermögens. "Ich habe ein Vermögen und damit Macht geerbt, ohne etwas dafür getan zu haben. Und der Staat will nicht einmal Steuern dafür. Gleichzeitig kommen viele Menschen mit einem Vollzeit-Job nur schwer über die Runden – und zahlen für jeden Euro, den sie mit Arbeit verdienen, Steuern. Ich sehe das als Versagen der Politik, und wenn die Politik versagt, dann müssen die Bürger das selbst angehen. Wenn die Politik ihren Job nicht erledigt und umverteilt, dann muss ich mein Vermögen eben selbst rückverteilen."

Mit diesen Worten hat die Millionen-Erbin Marlene Engelhorn am 9. Jänner den Guten Rat für Rückverteilung präsentiert: 50 Menschen aus ganz Österreich werden ab März über die Verteilung von Vermögen diskutieren; Ideen entwickeln, wie wir als Gesellschaft damit umgehen sollen – und entscheiden, wie die 25 Millionen Euro rückverteilt werden.

Einladungen versendet

Zeitgleich mit der Pressekonferenz hat der Gute Rat Einladungen an 10.000 zufällig ausgewählte Bürger versendet, die ab 10. Jänner in den Briefkästen liegen: Wer mindestens 16 Jahre alt ist und den Wohnsitz in Österreich hat, kann einen Brief erhalten und sich dann damit online oder via Telefon für den Bürgerrat registrieren.

Das Team des FORESIGHT Instituts kümmert sich um die Zusammensetzung des Guten Rats. "Bei den 10.000 Empfänger:innen der Einladung des Guten Rats handelt es sich um eine zufällige Stichprobe aus dem Zentralen Melderegister", erklärt Christoph Hofinger, Geschäftsführer von FORESIGHT. "Der Gute Rat für Rückverteilung soll die gesamte Breite der österreichischen Bevölkerung abbilden. So werden Menschen aus allen Altersgruppen, Bundesländern, sozialen Schichten und mit diversen Hintergründen vertreten sein."

Die Millionenerbin Marlene Engelhorn kritisiert, dass ein Prozent der Bevölkerung in Österreich 50 Prozent des Wohlstands besitzt. Daher möchte sie nun 25 Millionen ihres Vermögens abgeben. Engelhorn äußerte sich am Dienstag auch im ZIB3-Studio zu ihrem Vorhaben und erklärte dabei auch, warum sie das Erbe ihrer Großmutter nicht annehmen möchte, anstatt alles herzuschenken. Außerdem berichtet sie, ob sie reiche Menschen als Gefahr für die Demokratie sieht.

"Ich habe das Erbe nur bekommen, weil ich reich geboren bin. Das ist nicht etwas, das man sich aussuchen kann. In einer Gesellschaft, in der es gerecht zugeht, wird die Chancen-Möglichkeit-Vielfalt, die man im Leben hat, nicht durch die Geburt bestimmt. Und in meinem Fall ist es so, dass ich sage, ich habe dieses Erbe durch Zufall in Wahrheit. Ich bin in einer Machtposition geboren und ich möchte mich eigentlich dem verpflichten, wie wir unsere Gesellschaft strukturieren und das ist die Demokratie", stellt Engelhorn im ORF-Gespräch klar.

Reiche sind "Gefahr für Demokratie"

Und weiter: "Das bedeutet aber auch anzuerkennen, wo mein Platz in dieser Demokratie ist und zwar eine Stimme pro Nase, mehr nicht! Was mein Geld anbelangt bedeutet das: Ich möchte rückverteilen. Ich möchte aber nicht selber die Machtposition ausnutzen, sondern die Macht demokratisch abgeben und deshalb habe ich den Bürgerrat Guten Rat" ins Leben rufen lassen." Damit soll das Geld demokratisch rückverteilt werden.

Engelhorn stellte aber auch weiter klar, dass es ihr Geld sei, sobald es auf dem Konto sei. "Und das ist bei dem Erbe der Fall", so die Millionenerbin. "Ich möchte die Entscheidung deshalb aus der Hand geben, weil der demokratische Gedanke sehr wichtig ist. Wenn ich das Geld hergebe, dann entscheide ich ganz alleine. Niemand kann mir sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe." Engelhorn bezeichnet Reiche gar als "Gefahr für die Demokratie".

Doch wie geht es jetzt genau weiter? Der geplante Bürgerrat sei ein Beitrag zur Stärkung einer lebendigen Demokratie, so Hofinger: "Im Guten Rat bringen 50 Menschen ihre Ideen ein, um gemeinsam Lösungen im Sinne der Gesamtgesellschaft zu entwickeln." Vom Ergebnis dieses Prozesses würden nicht nur jene profitieren, denen am Ende die Rückverteilung von 25 Millionen Euro zugutekommt: "Der Gute Rat hat den Anspruch, den Wert von Bürgerbeteiligung für die Demokratie zu demonstrieren und somit Gesellschaft und Politik zu neuen Wegen der Mitbestimmung anzuregen."

Offen für alle

Ausgewählt werden schließlich 50 Mitglieder für den Guten Rat – und 15 Ersatzmitglieder, die einspringen können, wenn jemand ausfällt. Das oberste Ziel des Organisationsteams: jeder und jedem die Teilnahme zu ermöglichen. Deshalb sind die Tagungen barrierefrei, bei Bedarf gibt es auch Kinderbetreuung und Dolmetscher. Die Kosten für An- und Abreise, die Verpflegung und die Übernachtungen werden ebenfalls vom Guten Rat übernommen – die Treffen finden zwischen März und Juni in Salzburg statt. Und: Die Teilnehmer bekommen für ihre Zeit auch eine Aufwandsentschädigung. "Diese Diskussion ist ein Dienst an der Demokratie, dafür sollten die 50 auch ordentlich entschädigt werden", erklärt Marlene Engelhorn. Für jedes Wochenende gibt es 1.200 Euro; auch die Ersatzmitglieder bekommen eine Entschädigung dafür, dass sie sich die Wochenenden freihalten.

Ich stelle diesen 50 Menschen mein Vermögen zur Verfügung und gebe ihnen mein Vertrauen.
Marlene Engelhorn

Frei in der Entscheidung

Bei den Tagungen selbst wird es Input aus Wissenschaft und Philanthropie bzw. von zivilgesellschaftlichen Organisationen geben. Eine professionelle Moderation wird dafür sorgen, dass alle Gedanken, Ideen und Einwände auch gehört werden und in die Diskussion einfließen. Was der Rat am Ende an Ideen entwickelt und was er mit den 25 Millionen Euro macht, darauf hat Marlene Engelhorn keinen Einfluss mehr. "Ich habe auch kein Veto-Recht", erklärt sie: "Ich stelle diesen 50 Menschen mein Vermögen zur Verfügung und gebe ihnen mein Vertrauen." Das Vermögen liegt auf einem Treuhandkonto; wie der Rat sind auch die Treuhänder an den Auftrag gebunden. Das Geld kann daher nicht zweckentfremdet werden, sondern wird so eingesetzt, wie es im Auftrag steht: "für Rückverteilung."

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